Wieso hat Franziskus als erster Papst die Arabische Halbinsel besucht? Und warum ist die Erklärung, die er 2019 zusammen mit Großscheich Ahmed al-Tayyeb unterzeichnet hat, bis heute eine Sensation? Der Religionspädagoge Stephan Leimgruber gibt einen knappen, verständlichen Überblick über das Verhältnis der Religionen und stellt die wichtigsten Länder der arabischen Welt vor. In kurzen Kapiteln nimmt er die Leserinnen und Leser mit auf eine Zeitreise von der Entstehung des Koran bis hin zu den islamischen Mega-Städten der Gegenwart. Großformatige Bilder geben Einblick in die teils fremde, teils so bekannte Glaubenswelt: Menschen bei der Pilgerreise um die Kaaba oder versunken ins Gebet. Dazwischen eine mittelalterliche Malerei, auf der Jesus und Mohammed einträchtig nebeneinander nach Jerusalem reiten – Mohammed auf einem Kamel, Jesus auf einem Esel.
So harmonisch wie hier dargestellt, war die Beziehung zwischen den Weltreligionen natürlich nicht immer. Leimgruber spart auch die Konfliktpunkte nicht aus. Islamische Gelehrte warfen dem Christentum schon früh Vielgötterei vor, wobei sie Maria fälschlicherweise als Teil der Trinität sahen (ein Missverständnis, das sich teilweise bis heute in arabischen Textbüchern findet). Und auch die Christen waren nicht zimperlich in der Darstellung der jüngeren Religion: So steckte Dante Alighieri Mohammed in seiner Göttlichen Komödie kurzerhand als Irrlehrer in die Hölle. Wie tief die Gräben noch im 21. Jahrhundert waren, macht Leimgruber an jener umstrittenen Rede fest, die Benedikt XVI. 2006 in Regensburg hielt und deren entscheidende Passagen im Buch dankenswerterweise im Wortlaut abgedruckt sind.
Nach diesem düsteren Kapitel wirkt Franzikus’ Reise nach Abu Dhabi im Frühjahr 2019 wie ein Lichtblick. Das Buch zelebriert sie mit zahlreichen Bildern, bis man selbst fast das Gefühl hat, Teil der Menge zu sein, die sich eingefunden hat, um mit einem Papst im Mutterland des Islam die Messe zu feiern. So siegt die Hoffnung, dass ein harmonisches Miteinander möglich ist. „Christentum und Islam haben einander etwas zu sagen“, schreibt Leimgruber. „Sie können spirituelle Schätze austauschen und voneinander aus dem Glauben an den einen Gott und den daraus abgeleiteten Konsequenzen lernen.“