Wie verstehen Sie Auferstehung? Diese Frage haben wir am Ende der letzten weit!-Ausgabe gestellt – und die Rückmeldung war enorm. So enorm, dass wir in dieser Ausgabe zwei Seiten für Leserbriefe freigeräumt haben, um Ihren berührenden, persönlichen, nachdenklichen Briefen Raum zu geben. Vielen Dank, dass Sie uns an Ihren österlichen Erfahrungen teilhaben lassen!
Der Ausdruck „Auferstehung“ gehört zu den zahlreichen Worten unserer kirchlichen Sondersprache, die Hoffnung mehr verhindern als verstärken. Auferstehung ist sicher nicht Neubeginn des Vergangenen, Reanimation nach dem Herzstillstand. Die Ostererzählungen der Evangelien sind wunderschöne Bildgeschichten, die Unvorstellbares vorstellen wollten. Ganz irreführend wurde es dann in der Malerei, wenn der Gekreuzigte, spärlich bekleidet, über dem Grab schwebt oder gar durch Wolken nach „oben“ verschwindet. Das mag kunstgeschichtlich wertvoll sein, aber wenn wir weiterhin „Neuevangelisierung“ mit einem längst überholten Weltbild betreiben, müssen wir uns nicht wundern über die schwache Resonanz. Der Kern der Osterbotschaft ist für mich ganz einfach: Wir sterben nicht ins Nichts! Wir sterben, wenn wir nichts dagegen haben, in die grenzenlose Liebe hinein, die wir „Gott“ nennen, die alles aus dem Nichts entstehen ließ und lässt. Deshalb sage ich lieber Aufnahme statt Auferstehung.
Gerhard Dane, Bedburg
Für mich ist der Gedanke an Auferstehung eng mit der Erfahrung der Jahreszeiten verbunden. Inzwischen konnte ich das Vergehen der Blätter im Herbst und das Erwachen der Knospen im Frühling 86-mal bestaunen. Ich erlebe darin die wunderbare Kreativität, Schönheit und Kraft des Schöpfers und habe keine Mühe, auf eine ähnliche Verwandlung in meinem Sterben zu vertrauen. Eine wesentliche Vertiefung dieses Vertrauens erwächst mir aus der Beziehung zu Jesus Christus, aus dem Glauben an seine Botschaft, aus der Betrachtung seines Lebens und Sterbens und aus der Auferstehungserfahrung derer, die ihm nachfolgten.
Sr. Christhild Neuheuser, Paderborn
Meine Gedanken zum Thema Auferstehung habe ich in drei kurzen Texten ausgedrückt, die vor einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Tod meiner spanischen Schwiegereltern entstanden sind.
Leben zerrinnt –
mir vor die Füße tropfend
strecke ich die leere Hand aus –
Glut fassend.
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Morgen
wird das Heute beginnen.
Wird die Gegenwart gegenwärtig.
Ich werde leben
in der Lebendigkeit dessen,
der Zeit und Ewigkeit belebt.
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Welches ist die
richtige Frage?
Ich suche
nicht nach Antwort.
Sondern
lasse mich
überraschen.
Rolf Müller-Calleja (online)
Wie ein Blitzschlag traf es mich, als ich vor vier Jahren die Diagnose Nierenkrebs erhielt. Eine Heilung sei nicht möglich, so der Arzt. Man könne aber versuchen die Krankheit einzudämmen, Zeit zu gewinnen. Ich hatte das Gefühl, jeglichen Halt unter meinen Füßen zu verlieren. Schwere Tage waren das damals. Tränen flossen. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, keinen konnte ich wirklich festhalten. Nach zwei Wochen etwa gelang es mir, meine Gedanken zu sortieren. Ich brachte meine quälende Angst vor Gott. Gesund werden kann ich nicht mehr, sagte ich in meinem Innern, ich bin der Krankheit ausgeliefert. Jetzt bist Du, Gott, dran. Hilf mir! Stärke mich für die Zeit, die mir bleibt! Ich will mich an Dich halten! Langsam wuchs neue Zuversicht.
Wie es mir heute damit geht? Ich bin viel präsenter in der Welt, freue mich über jeden Tag, mache aber keine langfristigen Pläne. Ich gehe Schritt für Schritt jeden Tag, und es zahlt sich aus. Ich sehe draußen Dinge, die ich früher nicht wahrgenommen habe, ich freue mich über Gespräche mit anderen, ersehne immer wieder neu den Besuch der Enkelkinder. Manchmal habe ich noch Angst. Doch sie wird schwächer, lähmt nicht mehr. Ich fühle mich frei und gleichzeitig geborgen. Das war und ist für mich bis heute – Auferstehung.
Dr. Harald Müller-Baußmann (online)
Auferstehung bedeutet für mich: So wie die Sonne sich von ihrem Schein nicht trennt, so werden wir in die grenzenlose Liebe Gottes eingehen. Liebe lässt Gottes Gegenwart erahnen und führt immer zum Leben. Auferstehungserfahrungen im Leben sind ohne vorhergehendes schmerzliches (Mit-)Sterben oder (Mit-)Leiden wohl nicht zu haben.
Beate Koch, Steinfurt
Wir tun uns schwer mit der Auferstehung Jesu. Wenn wir die entsprechenden Texte im Neuen Testament lesen, haben wir den Eindruck, es handle sich um reale, historische Vorgänge. Dazu kommt noch, dass viele Künstler uns vor Augen stellen, wie Jesus, die Siegesfahne schwenkend, leibhaftig aus dem Grab steigt. Doch dies deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. An den Gräbern unserer Lieben ereignet sich nicht dergleichen. Wenn diese Texte aber ausschmückende Legenden sind und wir sie bildhaft verstehen dürfen, was haben sie uns dann zu sagen?
Die Gegner Jesu wollten ihn damals total vernichten, weil er Gott in Wort und Tat völlig anders verkündete, als sie es gewohnt waren, die sich doch als die wahren Gottesvertreter betrachteten. Deswegen haben sie alles getan, um ihn zu verteufeln und mundtot zu machen. Doch für seine Jünger und Jüngerinnen war Jesus nach anfänglicher Verunsicherung nach wie vor bedeutsam. Sie glaubten ihm seinen Abba, denn Jesus hatte die Menschen aufgerichtet, ihnen ihren Wert und ihre Würde zugesichert, ihnen die Angst vor Gott genommen.
Die neutestamentlichen Texte, die nach einigen Jahrzehnten entstanden, kleiden diese ihre Erfahrungen in legendäre, bildhafte Erzählungen, die keine existentielle Bedeutung in uns entfalten, wenn wir sie wörtlich nehmen. Wie im Orient üblich benützen sie Worte und Bilder, die sie in ihren heiligen Schriften und in ihrer Umwelt finden. Je mehr wir dem Abba Jesu vertrauen – das ist ein Geschenk, das sich meist allmählich entwickelt –, desto weniger haben wir Angst, uns wach zu erheben, aufzustehen und einzutreten für die Schwachen. Wenn wir nicht aufwachen, uns erheben und neu lebendig werden, dann ist Jesus umsonst aufgetreten, dann war sein Aufstand ohne Wirkung. Darin besteht unser Glaube an die „Auferstehung“.
Marliese und Günter Siener, Landau
Ich habe in meinem langen Leben viele wunderbare Osterfeste an unterschiedlichsten Orten erleben dürfen. Jetzt ist mir ein Satz von Rudolf Bischof wichtig geworden: „Ostern ist kein lautes Händel-Halleluja, sondern wie ein leiser Morgen im Garten.“
Maria Schoenenberg (online)
Gestern habe ich erfahren, dass eine Studienfreundin gestorben ist. Dieser Tod erschüttert mich stärker, als ich gedacht hätte. Aus dieser Erfahrung eröffnet sich mir eine neue Perspektive auf die Auferstehung Jesu. Jahrzehntelang habe ich in ihr die Auferstehung mitten im Leben erkannt, wie wir sie erleben, wenn wir aus schwierigen Zeiten auftauchen, wenn aus Gewohnheiten und Gewohntem, das nicht mehr trägt und das wir hinter uns lassen müssen, Neues wächst, wenn sich Angst und Verzweiflung in Hoffnung und Zuversicht verwandeln. Wenn man so will, die kleinen „Auferstehungen“ im Leben, wo Gott uns aus der Finsternis des Todes „ins Weite führt“ (vgl. Ps 18). Ich sehe in solchen Erfahrungen auch weiterhin den Lichtblick der Auferstehung. Aber ein neuer Blickwinkel kommt hinzu: Als ich bei meiner Gebetszeit heute Morgen das Jubilate Coeli von Taizé mitgesungen habe, schien mir das Liedende wie ein göttlicher Fingerzeig: „Surrexit vere!“ Daraus, dass Jesus wahrhaft auferstanden ist, wie uns die Evangelien bezeugen – und das tun sie, auch wenn man die Erzählungen nicht wörtlich verstehen muss –, dann hat der Tod, auch dieser, nicht das letzte Wort, dann ist der Tod überwunden. Und diese Dimension der Auferstehung nehme ich mit ins diesjährige Osterfest.
Veronika Burth (online)
Auferstehung heißt Ausgang aus dem Tod in ewiges Leben. Sie vermag uns bereits jetzt aufzuscheinen: wenn wir uns sehnen nach Gott; dem Nächsten zuwenden; Raum des Göttlichen in uns erspüren; Frieden finden in Ihm. Das sind Momente der Hoffnung auf Auferstehung zu neuem Leben in Gott. Trotz allem – hier und heute schon.
Johannes M. Führt, Hagen
In jungen Jahren spürte ich kein Heimatgefühl mehr in „meiner Kirche“; ich suchte und suchte und fand. Ich meditierte im strengen Stil des Zen, später im strengen Stil des Buddhismus. Ich erinnere mich an eine solche Meditation: Ich öffnete die Augen („Auferweckung“), sah die Räucherstäbchen und fragte mich, wohin dieser Rauch „geht“. Ins Nichts? Nein! in dem Moment wurde mir bewusst: Danke, dass ich im christlichen Abendland lebe und einen Gott kenne, zu dem ich „Du“ sagen darf.
Erika-Johanna Zimmermann, Salzgitter
Bei Auferstehung denke ich an meine Amaryllis. Diese Pflanze blüht nach mehr als drei Monaten ohne Wasser. Die Nahrung holt sie sich aus der Zwiebelknolle. Sie verblüht – dann sprießt sie erneut, immer noch ohne Wasser. Ein Wunder der Natur!
Egon Dammann, Warendorf
Ein Gedicht zur Auferstehung:
Als Kleinkind krabbelte ich am Boden,
Mein Blick war nach oben gerichtet,
die Hand streckte sich suchend nach Hilfe,
um endlich zum ersten Mal auf-zu-stehen.
Als fehlerhafter Mensch litt ich an Schuldgefühlen
und baumelte zwischen Zweifeln und Selbstvorwürfen,
ich versteckte mich vor meinem eigenen Ich
und erhoffte eine rettende Hand, um aufzustehen.
Als junger Erwachsener sehnte ich mich nach Familie,
einem starken Rückhalt und Geborgenheit, und
bewegte mich zwischen Glück und Sorgen, Mitgefühl und Freuden,
um in der Rolle als Familienvater beizeiten aufzustehen.
Als Leidtragender wurde mein Name beschmutzt,
wehrlos war ich Anschuldigungen und Beleidigungen ausgesetzt,
ich wurde von Ängsten und Befürchtungen hin- und hergerissen,
um mich durch kräftige Hoffnungsschübe aufzurichten.
Ich kehre zu Staub und Asche zurück,
Spuren meines Daseins werden zu Silhouetten,
Erinnerungen an mich verblassen,
um wie aus einer Raupe entschlüpft, auf-zu-erstehen.
Peter Fantur (online)