Ihre PostLeserbriefe

Wohlfühlglaube

Zum Leitartikel „Himmlische Ökonomie“ (CIG Nr. 39, S. 1)

Bei dieser Erklärung des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg bleibt bei mir ein ungutes Gefühl zurück. Glaube und Nachfolge dürfen nicht Arbeit, Bürde und Pflicht sein, heißt es. Es müsste stets ein freudiger Gottesdienst sein, also eine Wohlfühlerfahrung. Da fehlen nur noch die beiden Versatzstücke der klassischen Religionskritik: Gehorsam und Unfreiheit. Bleibt zu fragen, wohin mit jenen Menschen, die „unter Tränen säen und dann mit Jubel ernten“ (Ps 126,5). Sie haben sich unter viel Mühen für den Dienst am Reich Gottes eingesetzt wie auch Paulus, der um der Verbreitung der Frohbotschaft willen bis an seine menschlichen Grenzen gearbeitet hat. Rückschläge inbegriffen. Stets nur Freude? Nein, er fühlte sich von Christus in die Pflicht genommen.

Adolf Hochmuth, Treuchtlingen

Bitter nötig

Zum Kommentar „Weitergraben“ (CIG Nr. 39, S. 2)

Magnus Striet hat deutliche Worte gewählt. Dafür bin ich ihm dankbar. Es darf doch nicht wahr sein, dass unter Papst Franziskus, dem Autor von Evangelii Gaudium und Laudato Si’, wieder ein Chef der Glaubensbehörde auftritt wie weiland Kardinal Ratzinger, der bekanntlich die Befreiungstheologie und Leonardo Boff zum Schweigen gebracht hat. Wir leben heute in anderen Zeiten. Und eine „Zeiten-Wende“ ist ganz gewiss auch für die katholische Kirche angesagt und auch bitter nötig.

Bruno Authaler (auf cig.de)

Deutschland muss nach Meinung des Präfekten des Glaubensdikasteriums also neu evangelisiert werden. Ich bin 86 Jahre alt und erinnere mich sehr gut, wie man daran gearbeitet hat, die Beschlüsse des II. Vatikanums in den Gemeinden umzusetzen. Da gab es zum Beispiel die Würzburger Synode, die von Rom nicht einmal wahrgenommen wurde.

Ursula Kaufmann, Völklingen

Dass die deutsche Theologie nicht mehr so glänzt, hat die Glaubenskongregation hauptverursacht. Seit Küng verurteilt wurde, ist bis heute jede Ernennung zu einer Professur oder zu einem höheren kirchlichen Amt abhängig von der Zustimmung zum Katechismus und seinen überholten Vorschriften. Nicht wenige Professoren wurden nur durch die Intervention ihres Bischofs nicht verurteilt. Wir Gläubige wünschten uns, dass die Dogmatiker und die Moraltheologen sich trauen können, den Glauben für uns heute zu formulieren.

Dr. Oswin Rutz, Ruhstorf

Letztes Hemd

Zum Kommentar „Ob arm, ob reich“ (CIG Nr. 38, S. 2)

Es heißt nicht ohne Grund „Das Letzte Hemd hat keine Taschen“ – aufgrund seiner Leistungen seien Herrn Lagerfeld seine drei Rolls Royce herzlich gegönnt, aber er kann sie halt nicht mitnehmen. Ein Hospizmitarbeiter antwortete einmal auf die Frage, ob die tagtägliche Arbeit mit sterbenden Menschen nicht psychisch sehr anstrengend sei: „Nein, man sieht, dass wir den Menschen helfen können. Und die Gespräche sind durchgängig interessant und intensiv. Dabei geht es um Wesentliches, die letzten Dinge. Und eigentlich – auch bei jüngeren Sterbenden – nie um die Arbeit.“

Stephan Siegel (auf cig.de)

Revolutionär

Zur Rede von Tomáš Halík bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (CIG Nr. 38 und 39, S. 3)

Ich bin erstaunt und zugleich glücklich über diese revolutionären Gedanken. Dass die Kirchen leerer werden und die „Positionen“ des Glaubens ins Wanken geraten sind, ist nicht verwunderlich. Die christliche Theologie vertieft sich – berechtigterweise – in die „Unheils-Darstellung“. Ja, Kreuz und Leid gehören zu den wichtigsten Themen unseres Glaubens. Aber: Das Christentum darf auch die Erlösung, die Befreiung von Unrecht und Unheil, in den Mittelpunkt stellen. Ist unsere Religion eine „Verklärung“ von bösem Schicksal? Die Christen müssten wahrlich erlöster dreinschauen, wie Nietzsche es ausdrückt. Diese ständige Vertiefung in die Verherrlichung von missglücktem Leben entspricht nicht einer notwendigen Erlösungs-Freude.

Helmar Doll, Münnerstadt

Tomáš Halík aktualisiert den berühmten Satz Karl Rahners zur Zukunft des Frommen als Mystiker. Eine tröstliche Botschaft, die in uns die Hoffnung zu begründen vermag, auch in Zukunft zu einem „leidenschaftlichen“ Glaubensleben in Liebe finden zu können, das in die Welt ausstrahlt.

Johannes M. Führt, Hagen


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