Für den Versuch, den Himmel mit einem Turm zu stürmen, strafte Gott die Menschen mit Unverständnis. Einst in der Ursprache geeint, zerfiel die Menschheit in Rivalität. So erzählt es das Alte Testament. Die Pfingstgeschichte stellt der Sprachverwirrung das Wunder der Verständigung gegenüber: „Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden“ (Apg 2,6).
Um Verständigung der Völker geht es auch einem anderen Ereignis – nicht im Auftrag des Heiligen Geistes, sondern durch die Kraft der Musik: dem Eurovision Song Contest (ESC). Getöse gab es beim diesjährigen Wettbewerb in Malmö ebenfalls, doch diente es nicht der Einheit. Bereits im Vorfeld wurde gegen die Teilnahme Israels protestiert; während des Wettbewerbs konnte die israelische Kandidatin Eden Golan wegen aufgeheizter Demonstrationen kaum das Hotel verlassen; ihr Auftritt war unter Buh-Rufen nur schwer zu hören.
Ohne Frage ist es legitim, Kritik an Israels Vorgehen im Gaza-Krieg zu äußern. Und der internationale Druck wächst, je länger Zivilisten im Kampf gegen die Hamas leiden. Doch darf nicht vergessen werden, dass der Terrorangriff vom vergangenen Oktober das Leid erst angefacht hat und dass die Hamas es durch die Freilassung der israelischen Geiseln jederzeit beenden könnte. Vor allem aber darf man eine Künstlerin nicht mit der Politik ihres Landes gleichsetzen.
1 | Europa. Dass Eden Golan schließlich auf Platz fünf landete, war ein wichtiges Zeichen gegen antisemitische Misstöne auch aus der linken Kulturszene. In den Zuschauer-Votings erhielt die Israelin herausragende Bewertungen – gerade von Ländern wie Deutschland, wo seit Monaten pro-palästinensische Proteste aufwallen. Vielleicht war hier ja doch der Geist der Verständigung im Spiel.
2 | Vatikan. Indes steht der Vatikan in der Kritik, weil er eine Rede der Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman bei einer Kulturveranstaltung unkommentiert ließ, in der sie Israels Kampf gegen die Hamas mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine verglich.
3 | Aachen. Pinchas Goldschmidt, der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, wurde mit dem Internationalen Karlspreis ausgezeichnet. Das Direktorium bezeichnete die Wahl als „Signal gegen Antisemitismus, Gewalt und Hass, für Toleranz, Dialog und Verständigung“. Goldschmidt widmete den Preis der jüdischen Gemeinschaft Europas und nahm die Bevölkerung in die Pflicht, mehr für deren Schutz zu tun.
4 | Heidelberg. Zwei Taylor Swift-Gottesdienste lockten am vergangenen Sonntag rund 1200 Menschen in die evangelische Heiliggeistkirche. Die Musikerin Tine Wiechmann sang Lieder der erfolgreichen Pop-Ikone, die in der Predigt auf religiöse Motive untersucht wurden. Die Gottesdienste waren bereits Wochen im Vorfeld ausgebucht.
5 | Vatikan. Mit der Bulle Spes non confundit („Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“) hat Papst Franziskus das Heilige Jahr 2025 offiziell ausgerufen. Es beginnt mit dem Heiligen Abend dieses Jahres und dauert bis Epiphanie 2026.
6 | Tiflis. Trotz massiver Proteste hat das Parlament Georgiens ein Gesetz gegen „ausländische Einflussnahme“ beschlossen. Gegner befürchten, dass die Regierungspartei damit etwa die Arbeit von unabhängigen Wahlbeobachterorganisationen einschränken will, um ihre Wiederwahl im Herbst zu sichern.
7 | Malmö. Und noch ein positives Signal vom ESC: Mit dem schweizer Kandidaten Nemo gewann erstmals eine nicht-binäre Person den Wettbewerb.