Mit ihren Straßenblockaden sorgt die sogenannte Letzte Generation seit über einem Jahr für Aufsehen – und ruft ebenso Verständnis wie Unmut hervor. Teilen auch viele Menschen die Forderungen nach ambitioniertem Klimaschutz, scheiden sich bei der Wahl der Mittel die Geister: Kann ziviler Ungehorsam ein zulässiger Weg sein? Treffen die Proteste die Falschen und schaden damit dem Anliegen?
Das Buch Die Letzte Generation – das sind wir alle nimmt dazu eine klare Haltung ein, ohne jedoch agitatorisch zu werden oder zu moralisieren. Lina Eichler, Henning Jeschke – zwei zentrale Figuren der Bewegung – und der Jesuit Jörg Alt als Unterstützer beschreiben, wie sie zu der Einsicht kamen, dass Demos zu oft überhört werden und nicht mehr genügen, um das Ruder in der globalen Klimakrise herumzureißen. Gleich zwei Kapitel tragen die Überschrift „Das Leben riskieren“. Für Eichler und Jeschke trifft das wörtlich zu: Beide traten während der Bundestagswahl im September 2021 in den Hungerstreik, um die zukünftige Regierung zu einem öffentlichen Gespräch zu bewegen. Olaf Scholz willigte zuletzt ein: Nach 27 Tagen wurde Jeschke auf die Intensivstation gebracht und überlebte knapp. Das Gespräch und die Politik der Ampel- koalition stellen ihn aber nicht zufrieden. „Wir sind mitten im Klima-Notfall und brauchen einen umfassenden Wandel!“, schreiben die Aktivisten. Sie verstehen sich als Alarm, der schrill sein muss, um zu den Menschen durchzudringen. Jörg Alt bringt seine langjährige Erfahrung aus internationalen Hilfsprojekten ein. Er ist überzeugt: Es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu erreichen – doch man muss hartnäckig sein.
Dass sich die Mischung aus Erlebnisbericht und klimapolitischem Manifest mitreißend liest, verdankt das Buch seiner Ghostwriterin, der Radiojournalistin und Autorin Angela Krumpen. Sie bringt einem die Menschen hinter den radikalen Protesten näher, ohne die eigene Distanz aufzugeben. Verständlich klärt sie über den Stand der Klimaforschung auf und gibt Anreize zur Beteiligung: „Wir brauchen soziale Proteste. Diese können (und sollen) so vielfältig sein, wie Menschen eben sind.“