Verschriftlicht

Der Wochenrückblick.

Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“ Der Satz aus Goethes Faust ist mir in Erinnerung geblieben, seit ich das Buch als Schullektüre gelesen habe. Was man schriftlich hat, steht fest und kann die Zeiten überdauern. Welchen Luxus es auch in religiöser Hinsicht bedeutet, Gebete und Heilige Schriften, Liturgieabläufe und Glaubensbekenntnisse über Jahrhunderte in verschriftlichter Form vorliegen zu haben, wurde mir erst im Studium klar, als ich mich neben den klassischen Buchreligionen auch mit religiösen Traditionen beschäftigt habe, die wenig bis gar keinen Wert auf niedergeschriebene Glaubenszeugnisse legen.

1 | Berlin. Als die ursprüngliche Buchreligion hat das Judentum bis heute eine besonders innige Beziehung zu seiner Heiligen Schrift. Jetzt wurde eine Tora-rolle für Militärrabbiner gefertigt, die in Zukunft bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr mitgenommen werden kann.

2 | Indien. Schrift ist auch eine Zeitkapsel: In einer Stadt in Südindien wurde jetzt ein 800 Jahre alter Grabstein mit hebräischen Schriftzeichen entdeckt. Es ist der älteste Beleg für jüdisches Leben auf dem Subkontinent.

3 | Weltweit. Ein anderes archäologisches Fundstück hat in den vergangegenen Wochen Schlagzeilen gemacht: Ein Papyrusfragment wurde als bislang älteste Abschrift des „Kindheitsevangeliums“ nach Thomas identifiziert. Die kirchlich nicht kanonisierte Erzählung berichtet etwa, wie Jesus Vögel aus Lehm formt und ihnen Leben einhaucht. Wärend große Zeitungen von der Washington Post bis zur Bild die Entdeckung als Sensation feierten, blieben Fachleute eher ruhig. Der Fund sei natürlich erfreulich, sagte der Papyrologe Hans Förster jetzt in der Wochenzeitung Die Furche. „Eine wirkliche Aufregung ist es allerdings nicht wert.“

4 | USA. Vor zwanzig Jahren brachte Regisseur und Hollywood-Star Mel Gibson die biblische Passionsgeschichte in blutigen Details auf die Leinwand. Heute stellt er sich hinter den kürzlich exkommunizierten ehemaligen US-Nuntius Carlo Maria Viganò. Es sei „eine Ehre“, aus dieser nachkonziliaren Kirche ausgeschlossen zu werden, schrieb Gibson in einem Onlineblog. Viganò war exkommuniziert worden, weil er weder das Zweite Vatikanische Konzil noch Papst Franziskus anerkennt.

5 | Bonn. Dass die katholische Kirche in Deutschland jedes Jahr so viele Mitglieder verliert, dürfte andere Gründe haben. Jetzt wurde es aber erstmals auch finanziell deutlich spürbar: Nachdem 2022 noch Rekordeinnahmen verzeichnet wurden, sank das Kirchensteueraufkommen der katholischen Bistümer im vergangenen Jahr um 330 Millionen Euro, wie jetzt bekannt gegeben wurde.

6 | Schrobenhausen. Gerade in Zeiten schwindender finanzieller Mittel ist es gut, wenn sich die Kirche in Notlagen auf Hilfe verlassen kann – so etwa im bayerischen Schrobenhausen, wo die Kinder einer katholischen Kita im Gemeindezentrum der muslimischen Gemeinde untergekommen sind, nachdem das Kita-Gebäude durch ein Hochwasser schwer beschädigt wurde. Wie im Christentum gilt Gastfreundschaft auch im Islam als wichtige Tugend. „Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, der tische seinen Gäste auf“, heißt es.

7 | Köln. Wer schreibt die Texte der Zukunft? Die Theologin und Zukunftsforscherin Birte Platow spricht sich für einen neuen Umgang mit Künstlicher Intelligenz in der Kirche aus. Sie könne sich gut vorstellen, dass Predigten in Zukunft ganz oder teilweise von KI-Programmen geschrieben werden. „Wir sind eine Religion des Wortes und KI kann mit Worten virtuos umgehen.“ In anderen Bereichen – etwa in der Seelsorge – brauche es dagegen immer den direkten Kontakt zu einem anderen Menschen.

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