Nein kann manchmal das schwierigste Wort der Welt sein. Umso wichtiger, dass Kinder früh lernen, „Nein“ zu sagen, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Das kleine Kind im lilagepunkteten Strampelanzug, von dem dieses bunte Bilderbuch erzählt, kann das schon sehr gut. Und es weiß auch: Bevor man jemandem über den Kopf wuschelt oder einen Schmatzer gibt, muss man erstmal fragen, ob das überhaupt gewünscht ist. Nur leider hält sich die Familie nicht immer daran. Mama und Papa, Schwester und Tante verteilen völlig ungefragt Küsse und Streicheleinheiten. „Eine verflixt verküsste Familie“, ärgert sich das Strampler-Kind. Zum Glück hat es einen Freund, das wilde Knuseltier, der ihm hilft, der zudringlichen Verwandtschaft eine Lektion zu erteilen.
In großformatigen quitschbunten Bildern erzählt Schluss! Kein Kuss! eine lustig-leichte Geschichte mit einer wichtigen Botschaft. „Bevor ihr mich küsst oder umarmt, fragt mich, ob ich das mag“, stellt das kleine Kind klar. Wortneuschöpfungen wie „Knusel-di-Schlapp“ laden zum Vorlesen ein, die überbordenden Bilder zum genauen Betrachten. Verwischte Farben und bereits voraufgedruckte Kaffeeflecken machen direkt klar: Dieses Buch ist ein Gebrauchsgegenstand, dem auch ein paar weitere Kritzeleien und Farbkleckse nichts anhaben können.
Kerstin Hau, die vor ihrer Zeit als Kinderbuchautorin im medizinisch-therapeutischen Bereich gearbeitet und auch immer wieder zu Trauerarbeit geschrieben hat, zeigt in diesem bunten, kindgerecht kurzen Buch ihre fröhliche, grundoptimistische Seite. Und sie nimmt Kindern sehr bewusst eine Angst, die diese vielleicht haben könnten, wenn es darum geht, die eigenen Bedürfnisse gegen die Eltern oder Oma und Opa durchzusetzen. Die verflixt verküsste Familie hört dem Kleinen zu, entschuldigt sich und lernt Grenzen zu akzeptieren, ganz ohne dass sich jemand emotional auf die Füße getreten fühlt. Damit ist Schluss! Kein Kuss! trotz des grundsätzlich ernsten Themas ein Buch, das Kinder jeden Alters zur Hand nehmen und durchblättern können. Und das ihnen helfen kann, im richtigen Moment „Nein“ zu sagen – auch wenn sie gerade kein wildes Knuseltier zur Hand haben, das ihnen Rückendeckung gibt.