Neugierde. Das ist das erste Wort, das mir in den Kopf kommt, wenn ich an den bevorstehenden Evangelischen Kirchentag in Hannover denke. Neugierde, was die Glaubensgeschwister der evangelischen Kirchen auf die Beine stellen werden, wie sie debattieren, wie sie beten in diesem Mai in der Messestadt Hannover. Denn auch wenn ich immer wieder zu hören bekomme, dass konfessionelle Unterschiede selbst Christinnen und Christen kaum noch vermittelbar seien und dass wir angesichts der schrumpfenden Zahl der Gläubigen enger zusammenrücken müssten: Wir wissen oft erstaunlich wenig voneinander, auch wenn wir die gleichen Probleme haben. Und über 500 Jahre Geschichte, in der sich die Konfessionen selbst fanden und eine eigene Identität ausprägten, oft auch in starker Abgrenzung zueinander, wischt man nicht einfach beiseite. Und soll es auch gar nicht: Was für ein Verlust wäre eine allgemeine Gleichmacherei. Wenn Katholiken nicht mehr katholisch sein sollen und Protestanten nicht mehr evangelisch, wie langweilig wäre unser Christentum! Und da ist noch nicht mal eingepreist, wie viele verschiedene Ideen von Kirche eigentlich sich hinter dem Sammelbegriff „evangelisch“ verbergen...
Deshalb: Auf nach Hannover, es gibt viel zu entdecken! Die Kirche(n) in all ihrer Vielfalt, in all ihren Gemeinsamkeiten und all ihren Unterschieden präsentieren sich, debattieren und beten gemeinsam in der alten Messestadt. Dabei feiern wir, dass das Christentum keine vernachlässigbare Größe in der Gesellschaft ist und wir allen Abgesängen zum Trotz weiterhin den Auftrag haben, Sauerteig zu sein. Und falls dieser Sauerteig auf zwei Beinen einmal die Orientierung verlieren sollte, oder falls er daheim bleiben muss, so hilft die vorliegende Ausgabe von weit! – nun ja – weiter, eben über das immer Gleiche hinaus. Das ist unser Anspruch. Seien Sie dabei in Hannover. Wir sehen uns!
Zum Titelmotiv: 80000 blaue Schals. So viele wurden vor 20 Jahren beim Evangelischen Kirchentag in Hannover ausgegeben. Sie sollten ein Bewusstsein für den Klimaschutz schaffen. Ganz so viele reckten sich beim Abschlussgottesdienst vielleicht nicht in den strahlend blauen Himmel, aber bei 105000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern damals: Wer weiß? 20 Jahre später kehrt der Evangelische Kirchentag zurück an den Ort, wo er schon 1983 stattfand und wo 1949 mit der Deutschen Evangelischen Woche alles begann: in die niedersächsische Metropole Hannover. Und wieder rechnen die Veranstalter mit 100000 Menschen, zu Gebet, Gesang und Diskussion.