Entstaubt
Zum Beitrag „Ach, Paulus...“ (CIG Nr. 13, S. 5)
Was für eine Freude, diesen Offenen Brief an Paulus zu lesen! Tiefsinnig und erfrischend! Ich stimme der Autorin zu: Man müsste dem Apostel öfters kritisch widersprechen. Was Paulus heute wohl antworten würde?
Hermann Kast, Speyer
So stelle ich mir Verkündigung der Frohen Botschaft heute vor – menschengemäß, unangestrengt, vernünftig, ohne Scheuklappen und dogmatische Geländer. Dieses Mal wird Paulus richtig entstaubt, wie beim Frühjahrsputz der Heiligenfiguren in der Kirche. Herauskommt ein Menschenbild mit Farbe und Glanz, Ecken und Kanten, eine Botschaft ohne den zeitbedingten Ballast der Naherwartung.
Michael Rösler-Goy, Prien a. Chiemsee
Die Briefe des heiligen Paulus sind inspiriert vom Heiligen Geist und deshalb Teil der Heiligen Schrift. Diese Auslegung ist es nicht, sondern eine (feministische) Anpassung an die Lebenswirklichkeit der Autorin.
Dr. Klaus W. Hälbig, Rottenburg
Mir als Lektor ist aufgefallen, dass die Zelebranten oft lieber die alttestamentlichen Texte vorsehen und auf die zweite Lesung, in der Regel einen Auszug aus einem Paulusbrief, verzichten. Abgesehen von einem übersteigerten Selbstbewusstsein des Paulus („Ahmt mich nach...“) geht die Frage nach der Gerechtigkeit aus dem Gesetz oder aus dem Glauben so sehr an den Fragen, die Menschen heute bewegen, vorbei, dass ein Gottesdienstbesucher derartige Texte entweder nur einfach über sich ergehen lässt oder aber verständnislos mit dem Kopf schüttelt.
Hermann Westbrock, Hamminkeln
Wie immer?
Zum Zeitgang „Lebt dies zu meinem Gedächtnis!“ (CIG Nr. 13, S. 3)
Ich bedanke mich für die fundierte bibeltheologische und liturgische Zusammenschau des Ostertriduums. Sie hat mich persönlich angesprochen, und der Gedanke, das Gedenken als ein Beziehungsgeschehen zu interpretieren, ist mir so noch nicht in den Sinn gekommen. Jedoch hat mich immer schon befremdet, dass am Karfreitag Kommunion ausgeteilt wird. Das Aushalten der Leere und Gottverlassenheit Jesu, beginnend am Ölberg bis hinein zur Kreuzigung am Karfreitag, gilt es mitauszuhalten, ja zu durchleben. Als Pfarrer und Krankenhausseelsorger ist dies eine wichtige und zentrale Aufgabe in meiner Seelsorgearbeit.
Martin Hezel, München
Ich kann gerade am Karfreitag den Dreischritt: Hören–Sehen–Empfangen nicht mitvollziehen. Karfreitag ist doch der Tag, an dem das Leiden Jesu existenziell mitempfunden wird. Da gilt es, die Abwesenheit, den Tod auszuhalten und mitzugehen. Es ist für mich deshalb nicht nachvollziehbar, eine Kommunionfeier anzuschließen. Ich denke, wir nehmen diesem so wesentlichen Tag seine eigentliche Bedeutung, wenn wir mit dem Empfang der Kommunion fast so tun, als wäre alles wie immer.
Ursula Leicher, Lauf
In dem Artikel werden weitgehend Fakten gesetzt und Beziehungen hergestellt, es wird gedeutet, mystifiziert, dabei simplifiziert und festgeschrieben – im Sinne der traditionellen Theologie. Ein kritischer Verstand fühlt sich herausgefordert und fragt sich, welche Zukunft so ein Glaube hat.
Dr. Heribert Scheffler, Oberhausen
Ohne „Warum“
Zum Leitartikel „Und die anderen?“ (CIG Nr. 12, S. 1)
Der Gedanke, dass Gott die einen aus einer Todesgefahr rettet, während andere darin umkommen, weil er einen „Hintergedanken“ hat, ist mir unerträglich! Ich bin dem Autor dankbar für seine klare Aussage: Der Begriff der Vorsehung stößt hier an seine Grenzen und die „Warum“-Fragen führen zu nichts.
Roswitha Rother, Kaufbeuren
Das Böse in uns
Zum Interview „Wir haben alle einen Hang zum Bösen“ (CIG Nr. 12, S. 3)
Wenn die Schriftstellerin Nora Bossong meint, dass wir alle einen Hang und eine Fähigkeit zum Bösen hätten, dann ist dies für mich zu milde formuliert. Es klingt so, als ob wir nach etwas streben, das außerhalb von uns liegt. Das Böse jedoch ist intern. Der Mensch ist böse – und gut. Nach Genesis, seitdem er aus dem Paradies vertrieben wurde. Draußen war seine erste Tat dann der Brudermord.
Manfred Schinner, Brühl