Erstmals in der Klostergeschichte hat das 1300 Jahre alte Stift Nonnenberg in Salzburg die Türen für eine Fernsehproduktion geöffnet. Die Ordensfrauen leben hier in strenger Klausur: „Ohne Erlaubnis dürfen sie das Kloster nicht verlassen. Und nur wenige Menschen haben überhaupt Zutritt“, heißt es in dem Dokumentarfilm von ORF und BR. Drei der insgesamt 15 Nonnen erzählen darin vom steten Rhythmus aus Arbeiten und siebenmaligem, gesungenem Gebet am Tag und warum sie persönlich ins Kloster gegangen sind. Ein streng vorgegebener Tagesablauf mag für Außenstehende als einengend empfunden werden, für die Ordensfrauen hat er jedoch etwas Beruhigendes. Die Gebetszeiten strukturieren den Tag. Sie vermitteln „ein neues Gefühl für die Kostbarkeit der Zeit“, so Priorin Eva-Maria Saurugg. Jede der Mitschwestern lernt im Noviziat die klösterliche Zeitstruktur kennen. So auch Schwester Maria-Gratia Waldner. Während der Dreharbeiten hat sie sich auf ihre ewige Profess vorbereitet und diese auch empfangen. Mit Anfang vierzig fasste sie den Entschluss, ins Kloster zu gehen. Schon sehr früh hatte sie ihr erstes Berufungserlebnis. („Da hat der Herr schon einmal an mein Herz geklopft“). Als Zwölfjährige kam ihr bei Schularbeiten aus heiterem Himmel der Gedanke: „Ich gehe ins Kloster.“ Ihre Eltern respektierten diesen Wunsch. Nach dem Abitur entschied sie sich jedoch erst für ein weltliches Leben und arbeitete zunächst als Köchin in einem Seniorenheim. Doch sie suchte weiter nach Gott und dem Sinn des Lebens.
Das gemeinsame Anliegen der Gottsuche sorgt für ein gutes Miteinander. Untereinander sprechen sich die Nonnen mit „Frau“ und „Sie“ an. Das geht zurück auf eine Zeit, als im Stift noch adelige Chorfrauen lebten. Das Jahr über singen die Nonnen den für die Stimme anspruchsvollen gregorianischen Choral. „Das gibt es fast nirgendwo mehr“, erklärt Organistin und Kirchenmusikern Barbara Schmelz. Sie gehört zu jenem kleinen Kreis von Auserwählten, die regelmäßig das Kloster besuchen dürfen. Die Benediktinerinnen unterrichtet sie in Stimmbildung. „Jede Frau bringt ihre Stimme mit. Bringt dadurch aber auch ihre ganze Persönlichkeit und ihre Geschichte mit.“ Der Ort ist ihr vertraut. Als Studentin lebte sie acht Jahre in einem Gästezimmer. Inzwischen ist sie die erste professionelle Organistin und Kirchenmusikerin, die nicht aus dem Orden stammt. Sie sieht sich als „Bindeglied zwischen außen und innen“. Trotz strenger Klausur spielt die Außenwelt auch hinter dicken Klostermauern eine Rolle. Frei fühlen sich die Frauen beim Brotbacken oder während sie in Ordenstracht und Turnschuhen durch das Klostergelände joggen. „Die größte Freiheit, die der Mensch besitzt, ganz gleich ob in oder außerhalb der Klostermauer, ist, sich für oder gegen Gott zu entscheiden“, so die Äbtissin. Als junge Frau schwankte sie lange zwischen einem Leben im Kloster und dem Wunsch nach einer eigene Familie. Die älteste von acht Geschwistern trat schließlich mit Anfang 20 ins Stift Nonnenberg ein.
Der Dokumentarfilm ist Teil der Reihe Mauern der Freiheit. Sie erzählt von Menschen und ihren Beweggründen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Erwartungen, sich für ein Leben im Kloster zu entscheiden. Neben den Salzburger Benediktinerinnen werden in einer weiteren aktuellen Folge die Franziskusschwestern und Franziskaner im oberfränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen vorgestellt. Für 2024 sind weitere Folgen geplant.
MAUERN DER FREIHEIT.
DIE FRAUEN VON NONNENBERG
Deutschland, Österreich 2023;
Autorin: Johannes Rosenstein; Länge: ca. 45 Min.
Die Dokumentation ist bis Oktober 2028 in der
ARD-Mediathek zu sehen.