Seit genau 30 Jahren gibt es in dieser Kirche Priesterinnen. Aus der Seelsorge sind sie längst nicht mehr wegzudenken; ein Drittel der Pfarrpersonen in England ist weiblich. Diese erfolgreiche Tradition darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die weltweite anglikanische Gemeinschaft anfangs vor einer Zerreißprobe stand. Der Beschluss zur Priesterinnenweihe löste eine regelrechte Abwanderungswelle zum Katholizismus aus. Bis heute tun sich anglikanische Kirchen in Afrika und Asien äußerst schwer mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
In der „Reinform“ ist die Ablehnung von Priesterinnen aber immer noch vor allem in der römisch-katholischen Kirche zu finden, wo theologische Gründe nach wie vor kein Gehör finden. Katholikinnen und Katholiken bleibt derzeit deshalb nur, mit dem „seligen“ Hans Küng trotzig weiter zu hoffen. Bereits in den 1970er-Jahren schrieb er: Selbst ein uneinsichtiges Lehramt werde, „früher oder später den Kampf gegen die Gleichberechtigung der Frau ebenso verlieren wie den gegen die ‚Hexen‘ oder den gegen Demokratie und Menschenrechte“.