Nach wie vor werden in Deutschland Menschen mit Behinderung „kaum oder gar nicht mitgedacht“. Zu diesem Urteil kommt die Soziologin Britta Schlegel. Sie leitet die Stelle, die überwacht, wie Deutschland seine völkerrechtlich eingegangene Verpflichtung zur Gleichstellung einhält. Vierzehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention hierzulande zieht Schlegel ein ernüchterndes Fazit: „Was nach wie vor fehlt, ist ein echter Paradigmenwechsel in der Gesellschaft hin zu Inklusion und Selbstbestimmung.“ Anlass für ihre Stellungnahme (auf www.institut-fuer-menschenrechte.de) ist die zweite sogenannte Staatenprüfung Deutschlands durch den zuständigen UN-Ausschuss in der kommenden Woche.
Zwar habe sich auf gesetzgeberischer Ebene, unter anderem beim Wahlrecht, manches positiv entwickelt, so Schlegel. Darüber hinaus bleibe es aber oft bei Lippenbekenntnissen. Indem Deutschland etwa an seinem System der Förderschulen und Werkstätten festhalte – oft in Trägerschaft der Kirchen –, würden Menschen mit Behinderung weiter in Sondersysteme gedrängt. Dass ausgerechnet dies als Inklusion „verkauft“ werde, beobachte man mit Sorge.