Die Entwicklungshilfe ist einer der Streitpunkte in den derzeitigen Koalitionsgesprächen von CDU/CSU und SPD. Die Unionsparteien wollen sparen und fordern daher eine Absenkung der Ausgaben auch in diesem Bereich. Darüber hinaus wollen sie das Entwicklungsministerium abschaffen beziehungsweise in das Auswärtige Amt integrieren, wie es offiziell heißt. Die SPD hält dagegen: Sie will das Ministerium erhalten und dort weitere Ressorts aus dem Bereich Entwicklung bündeln. Außerdem sollen die Hilfsausgaben in etwa auf dem bisherigen Niveau blieben.
Der Ausgang der Koalitionsverhandlungen ist von großer Bedeutung. Denn eine Kürzung der Entwicklungshilfen aus Deutschland hätte katastrophale Folgen. Und auch die Abschaffung des Entwicklungsministeriums wäre falsch, wie die Erfahrung in Großbritannien zeigt: Nachdem man dort 2020 mit dem Ziel, Geld für Verteidigung zu sparen, das Entwicklungsministerium in das Außenministerium überführte, hatte dies eine drastische Schwächung der internationalen Beziehungen und Kooperationen zur Folge. Das kann und darf sich die Bundesrepublik nicht leisten. Gerade jetzt, wo USAID, die Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung, auf Betreiben von US-Präsident Trump zerschlagen wird.
Auch zahlreiche Hilfsorganisationen warnen vor der Eingliederung des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt. Nach Meinung von Dagmar Pruin, der Präsidentin von Brot für die Welt, wäre dies „ein fataler Fehler und eine Hiobsbotschaft für Not leidende Menschen im Globalen Süden“. Ähnlich äußert sich der Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Misereor, Andreas Frick. Das Ende des Entwicklungsministeriums in seiner jetzigen Form träfe über 3200 Projekte von Misereor und deren Partnerorganisationen empfindlich. Insbesondere in autokratisch regierten Ländern gingen so absehbar viele Kooperationen mit denjenigen verloren, die in Deutschland einen Sicherheitsgaranten sehen.
Statt einseitig auf Verteidigung zu setzen, sollte der Fokus stärker auf Krisenprävention, das heißt Entwicklungshilfe und dementsprechend auf die konkrete Förderung von Demokratie und Menschenrechten, gesetzt werden. Denn die humanitären Katastrophen der Welt gehen uns alle an: So sorgt die Entwicklungshilfe für die friedliche und demokratische Überwindung von Gewaltkonflikten, deren Konsequenzen weit über die Länder reichen, in denen sie entstehen. Sie mindert die Folgen des Klimawandels, etwa durch die Umstellung von Verkehrssystemen auf erneuerbare Energie in Lateinamerika, wodurch Treibhausgase reduziert werden. Und sie setzt sich für eine nachhaltige Bekämpfung des Hungers ein, besonders auf dem afrikanischen Kontinent.
Während aktuell an verschiedenen Orten weltweit imperiale Bestrebungen zunehmen und man sich immer mehr voneinander abschottet, muss die Antwort der neuen Regierung eine deutliche Ausweitung der Entwicklungshilfen sein. Es kann nicht sein, dass der Deutsche Bundestag auf der einen Seite ein Billionenpaket für Verteidigung verabschiedet und auf der anderen Seite in der Entwicklungspolitik kürzt. Es geht um Menschenleben.