CHRIST IN DER GEGENWART: Menschen lassen sich in einen Raum einschließen und müssen über verschiedene Rätsel den Schlüssel für die Ausgangstür finden – darum geht es bei Escape-Rooms. Wie kamen Sie auf die Idee, daraus ein Buch zu machen?
Daniel Kunz: Ich mag diese Art von Rätselspielen selber sehr gerne. Als ich Seelsorger in der Jugendkirche Samuel in Mannheim war, haben wir einen Escape-Room mit biblischen Fragen im Kirchturm eingerichtet. Das kam gut an, und so lag es nahe, dieses Konzept auch im Medium Buch auszuprobieren.
Lisa Stegerer: Diese Form ist allerdings viel herausfordernder, weil hier der Umfang durch die Seitenzahl begrenzt ist. Man muss sich sehr konzentrieren und auf den Punkt kommen. Außerdem: Im Escape-Room in unserem Kirchturm waren wir persönlich dabei und konnten mit Tipps helfen, wenn eine Gruppe nicht recht weiterkam. Beim Buch muss man all das immer schon im Vorfeld mitdenken, mögliche Missverständnisse oder Sackgassen einkalkulieren.
Wie funktioniert so ein Buch konkret?
Daniel Kunz: Es ist nicht in einem Rutsch von vorne nach hinten durchzulesen. Sondern je nachdem, wie ein Kind die Rätselfragen beantwortet, wird es durch das Buch geführt. Da muss man manchmal zurückblättern oder etliche Seiten überspringen, damit die Geschichte sinnvoll weitergeht. Ein bisschen ist das wie ein Irrgarten.
Lisa Stegerer: Es geht tatsächlich nicht um ein „klassisches“ Lesen, sondern um ein Abenteuer, das die Kinder erleben sollen. Eine Art Schatzsuche, für die sie viel um die Ecke denken müssen – und auch Schere, Stift und Kleber brauchen.
Inzwischen sind zwei dieser biblischen Exit-Games erschienen, und Sie arbeiten schon am dritten. Nehmen Sie uns doch mal mit in die Werkstatt…
Lisa Stegerer: Als Erstes braucht es eine Storyline. Ohne zu viel verraten zu wollen: Das ist bei uns immer die Situation, in der Gott das Kind – den Leser, die Leserin – in dessen Kinderzimmer anspricht. Das ist gewissermaßen die Rahmenhandlung, die sich durch alle drei Bücher zieht. Und von da aus denken wir dann weiter in Richtung der Rätsel und der biblischen Szenen.
Daniel Kunz: Anfangs haben wir uns vor allem an bekannte Episoden gehalten. Inzwischen suchen wir bewusst auch Texte jenseits der üblichen Kinderbibelgeschichten. Und, wie schon gesagt: Der Platz ist knapp. Von daher müssen wir uns jeweils auf ein, zwei wesentliche Aussagen konzentrieren. Vereinzelt wurde uns deshalb gesagt, wir würden die biblische Botschaft zu sehr vereinfachen. Aber das Format erlaubt eben keine große Differenzierung. Außerdem finde ich: Wenn die Kinder vor allem mitnehmen, dass Gott immer da ist, dass er es gut mit ihnen meint und sie hört – dann ist das doch erstmal das Entscheidende!
Wen haben Sie denn als Leser – oder sollte man besser sagen: als Nutzer – vor Augen?
Daniel Kunz: Unsere Hauptzielgruppe sind Kinder im Erstkommunionalter. Die Bücher lassen sich auch gut auf diesen Tag hin verschenken. Als Leser und Leserin stelle ich mir immer ein einzelnes Kind vor, vielleicht noch mit Unterstützung von Mama oder Papa.
Lisa Stegerer: Wir haben aber auch schöne Rückmeldungen von Religionslehrern bekommen, die in der Grundschule oder in der 5. Klasse damit gearbeitet haben. Das freut uns natürlich.
Wie viel Vorwissen muss man eigentlich mitbringen, um gut durch das Buch zu kommen?
Daniel Kunz: Keines. Das war uns ganz wichtig, und ich hoffe, es gelingt uns, diesen Ansatz durchzuhalten. Wir merken ja auch in der Erstkommunionvorbereitung, dass man eigentlich nichts mehr voraussetzen kann. Das ist nicht schlimm. Daraus folgt einfach die Verpflichtung für uns, immer alles zu erklären. Unsere Bücher können dabei helfen, weil sie einfach einen spielerischen Einstieg in die Bibel ermöglichen.
Lisa Stegerer: Wir wollen den Spaß an biblischen Geschichten wecken. Es ist doch so, dass irgendwann die Zeit für das Vorlesen aus der Kinderbibel vorbei ist. Dass Kinder danach einfach selbst in der Bibel lesen, das scheint uns recht unwahrscheinlich. Es braucht einen anderen Zugang. Wir haben erlebt, dass die Abenteuerform, die man sich selbst Stück für Stück erarbeiten kann, ein guter Weg ist. Zudem wollen wir immer die Brücke in den Alltag der Kinder schlagen. Sie werden in den Büchern zum Beispiel angeregt, ein persönliches Gebet zu formulieren. Oder sie gelangen zu einem Backrezept. So spüren sie, dass die biblischen Geschichten konkret werden können und etwas mit ihrem Alltag zu tun haben.
DANIEL KUNZ ist katholischer Pfarrer in Mannheim.
LISA STEGERER war Bildungsreferentin der katholischen Jugend-
kirche SAMUEL und arbeitet heute in der Gesamtkirchengemeinde
Mannheim. Derzeit arbeiten sie am dritten Band der Reihe biblischer
Exit-Games; er wird den Titel „Der geheime Ausgang“ tragen.