Immer, immer schneller

Der Wochenrückblick.

Was für Zeiten! Wem die allgemeine Geschwindigkeit der Weltgeschichte zurzeit sowieso schon zu hoch ist, für den waren die vergangenen Tage eine Zumutung. Obskurer Putschversuch in Russland, in Thüringen wird erstmals ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt, davor das Drama um ein verschwundenes U-Boot, der Fortgang des Synodalen Weges steht mal wieder auf der Kippe, etc. pp. Nicht einmal der Blick in angeblich ruhigere Zeiten verheißt Linderung. Anfang des 20. Jahrhunderts hieß die beliebteste Nerven-Diagnose „Neurasthenie“, heute als Burn-out bekannt. Dichter sangen: „Raste nie, doch haste nie, sonst haste die Neurasthenie“. Die gute alte Zeit war also auch schon eine Zeit zielloser Beschleunigung; nostalgischer Rückblick zwecklos. Heute ist das nochmals potenziert. Deshalb folgen nun sieben Momente, die bei all dem Trubel fast vergessen worden wären.

1 | Basel. Unfreiwillig entschleunigt werden oft Fahrgäste der Deutschen Bahn. Gerade die ICEs in die Schweiz lehren das Warten. Die Schweizer Eisenbahngesellschaft SBB reagiert nun auf die symptomatischen Verspätungen, die sich auch auf den Schweizer Takt auswirken. Die ICEs sollen künftig nicht mehr bis Zürich fahren, sondern bereits in Basel halten.

2 | Frankfurt am Main. Schon vor mehr als 60 Jahren erschien eines der wichtigsten Bücher über den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden. Raul Hilbergs The Destruction of the European Jews wird jetzt in einer neuen und erweiterten deutschen Übersetzung veröffentlicht, die zwei späte Kapitel des 2003 verstorbenen Historikers präsentiert.

3 | Tsingoni, Mayotte. Die rasende Geschwindigkeit der Welt zieht normalerweise am französischen Übersee- Departement Mayotte vorbei, doch seit Monaten protestieren die Einheimischen, angeführt vor allem von Frauen. Sie fordern von der französischen Regierung mehr Polizeipräsenz und ein hartes Durchgreifen gegen die illegale Einwanderung vor allem von den Nachbarinseln, die Mayotte als Tor nach Europa betrachten.

4 | Los Angeles. Vor 20 Jahren erschien einer der nachweislich miserabelsten Filme aller Zeiten. The Room von Regisseur Tommy Wiseau wurde bei der Premiere so schlecht aufgenommen, dass der Großteil des Publikums bereits nach dreißig Minuten sein Geld zurückverlangte. Heute gilt das unfreiwillig komische Melodram als Kultfilm.

5 | Vatikan & Frankreich. Zwei Bischöfe, die an Burn-out litten, sind von Papst Franziskus zu Weihbischöfen gemacht worden. Der bisherige Bischof von Nevers, Thierry Brac de la Perrière, und der bisherige Bischof von Blois, Jean-Pierre Batut, waren laut eigener Angabe mit der Leitung ihrer Bistümer überfordert. Sie bekommen nun Titularbistümer zugewiesen.

6 | Bonn & Hannover. Manche Dinge passieren unvermittelt. Noch unbestätigten Berichten zufolge will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aus der ökumenischen „Woche für das Leben“ aussteigen, die seit 30 Jahren gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) veranstaltet wird. Dabei geht es nicht nur um Lebensschutz, sondern auch um Themen wie Suizidprävention und würdevolles Leben im Alter. Die DKB bedauere den Ausstieg der EKD sehr, so ein Sprecher.

7 | Bonn. Nicht übersehen werden, sondern Erschütterung auslösen wird diese Nachricht, die uns kurz vor Redaktionsschluss erreicht. Die Zahl der Kirchenaustritte ist erneut massiv gestiegen: Im vergangenen Jahr haben 522 821 Menschen die katholische Kirche verlassen (2021 waren es 359 338). Die Katholiken machen damit noch 24,8 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

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