Erinnern Sie sich an den Werbespruch einer Handelskette vor dem Christfest? „Weihnachten wird unterm Baum entschieden.“ Der unverhohlene Aufruf zum Konsum hat in christlichen Kreisen viel Protest auf sich gezogen. Aber in diesem Bild des Werbeslogans lässt sich auch fragen: Wo wird Ostern entschieden? Anscheinend nicht in den Osternestern: Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat hierzulande nachgefragt, wie viel Menschen für Ostergeschenke ausgeben. Knapp die Hälfte der Befragten möchte weniger als 50 Euro für Osterhasen, Eier und Spielwaren investieren. Etwa ein Drittel möchte gar keine Osterpräsente kaufen.
Auch inhaltlich und von der Bildsprache der biblischen Texte her ist das Osterfest für Kinder und deren Eltern irgendwie sperriger als Weihnachten. Hatten wir dort noch das Bild von einem Elternpaar mit einem seligen Säugling vor Augen, so bieten die österlichen Erzählungen radikale Bilder vom Ende des Lebens: die grausame Leidensgeschichte und den Kreuzigungstod Jesu und schließlich seine Auferstehung. Wie soll man das Kindern erschließen? Verständlicherweise konzentrieren sich viele Erwachsene daher lieber auf das österliche Brauchtum rund um Hasen und die Ostereiersuche.
Dagegen ist grundsätzlich auch nichts zu sagen, wenn man nicht dabei stehen bleibt. Denn Ostern ist mehr als ein Schokohase im Nest. Und wer von den Bedürfnissen der Kinder ausgeht, erkennt, dass viele verstehen wollen, warum wir etwas feiern. Dazu etwas zu sagen, gehört zum Erziehungsauftrag – in Familien und in pädagogischen Einrichtungen. Denn gerade Kinder können die Frage nach dem Woher und dem Wohin des Lebens radikal stellen. Mit dem Tod kommen auch sie oft schon früh in Berührung: ein totes Tier auf der Straße, der Tod eines Haustieres, der Tod eines Nachbarn, eines entfernten Verwandten oder gar der Tod eines nahen Angehörigen oder der eines Freundes. Einige Kinder machen sich intensiv Gedanken darum, wie es jetzt um die Toten steht, wo sie sind, und ob sie überhaupt noch sind. Die Heranwachsenden brauchen dann einen Horizont an Antwortmöglichkeiten für ihre Fragen. Mit diesem setzen sie sich auseinander und entscheiden, was ihnen Zuversicht und Hoffnung für heute, für eine lebenswerte Zukunft sowie für ein Leben nach dem Tod gibt. Und genau hier bietet die christliche Botschaft des Osterfestes Orientierung und Hoffnung.
Das ist der Grund, warum auch Eltern, die selbst nicht an ein Leben nach dem Tod glauben oder unsicher sind, ihre Kinder mit den Weisheiten und Erfahrungen aus dem Bereich der Religion bekanntmachen sollten. Immerhin gehören weltweit mehr als 2,6 Milliarden Menschen dem Christentum an. Und auch andere Weltreligionen vertreten die Hoffnung auf ein Jenseits. So können Erwachsene, die selbst auf der Suche sind, ohne sich zu verbiegen, sagen: „Ich weiß nicht, was nach dem Tod kommt. Es gibt aber sehr viele Menschen, die glauben, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Ich lese dir mal aus der Bibel vor…“
Alle vier Evangelien erzählen von der Auferstehung Jesu. Dabei sind diese Geschichten keine historischen Ereignisprotokolle. Es sind Glaubensberichte, Erfahrungen aus dem Glauben, die weitererzählt und später aufgeschrieben wurden. Bei der Auferstehung Jesu war niemand dabei. Die Texte erzählen vielmehr davon, wie Frauen und Männer dem Auferstandenen begegnet sind. Zunächst haben sie Jesus nicht erkannt. Denn er war nicht einfach derjenige, der er vor seinem Tod gewesen war. Später aber erkannten seine Freundinnen und Freunde Jesus, etwa am Brotbrechen beim gemeinsamen Essen. Die Ostererzählungen sind nicht alle gleich. Die Menschen haben hierin von unterschiedlichen Erfahrungen erzählt. Und so lässt sich in jeder der biblischen Ostererzählungen etwas anderes Wichtiges entdecken.
In diesem Jahr hören die Menschen in der Osternacht die Auferstehungserzählung nach Markus. Darin kommen drei Frauen in aller Frühe zum Grab Jesu. Sie erschrecken, weil der Stein zur Grabeshöhle weggewälzt und das Grab leer ist. Ihnen wird zugerufen: „Erschreckt nicht, Jesus ist auferstanden.“ Am Ostersonntag wird die Version aus dem Johannesevangelium gelesen, in der Maria von Magdala ebenfalls frühmorgens das leere Grab entdeckt. Für ältere Kinder kann es eine intensive Erfahrung sein, am frühen Morgen mit ihren Eltern oder Großeltern in die Feier der Osternacht zu gehen und selbst zu erleben, wie während des Gottesdienstes aus der dunklen Nacht der helle Tag wird. So bietet die Kirche in der Osterliturgie für Kinder eine Erfahrungsebene an, die die Heranwachsenden mit der Zusage von einem Leben nach dem Tod verbinden können. Ostern wird also dort entschieden, wo Erwachsene Kindern etwas von der religiösen Auferstehungshoffnung erzählen oder mit ihnen Orte aufsuchen, wo sie davon hören und etwas davon erleben können.