Wer war Jesus wirklich? Wer ist Jesus? Wie wir die zentrale Person unseres Glaubens, die „Gründergestalt“, begreifen, das verlangt von jeder Generation, ja von jedem und jeder Einzelnen von uns eine Positionierung. Die klassischen Antworten beten wir routiniert. Aber was heißt es denn konkret, dass wir Jesus als den Christus, als den Messias, den Sohn Gottes bekennen? Ist er in gleicher Weise Gott wie der Vater? „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“, steht im Brief an die Kolosser (1,17). Da wird der jüdische Wanderprediger als „kosmischer Christus“ proklamiert. Ist das nicht zu verstiegen? Am anderen Ende der Skala fallen Begriffe wie Vorbild, Prophet, Lehrer aus Nazareth ... Ist das wiederum nicht zu wenig?
Vor 1700 Jahren hat sich die noch junge Kirche in Nicäa in der heutigen Türkei getroffen, um über genau diese Fragen eine Verständigung zu erzielen. Da hat auch vieles mit hineingespielt, was wenig mit Theologie und Glaube zu tun hatte. Und dennoch gelangen „dogmatische Punktsetzungen, hinter die man nicht mehr zurückgehen kann“. So formuliert es der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück, mit dem wir unsere Reihe zum Konzilsjubiläum beginnen (vgl. S. 3).