"Wir können uns kaum vorstellen, welch unerhörte Umwälzung das bedeutete.“ Mit diesen Worten würdigte der Landesbischof von Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, soeben ein Ereignis, das vor genau 500 Jahren in Reutlingen stattgefunden hat. Damals feierte der Reformator Matthäus Alber die Messe auf Deutsch – und lud die Gläubigen zum Abendmahl unter beiderlei Gestalt ein, also mit Brot und Wein. „Die volle Teilhabe für alle war zugänglich.“ Heute ist diese Praxis, zumindest für die evangelische Kirche, selbstverständlich.
Das Begehen von Jubiläen ist ja immer dann besonders sinnvoll, wenn es mehr bietet als nur den Blick auf das Vergangene. In diesem Sinne könnte der Reutlinger Meilenstein Anlass zur Frage sein, welcher Glaubensmut, womöglich auch welche Grenzüberschreitung heute nötig wäre, damit die Kirchen evangeliumsgemäßer werden.
Eine andere Frage ist, ob von den Nachrichten der vergangenen Woche in 500 Jahren wohl auch noch die Rede sein wird.
1 | Sankt Radegund (Österreich). Am Geburtsort des seligen Franz Jägerstätter hat das jährliche Erinnerungstreffen stattgefunden. Es gehe darum, das Leben des Märtyrers „in einen Dialog mit Fragen unserer Zeit zu bringen“, sagte Georg Haigermoser von Pax Christi. Diesmal stellten die Verantwortlichen einen Bezug zum Krieg in Israel und Palästina her. Sie würdigten Hinterbliebene von Opfern, die – auf beiden Seiten – Wege aus der Gewalt suchen.
2 | Bagdad. Der irakische Kardinal Louis Raphael Sako hat daran erinnert, dass bei der Eroberung der Niniveh-Ebene durch die IS-Terrormiliz vor zehn Jahren neben den Eziden auch 100000 Christinnen und Christen aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Ihr Schicksal sei dem Westen anscheinend gleichgültig, kritisierte der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche. „Da gibt es nur leere Worte.“
3 | Wien/Podgorica. Nach der Vereitelung eines islamistischen Terroranschlags in Wien warnen Experten vor einer Radikalisierung im Umfeld des Balkans. Es werde versucht, „gezielt die Kinder dieser Diaspora, die in Mittel- oder Westeuropa leben, anzusprechen“.
4 | Erfurt. Der Friedensbeauftragte des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Friedrich Kramer, hat dazu aufgerufen, alles für eine atomwaffenfreie Welt zu tun. „Geist, Logik und Praxis einer atomaren Abschreckung führen zwangsläufig ins atomare Verderben“, so Kramer. Er äußerte sich zum Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki im August vor 79 Jahren.
5 | Berlin. Pläne der FDP, das Entwicklungsministerium aufzulösen, sind von kirchlichen Hilfsorganisationen zurückgewiesen worden. Ein eigenständiges Ministerium sei „unentbehrlich“, sagte der Geschäftsführer für internationale Zusammenarbeit bei Misereor, Bernd Bornhorst. Ein Sprecher des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt fügte hinzu: „Eine von humanitären Werten geleitete Entwicklungspolitik muss am Kabinettstisch vertreten sein.“
6 | Brüssel. Der langjährige Botschafter des Heiligen Stuhls bei der Europäischen Union, der irische Erzbischof Noël Treanor, ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Er habe dazu beigetragen, „das christliche Herz und die christliche Seele Europas zu nähren“, so der irische Primas Eamon Martin.
7 | Erlangen. Soziale Bindungen können gerade im Alter lebenswichtig sein und die Ausbildung von Krankheiten verhindern. Ein Forschungsteam der Uni Erlangen-Nürnberg hat herausgefunden, dass die geistige Leistungsfähigkeit älterer Menschen sinkt, sobald sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückziehen. Auch von daher also die Ermunterung: Bemühen wir uns um Freundschaften und/oder bauen wir neue auf!