Was muss denn noch geschehen, damit sich Rom endlich für einen Reform-Dialog mit den deutschen Bischöfen öffnet? Die Enttäuschung nach der erneuten Intervention gegen den Synodalen Weg trifft nicht nur die reformwilligen Bischöfe, sondern macht sich auch unter der immer kleiner werdenden Herde breit. Ohne Veränderung sieht die Zukunft der katholischen Kirche sehr düster aus. Das bedrückt nicht nur mich.
Sigrid Grimm, Neuhof
Es ist bemerkenswert, dass gleich die drei wichtigsten Kardinäle dieses Verbot für den deutschen Reformweg aussprechen, wo doch die deutsche katholische Kirche nur 1,5 Prozent der weltweiten Katholiken umfasst. Die Angst vor einer Mitbestimmung qualifizierter Laien – vielleicht sogar von Frauen – ist wohl inzwischen in Panik umgeschlagen!
Wenn, wie die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zeigt, 96 Prozent der Katholikinnen und Katholiken erklären, dass die Kirche grundlegende Veränderungen braucht, sollte man vielleicht mal die Perspektive ändern: Nicht die Menschen laufen scharenweise der Kirche davon. Sondern die Amtskirche hat sich von den Menschen entfernt!
Thomas Michalski, Hildesheim
Der Wille ist da, die Kirche zu verändern – aber nicht in Rom. Darum bleibt der Ruf Ecclesia semper reformanda („Die Kirche muss sich ständig erneuern“) Schall und Rauch, Vertröstung, leeres Gerede.
Wer die Kirche liebt, will, dass sie weiterbesteht, aber nicht im alten Trott, sondern zeitgemäß, immer besser, mehr den Menschen nah. Hätte Martin Luther damals nicht den Mut gehabt, wie David gegen Goliath zu kämpfen, würden wir heute noch in Sack und Asche, in Buße und Angst vor dem Herrn, unserm Gott, versinken. Es wird Zeit, dass wir nicht nur diskutieren, reden, planen, organisieren, sondern aufstehen, auch gegen den Willen Roms. Ich bin dabei!
Heinrich Lutz, Weil der Stadt
„Die Kirche“ verweigert keine Reformen, und auch der Papst verweigert sich nicht. Im Gegenteil: Er hat schon deutlich gesprochen, allerdings oft in einer Richtung, die in Deutschland nicht goutiert wird. Statt Armut und Entsagung spricht man in Europa lieber vom „System Kirche“ und wittert überall Demokratiedefizite.
Die Frauenordination würde nicht mehr Menschen in die Kirche locken. Kirche ist überall dort „interessant“, wo sie vor Ort ist, Hilfe bringt, glaubwürdig verkündet. Letzteres passiert immer noch – medial nicht vermittelt, oft ohne Aufhebens. Wie viele glaubwürdige Priester, Ordensleute, Ehrenamtliche und pastorale Mitarbeiter geben jeden Tag ihr Bestes!
Wenn wir in Deutschland und Europa vollmundig von „nötigen“ Reformen reden, dann ist das ein eurozentrischer Standpunkt. Angesichts der De-Christianisierung hierzulande sollte man vielleicht einmal andere Kontinente und Kulturen in den Blick nehmen, in denen das Christentum lebendig ist.
Angela Madaus, Walddorfhäslach
„Ich finde die Diskussion
völlig aus dem Ruder
laufend. Es ist doch ebenso
diskriminierend, vom
Machtmissbrauch der
‚alten Männer‘ im
Vatikan zu reden wie
den Reformwünschenden
Spaltungstendenzen zu
unterstellen.“
Gerlind Wiegand, Marburg
Dass das Volk Gottes weiterhin bei Grundsatzfragen des kirchlichen Lebens außen vor gelassen werden soll, betrachte ich als hilfloses, infantiles römisches Gebaren. Ich habe keine Angst vor Spaltung mit den Römern; ich habe Angst davor, dass die Frohe Botschaft aus Nazareth durch solche Drohgebärden kaum noch Gehör findet.
Es ist Zeit, dass die Kirche in Deutschland endlich erwachsen und mündig wird.
Benedikta Klinkhammer, Dahlem
Treue zu unserem Heiligem Vater ist kein „Weg in die Selbstverzwergung“. Treue war das nie. Das synodale Deutschland ist großmannssüchtig.
Freddy Derwahl, Vlaanderen/Belgien
Kirche muss für die Menschen da sein, nicht umgekehrt. Eine Kirche, die nicht mehr für die Menschen da ist, wird überflüssig.
Berni Schmitz, Hauset/ Belgien
Als in der Zeit meines Studiums, im Dezember 1979, dem Tübinger Professor Hans Küng die Lehrerlaubnis entzogen wurde, waren wir Studenten empört und entsetzt. Im theologischen Konvikt empfahl uns unser Spiritual, mehr auf die eigene Berufung, den Ruf Jesu an uns Priesteramtskandidaten, zu achten als auf Verlautbarungen aus Rom.
Seit mehr als 40 Dienstjahren verkünde ich die Botschaft Jesu. Die Kernaussage verändert sich nicht, aber wie sie in der jeweiligen Zeit und am konkreten Ort ein Gesicht erhält – das herauszufinden ist die Aufgabe aller im Heiligen Geist Getauften.
Jetzt, in dieser Woche, bin ich sprachlos. Wollen die Römer das Denken und Entwicklungen verbieten? Einheit im Glauben, das ist doch Einheit in der Verschiedenheit, wie bei den drei göttlichen Personen.
Norbert Appel, Wetter
Könnte es sein, dass Verfasstheit und Struktur der Institution Kirche vor allem bedingt sind durch das jeweils vorherrschende Gottesbild? Lange erschien Gott uns als allmächtiger und unnahbarer Herrscher über Leben und Tod – als gestrenger Richter! Diesem Gottesbild entspricht eine Kirche mit absolutistischen und monarchischen Strukturen, hierarchisch gegliedert und mit autokratischen Klerikern.
Aber unser Blick wandelt sich – hin zu einem gütigen und barmherzigen Gott, wie er sich in und mit Jesus Christus offenbart; einem liebenden Gott, der vergibt, befreit und zu wahrem Leben führt; einem menschenfreundlichen Gott, der uns Schwester und Bruder sein will. Angesichts dieses Gottesbildes dürfen wir hoffen auf eine Kirche der geschwisterlichen Teilhabe, in der wir uns auf Augenhöhe begegnen und in der Laien eingebunden sind in fundamentale Entscheidungsprozesse.
Johannes M. Führt, Hagen
Roma locuta – causa finita! Darauf hoffe ich nicht nur, sondern daran glaube ich auch fest. Eine Kirche nach den Vorstellungen des Synodalen Wegs wird es mit Sicherheit nicht geben. Ich kann nur jedem, der den Glauben der Kirche persönlich nicht mehr mittragen kann, empfehlen zu gehen. Auf dem Markt der religiösen Möglichkeiten findet sich gewiss das passende Angebot.
Egmont Schulze Pellengahr (auf cig.de)
Bemerkenswert ist die Vehemenz, mit der die Vertreter des Synodalen Wegs einen Pfad beschreiten wollen, den die evangelische Kirche erfolglos beschreitet. Wären Frauenordination, verheiratete Priester etc. tatsächlich nötig, um die Austrittszahlen zu senken und Macht- sowie sexuellen Missbrauch zuverlässig zu verhindern, müsste die evangelische Kirche von solchen Missbrauchsereignissen nicht nur frei sein, sondern dürfte eigentlich keine Mitglieder durch Austritt verlieren bzw. müsste sogar neue gewinnen. Doch die evangelische Kirche wird durch ähnlich viele Fälle sexuellen Missbrauchs erschüttert, und aus beiden Kirchen treten Hunderttausende aus.
Warum also will ein Teil der katholischen Kirche in Deutschland unbedingt und zur Not auch im Konflikt mit Rom einen Weg beschreiten, den andere schon seit Jahrzehnten offenkundig erfolglos gehen?
Michael Pfläging (auf cig.de)
Statt lösungsorientierter vertraulicher Gespräche findet ein quasi öffentlicher Briefwechsel statt mit entsprechenden negativen Folgen. Neben den Bischöfen sind hauptsächlich Verbandsvertreter und berufliche Kirchenleute am Werk. Die vielen dazu schweigenden (und betrübten) katholischen Christen sind auch Kirche. Gott sei Dank wird unser christlicher Glaube ohne Publizität und in wahrer Demut vieltausendfach im Alltag praktiziert.
Die Themen im Vordergrund sind struktureller Art, wogegen kaum danach gefragt wird, was Jesus Christus in seiner Nachfolge heute von uns verlangt und wie der Glaube an ihn heute vermittelt und erneuert werden kann.
Während der letzten Jahre haben Millionen die katholische Kirche verlassen. Dabei wird gar nicht die Frage gestellt, wieso diese vielen Katholiken nicht evangelisch geworden sind, wenn doch die meisten Regelungen dort bereits verwirklicht sind, die jetzt so vehement gefordert werden. Wohlwollende, engagierte Kirchenleute in Rom und im benachbarten Ausland ermahnen ihre deutschen Mitbrüder. Statt quasi öffentlichem kritischem Briefwechsel können nur vertrauliche persönliche Gespräche zu einer Lösung beitragen, die ohne „Gesichtsverlust“ von allen Seiten bejaht wird.
Otto Walterspiel (auf cig.de)
Der erneute römische Einspruch gegen den Synodalen Ausschuss zeigt deutlich, welcher Geist dort vorherrscht: ein klerikales Denken, gefangen in Gesetzlichkeit und rechtlichen Vorgaben. Wie soll glaubhaft sein, dass jeder Getaufte ein „Mitarbeiter Gottes“ ist, wenn alle Verantwortung und Entscheidungen den Klerikern vorbehalten werden? Wichtigste Aufgabe der Kirche ist aus unserer Sicht, den Menschen zu helfen, sie zu fördern, im Leben und in ihrer Beziehung zu Jesus zu wachsen und zu reifen. Die immer wieder deutliche römische Reformunfähigkeit, schlimmer noch: Reformunwilligkeit, führt dazu, dass „Verlautbarungen von oben“ immer weniger beachtet werden. Wenn die Spitzenvertreter der Amtskirche so weitermachen, werden sie einen Scherbenhaufen hinterlassen. Vielleicht muss es so kommen, damit neues Leben aus dem Schutt erblühen kann. Für die immer wieder beschworene „Tradition“ als Rechtfertigung, in Erstarrung zu verharren, gilt das Wort: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“ (angelehnt an Jean Jaurès).
Carmen und Dr. Bernhard Rami, St. Katharinen
Es ist nur ein Schritt
Wagt ihn
Missachtet die Warntafeln
Springt über den gesicherten Zaun
der reinen Lehre
Geht mit nackten Füßen
und brennendem Herzen
auf ungebahntem Pfad
Der Horizont ist weit
Alle mitnehmen wollen
heißt Stillstand
in unserer Kirche
Tötet den lebendigen Geist nicht
Er wird unsere Kirche leiten
Weggefährte
für Bedächtige und Voraneilende
Nur nicht stehen bleiben
aus Angst vor Veränderung
In der Wagenburg verkümmert das junge Grün
Gehen wir mutig hinaus
damit wir der Hoffnung Gestalt geben
den Müden und Erschöpften
Gehen wir mit nackten Füßen
und brennendem Herzen voran
Leitstern für Verirrte und Verwundete
im Dornengestrüpp unserer Welt
Christine Lorenz, Hof
Bei mehr als einer Milliarde Katholiken weltweit Reformen mit einer Stimme zu beschließen, ist nahezu unmöglich. Dennoch muss auch die römische Kirche umkehren, Reue zeigen und Missstände ablegen. Der Synodale Weg in Deutschland ist nicht vergebens. Er wird als Grundlage für weltweite Reformen Bedeutung erlangen, insbesondere bei der Weltsynode.
Genauso klug und richtig ist aber aktuell ein Nachgeben der deutschen Bischöfe. Denn die weitreichenden Reformen sind in der Weltkirche nicht konsensfähig, aus römischer Sicht sind sie geradezu revolutionär. Mit einer Kirchenspaltung aber ist niemandem gedient.
Klaus Theodor Pohl, Bingen am Rhein
Die Angst vor einer Kirchenspaltung ist absurd und dient meines Erachtens dem Vatikan als Vorwand zur ständigen Intervention. Viele Christinnen und Christen treten nicht aus der Kirche aus, haben aber den Glauben an Reformen verloren und suchen sich andere Wege, Glauben zu leben.
Resi Bokmeier, Stuttgart
Systemische Probleme müssen selbstverständlich systemisch angegangen und gelöst werden. Die im Synodalen Prozess benannten Probleme berühren in keiner Weise Glaubensfragen (obwohl auch hier reformierende Neuinterpretationen nötig wären). Weshalb also sind „viele der noch praktizierenden Gläubigen zutiefst verstört“, wie Kardinal Kasper meint?
Könnte es daran liegen, dass diese Menschen sich ein Leben lang gläubig an das vorgegebene kirchliche System angepasst haben und nun erfahren müssen, dass diese gehorsame Lebensausrichtung gar nicht so unhinterfragbar ist.
Ich frage mich, weshalb etwa die Forderung nach einer Laienmitsprache in bischöflichen Gremien so panische Ängste in Rom auslöst, dass man zu unverhohlenen Drohungen greifen muss. Geht es vielleicht einfach nur um einen drohenden Machtverlust, dem man Grenzen setzen zu müssen glaubt ?
Monika Doberschütz, Leipzig
Es überrascht schon sehr, dass der vielfach um Ausgleich bemühte Kardinal Walter Kasper in Bezug auf die Reformerinnen und Reformer des Synodalen Wegs vor „neuen trickreichen Uminterpretationen“ warnt – was ja bereits angeblich vollzogene Tricksereien unterstellt. Dass der Wiener Kardinal Christoph Schönborn ebenfalls mit der Unterstellung eines drohenden Schismas den Beharrern in Rom zur Seite springt, ist für den innerkirchlichen Umgang miteinander verstörend, wenn nicht verheerend.
Die in Bezug auf ihre Kirchentreue gewiss unverdächtige Franziskanerin Katharina Kluitmann macht in einem Gastkommentar unter dem Titel „Lieber Papst Franziskus, jetzt weiß ich wirklich nicht mehr weiter!“ ihrem Frust und Ärger über den Umgang Roms mit den engagierten Reformkräften des Synodalen Wegs aus tiefem Herzen Luft. Es wirkt fast wie ein verzweifelter Aufschrei einer gewissenhaften, kompetenten und nicht zuletzt tief gläubigen kirchentreuen Ordensfrau. Mit Blick auf das Schicksal des Synodalen Wegs gibt sie zu bedenken: „Diese Liebe zur Kirche wird gerade auf eine Zerreißprobe gestellt … Dabei haben unsere Hirten, die Bischöfe, diesen Weg angestoßen. Die systemischen Ursachen des Missbrauchs schrien nach Reform … In Rom aber finden wir kein Ohr.“
Josef Croonenbroeck, Münster/Westf.
Ich bin evangelisch getauft, mein Glaube ist ökumenisch. Meine Verbundeheit mit der Kirche beruht auf Unterstützung und Treue. In meinem Bekanntenkreis gibt es niemanden, der durch die Bemühungen um systemische Veränderungen „verstört“ wurde.
Der jahrelange Missbrauch war bekannt und wurde verdrängt. Es ist heilsam, dass er zum öffentlichen Skandal wurde. Zurzeit ist es leichter, systemische Reformforderungen zu erarbeiten, als die dunklen Schattenseiten im menschlichen Wesen sichtbar zu machen und in den Kirchen um Wandlung nach dem Liebesgebot zu bitten.
Ich glaube an Jesus Christus, nicht an die Institution Kirche. Ich sorge mich um die Vertreter der Kirche. Ich wünsche mir, dass sie an ihren Erkenntnissen und Plänen des Synodalen Wegs intensiv weiterarbeiten, gleichzeitig geduldig und respektvoll mit ihren Gegnern umgehen und vertrauensvoll warten, bis der Geist Gottes handelt, wie wir es beim Mauerfall erleben durften.
Mechthild Vogt, Ebersbach