Wie begeistert man Menschen für die Kirche? Die bunt-bissige, hintersinnige Serie Himmel, Herrgott, Sakrament könnte hier zur Inspirationsquelle werden. Ein voller Erfolg war sie bereits, als die ersten Folgen ausgestrahlt wurden. Sie bescherte dem Bayrischen Rundfunk eine Rekordquote und hohe Abrufzahlen in der Mediathek. Mit rund 1,7 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern gelang den Folgen der beste Auftakt einer BR-Serie seit mehr als 20 Jahren. Glaube und Kirche gepaart mit den seelsorgerischen Herausforderungen des Lebens und Humor schließen sich nicht aus. Das beweisen die Folgen rund um einen unkonventionellen Pfarrer als Protagonisten. Renitent, reformfreudig, dickköpfig, immer auf dem eigenen Standpunkt beharrend, zeigt sich dieser in mancher Glaubens- und Alltagssituation. Stephan Zinner, bekannt durch seine früheren Auftritte als langjähriges Double des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, spielt den streitbaren, aber auch charismatischen Hans Reiser. Dieser wird von einer oberbayerischen Landpfarrei in die Großstadt nach München versetzt. Die Kirchenaustritte steigen in dieser Problemgemeinde beträchtlich, nur eine Handvoll Gottesdienstbesucher kommt regelmäßig, während der Rest der Kirchenbänke verwaist ist. Mit seinen ungewöhnlichen, für manche nicht nachvollziehbaren Ideen möchte Reiser diesen Krisenmodus beenden. Klar, dass das nicht jedem gefällt. Und so endet auch gleich die Taufe des Enkels einer stadtbekannten Politikerin im Eklat.
Für seine Serie hatte Regisseur Franz Xaver Bogner ein klares Vorbild vor Augen: den Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler, der die Pfarrei St. Maximilian leitet. Schießler taucht sogar in einer kleinen Nebenrolle auf und hat die theologische Fachberatung für die Produktion übernommen. Außerdem erklärt er, was es mit dem Titel der Serie auf sich hat: „Nein, es ist kein Fluch, sondern schlichtweg die Aneinanderreihung dessen, was mir seit Kindesbeinen die Kirche bedeutet.“ Sein Serien-Pendant macht sich darauf seinen eigenen Reim: „Erstens, Himmel, da wollen wir alle hin. Zweitens, Herrgott, ist mein Chef, also mein Oberster. Und drittens Sakrament: Damit feiern wir den Herrn und uns Menschen zugleich, vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens.“
Auf zeitgemäße Weise möchte der Serien-Seelsorger Reiser den Menschen die Botschaft des Evangeliums näherbringen. So unterstützt er Klimaaktivisten oder hilft einer muslimischen Gemeinde bei der Suche nach einem Gebetsraum. „Wir als Kirche sind gut beraten, uns zu öffnen. Das gilt für Frauen, das gilt für Homosexuelle, und das gilt genauso für andere Religionen“, heißt es dazu. Bei einem Gottesdienst nebst Tiersegnung sitzen die Gläubigen schließlich nicht nur mit Hunden und Katzen in den Kirchenbänken, sondern auch mit Riesenschlangen um den Hals und Papageien auf der Schulter. Kirche solle nicht immer sagen, was richtig sei, sie solle einfach das Richtige tun, ist Reisers Devise. Gleichzeitig durchlebt der Power-Pfarrer selbst Krisenmomente und Gefühle des Versagens. Er wolle ein guter Hirte sein, betont Reiser. Doch seine Gegner sehen in ihm einen „Aktivisten-Pfarrer“, einen modernen Don Camillo, der nur Chaos stiftet. Auch mit dem Zölibat gerät Reiser in die Bredouille, als sich zarte Liebesbande mit der alleinerziehenden, schlagfertigen Nachbarin entwickeln. Nicht nur deshalb gerät er in einen Konflikt mit seinem Vorgesetzten, den alle nur „den Kardinal“ nennen. So mancher Schlagabtausch erinnert an einen verbalen Boxkampf. Spannender wurde das Ringen um die Zukunft der Kirche selten inszeniert.
HIMMEL, HERRGOTT SAKRAMENT
Deutschland 2023; Regie: Franz Xaver Bogner
Die Serie ist noch bis zum 26. April in der ARD-Mediathek zu sehen.