EditorialTote Stimmen

Technische und kulturelle Neuerungen wurden schon immer mit Skepsis betrachtet.

Als vor rund hundert Jahren der Siegeszug des Kinos begann, gab es nicht wenige Theaterschauspieler, die dem neuen Medium skeptisch gegenüberstanden. Eine Aufzeichnung könne nie den Charme einer Live-Darbietung erreichen, argumentierten sie. Zumal auch Filmschauspieler altern und versterben, so dass man irgendwann nur noch die in der Zeit eingefrorenen Abbilder toter Menschen auf der Leinwand sehen würde. Für viele damals eine befremdliche Vorstellung.

An diese Debatte musste ich denken, als ich vergangene Woche bei einer Fortbildung zum Thema Künstliche Intelligenz erfuhr, dass es bereits Radiosender gibt, bei denen lang verstorbene Mitarbeiter aktuelle Meldungen lesen. Computer-Programme haben ihre Stimmen „geklont“, so überzeugend, dass selbst nahe Angehörige den Unterschied kaum bemerken. Wird diese Technik in Zukunft so alltäglich wie Filme – oder geht tatsächlich etwas verloren, wenn man Stimmen „aus der Konserve“ hört?

In dieser Ausgabe stellt Tomáš Halík die Frage, wie wir lernen können, auf die lebendigen Worte des Heiligen Geistes zu hören. Und Felix Evers erinnert an die Stimme seines Lehrers, die jetzt verstummt ist. Für immer?

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