Die Botschaft der Bibel erschliessenWegweisungen

In 42 Essays gehen exegetische Fachleute biblischen Wortfeldern auf den Grund und zeigen die bleibende Relevanz der Heiligen Schrift.

Wer seinen Gott verloren hat, der kann ihn in diesem Buche wiederfinden, und wer ihn nie gekannt, dem weht hier entgegen der Odem des göttlichen Wortes“. Heinrich Heine wusste noch aus eigener Erfahrung, welch ein Schatz die Bibel ist – eine Art „portatives Vaterland“, in dem man sich selbst angesprochen und geführt wiederfinden kann, Kompass und Vademecum zugleich. Wie schade, dass diese „Hausapotheke der Menschheit“ vielen verschlossen erscheint oder gar durch denkfaule Kirchenverkündigung verstellt wird. Und umso hilfreicher, wenn ausgewiesene Bibelwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler fachkundig Hinführung, Orientierung und Vertiefung bieten.

„Die Bibel ist ein Buch von Gehenden“, heißt es treffend. 42 Stationen waren in biblischer Zeit nötig, um ins Gelobte Land zu gelangen, so sagt es die berühmte Gründungserzählung vom Exodus (vgl. Num 33). In diesem Buch haben sich die Autorinnen und Autoren an dieser Zahl orientiert. Sie haben 42 Wortfelder ausgewählt, kompetent und gut lesbar entfaltet. Sie werden gleichsam zu Oasen auf dem Wüstenweg aus dem falschen Leben ins wahre. Wie in jedem Neuland gilt es auch hier, eine neue Sprache zu lernen. Die einzelnen Schlüsselworte sind nicht alphabetisch aufgereiht, als ginge es um lexikalische Vollständigkeit. Vielmehr steht hier etwa „Barmherzigkeit“ neben „Zorn“ und „Haus“ neben „Nächster“. Jedes Leitwort hat schon im Titel eine verlockende Überschrift, die neugierig macht auf den jeweiligen Lebensbezug. Bei „Name“ steht etwa „in Rufweite“, und „rein und unrein“ wurde „an die Grenzen gehen“ dazugestellt. Die originelle Gesamtstruktur und die Mischung der Stichworte tragen dazu bei, dass ein vielstimmiges Resonanzgefüge entsteht. So lässt sich jeder Einzelbeitrag stimmig für sich lesen und lädt doch zum Vernetzen und Verknüpfen im Ganzen ein – dies auch ein Hinweis auf die vielbezügliche Einheit beider Testamente.

Vielleicht beginnt man die Lektüre mit Wortfeldern wie „Körper“ oder „schreiben“. Dann kommt sofort die ganze Materialität und Sinnlichkeit des Biblischen in den Blick; Schrift- wie Körpersprache sind elementare Medien der Kommunikation und haben zudem viel mit (Definitions-)Macht zu tun. Immer geht es um Geschichte(n), im Großen und im Kleinen – und deshalb ist es gut, dass am Ende des reichhaltigen Buches die realgeschichtlichen Kontexte biblischer Literatur wenigstens kurz eigens dargestellt werden. Ebenso wäre eine Übersicht unterschiedlicher Lesarten und Auslegungsweisen methodisch-hermeneutischer Art angebracht. Nur ein Beitrag etwa lässt seine entschieden feministische Perspektive erkennen. Allein die 1400 Eigennamen der Bibel (fast alle männlich) zeigen ja an, wie sehr das Buch der Bücher den Weg des Volkes und der Gemeinschaft mit größter Achtsamkeit für die Einzelnen erzählt, um umgekehrt in ihnen die Erwählung aller gegenwärtig zu machen.

Die Crew der exegetischen Fachleute geht konsequent von einer der großen (Wieder-)Entdeckungen der letzten Jahrzehnte aus: Die hebräische Tora ist der wesentliche „Eckpfeiler“ auch des gesamten Neuen Testaments, und deshalb ist die hebräische Bibel insgesamt christlich von größter Bedeutung. Wer Tora nur als „Gesetz“ und „Gebot“ versteht, übersetzt höchst missverständlich. Viel genauer und einladender wäre es, von „Weg-Weisung“ zu sprechen. Wir sind ja noch längst nicht am ersehnten Ziel umfassend gerechter Verhältnisse angelangt; der befreiende Exodus ist weiterhin voll im Gange. Das Entscheidende – der Bund – ist schon geglückt, aber „die noch nicht erfüllte Segensverheißung ist der biblische Normalzustand“.

Und immer geht es um das schöpferische Gott-Geheimnis, das rettet und zur Mitarbeit in Sachen Gerechtigkeit herausfordert – in allem gegenwärtig und doch unfassbar, stets mit Namen ansprechend und anzusprechen. Aber „der Klang des Namens ist verloren“, heißt es in dem Buch zutreffend. Die selige Not, von „Ihm“, von dem und der Lebendigen berührt und gerufen zu sein, wird zum Notenschlüssel der ganzen Bibel und macht diese oft sehr profanen Texte doch zu wahrhaft heiligen und heilenden Schriften.

Kurzum: Ein ungemein ertragreiches Buch! Besonders für solche, die in der Entdeckung und Vermittlung biblischer Wahrheit unterwegs sind.

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