Wie Kindern von Jesus erzählen? Geschichten, die Mut machen

Sprache, Auswahl, Haltung: Welche inhaltlichen Kriterien bei Kinderbibeln wichtig sind.

Es lohnt sich, Kindern Geschichten zu erzählen, in denen das scheinbar Banale des Alltäglichen aufgebrochen und durchsichtig gemacht wird für das Geheimnisvolle und Unerwartete. Jesus hat solche Geschichten erzählt, vor allem in seinen Gleichnissen. Das darf uns Mut machen, seinem Beispiel zu folgen.

Erzählen bildet eine Erzählgemeinschaft aus dem Kind (oder den Kindern) und dem Erwachsenen, in der Neues entsteht. Kinder brauchen Sicherheit und Geborgenheit auf ihrem Weg. Der Weg ist ein archetypisches Bild in der Tiefe unserer Seele. Das Erzählen von Jesus weckt dieses innere Bild und lässt Jesus vor uns lebendig werden. Er hat Menschen befähigt weiterzugehen, wenn sie vor Angst und Traurigkeit wie gelähmt waren.

Welche Jesusgeschichten wir auswählen, hängt zunächst davon ab, inwieweit wir selbst einen Zugang zu ihnen haben. Wie sehr können wir uns berühren lassen? Dann ist zu fragen, welcher Aspekt der Geschichte auch das Kind berühren kann. Das heißt: Was braucht das Kind? Welche Hoffnung kann es daraus schöpfen? Welcher Ausweg wird exemplarisch aufgezeigt?

Das sind zunächst die Geschichten, die Jesus selbst erzählt hat, vor allem seine Gleichnisse vom Himmelreich. Dabei ist zu beachten, dass die Texte ursprünglich offene Geschichten sind, die zum Weiterdenken anregen wollen. Deshalb ist es besser, die Deutungen, welche die frühe Gemeinde oder der Evangelist einigen Gleichnissen hinzufügten, wegzulassen.

Dann sind da die Geschichten, die Jesus im Umgang mit Menschen in Not zeigen. Hier ist sicherlich das Markusevangelium die erste Wahl, weil es die Menschlichkeit Jesu am besten bewahrt hat. Natürlich darf Jesu große Liebe zu den Kindern nicht fehlen: „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes“ (Mk 10,14).

Das Erzählen will eine Begegnung mit Jesus ermöglichen, die heute geschieht, nicht nur vor zweitausend Jahren. Es geht nicht um ein Begreifen im Sinn von rationaler Erkenntnis. Vielmehr kommt es darauf an, „den eigenen (wesentlich auch ,gefühlten‘) Lebenszusammenhang in die zu hörende Geschichte hineinzulesen“, wie es der Theologe Georg Baudler formuliert hat.

Dafür ist entscheidend, dass das Kind beim Erzählen Zuwendung erfährt. Ja, Jesusgeschichten werden mit Liebe erzählt (und vorgelesen). Dem geht freilich die Zuwendung der Erzählerin, des Erzählers zu der biblischen Geschichte voraus, das innerliche Sich-Aneignen. Wie kann er, wie kann sie sich darin wiederfinden? In dem Maß, wie wir uns der Geschichte zuwenden, werden wir uns – gedanklich und gefühlsmäßig vorwegnehmend – auch schon dem Kind zuwenden, dem wir diese Geschichte erzählen wollen. Nach einer solchen Vorbereitung hört das Kind eine Geschichte, die ein Stück weit unser eigenes Leben geworden ist. Als erzählende Person „verkörpern“ wir gleichsam die Geschichte.

Kindgerechtes Erzählen bedeutet nicht, sich einer verniedlichenden Sprache zu bedienen. Es gilt, anschaulich zu erzählen. Das zuhörende Kind muss sich in die geschilderte Situation hineinversetzen können, das heißt, sie darf nicht zu viel Unbekanntes enthalten, das außerhalb der kindlichen Welt liegt.

Auch Jesusgeschichten lassen sich oft spannend erzählen. Der „Held“ Jesus wird mit Zügen vorgestellt, die ihn sympathisch machen und eine Identifikation mit ihm ermöglichen. Bei der Schilderung von Leiden und Tod nehmen wir die Evangelien zum Vorbild. Sie malen nicht aus, sondern berichten sehr sparsam.

Die Sprache der Erzählung kann einfach sein. Beiwörter (Adjektive) sind sparsam zu verwenden und dürfen nicht auf Unwesentliches ablenken. Die Sätze sind in erster Linie Hauptsätze, in denen viele Verben vorkommen. Der Handlungsfluss entfaltet sich in ihnen. Die direkte Rede erleichtert die Identifikation und erhöht die Spannung.

Vergegenwärtigen wir uns zum Schluss noch ausdrücklich, dass die Welt der Evangelien nicht die der Kinder ist. Sicher darf die Botschaft nicht einfach verkürzt oder gar verfälscht werden. Aber es wird manchmal vielleicht zu wenig gesehen, dass die Überlieferung der Hoffnungsbotschaft nicht von einer unverkürzten Bewahrung des uns überlieferten literarischen Zeugnisses abhängt, sondern dass gerade dazu das immer neue Erzählen notwendig ist.

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