Rücktritt des Bischofs von OsnabrückWer darf gehen müssen?

Der Rücktritt des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode ist ein wichtiges Signal für die kirchliche Verantwortungskultur – und wirft trotzdem Fragen auf.

Manchmal mahlen die Mühlen des Vatikans schneller als geahnt, jedoch stets im Verborgenen. So konnte Franz-Josef Bode am Fest der Verkündigung des Herrn – welch Timing – vor eine völlig ahnungslose Öffentlichkeit treten. Zur Sensation macht seinen Rücktritt als Bischof von Osnabrück aber etwas anderes: Erstmals zieht ein Bischof in Deutschland persönliche Konsequenzen aus seinem mangelhaften Umgang mit sexuellem Missbrauch und legt sein Amt nieder. Offen wie selten ein Kirchenvertreter bekennt sich Bode zu seinem persönlichen Versagen. Als Bischof habe er „nicht nur Segen gebracht, sondern auch Schuld auf sich geladen“, er habe „lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt“.

Für seinen Schritt erhielt Bode zu Recht breite Anerkennung. Der Bischof war beliebt und galt als reformorientiert. Er setzte sich für mehr Integration von Laien, eine Erneuerung der Sexualmoral und die – wenigstens perspektivische – Weihe von Frauen ein. Bereits 2010, als das Ausmaß des Missbrauchsskandals in Deutschland erst langsam öffentlich wurde, hatte Bode mit einem symbolträchtigen Bußgottesdienst für Aufsehen gesorgt. In vollem Ornat warf er sich damals vor dem Altar auf den Boden, um Gott und die Betroffenen um Verzeihung zu bitten.

So verwundert es nicht, dass Bodes Rücktritt von dem kaum verhaltenen Bedauern begleitet war, hier gehe der Falsche. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hätte ihn als „engsten Mitstreiter auf dem Synodalen Weg“ gerne noch länger an seiner Seite gewusst. Und in der Tat verlieren das liberale Lager der Bischöfe und die Reformbewegungen der deutschen Katholikinnen und Katholiken mit Bode einen ihrer prominentesten Vertreter.

Allein: Die Sympathie für Veränderungswille und theologische Lernbereitschaft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diesem Bischof schwere Versäumnisse im Umgang mit sexuellem Missbrauch nachgewiesen wurden. Noch im Dezember, kurz nach Veröffentlichung des entsprechenden Gutachtens, hatte Bode einen Rücktritt mit der fragwürdigen Aussage ausgeschlossen, er habe sich nur moralische, keine juristischen Fehler vorzuwerfen. Woher also der Sinneswandel?

Anders als Politikerinnen oder Firmenvorstände können Bischöfe nicht einfach zurücktreten. Allein der Papst entscheidet, ob er ihren Amtsverzicht annimmt oder nicht – und Franziskus lässt sich bei allem Demuts- und Transparenzgebaren nicht ins Bischofsquartett schauen. Während die Hirten von München und Hamburg, Marx und Heße, sowie die Kölner Weihbischöfe Schwaderlapp und Puff trotz Pflichtverletzungen im Amt bleiben mussten und die päpstliche Entscheidungsverweigerung um den angeschlagenen Kardinal Woelki dessen letzte Reputation auffrisst, darf Bode also gehen.

Erst nach und nach sickern Details durch. So soll Bode seinen Rücktritt bereits im Januar angeboten und der Papst noch Ende Februar zugestimmt haben. Warum folgte die Bekanntgabe erst einen Monat später? Möglich, dass Bode die letzte Synodalversammlung abwarten wollte, um dem Reformprojekt nicht zu schaden. Doch heiligt der Zweck auch hier nicht die Mittel – erneut hätte er sich damit in den Nebel bischöflicher Macht geflüchtet. Papst Franziskus aber schadet mit seiner Orakelwillkür nicht nur der eigenen Akzeptanz, sondern untergräbt auch jede zukünftige Verantwortungsinitiative der Bischöfe.

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