Zum Abschied von Kardinal Christoph SchönbornVergelt’s Gott, Eminenz!

Kurz vor seinem 80. Geburtstag wird am Samstag kommender Woche (18. Januar) Kardinal Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien verabschiedet. Er hat eine Ära geprägt, kommentiert Franz Lackner.

Portrait Kardinal Christoph Schönborn

Das 20. Jahrhundert brachte für die Kirche auf der ganzen Welt eine bis dato ungekannte Fülle an Neuerungen und Aktualisierungen. Sie öffnete sich einer veränderten und sich weiter verändernden Welt, sie konfrontierte sich mit dem Verhältnis von Glauben und Gewissensfreiheit, von Tradition und Heute, von Hierarchie und Gemeinschaft. In ganz neuem Verständnis hat sie sich angeschickt, die „katholische“ Kirche zu werden.

In der nachkonziliaren Ära ragen in Österreich zwei Gestalten besonders heraus – Franz Kardinal König und, an der Wende zum neuen Jahrtausend, Christoph Kardinal Schönborn. Ihn wird man mit Recht eine prägende Figur der jüngeren österreichischen Kirchengeschichte nennen können. Alle Weichenstellungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert hat er mitgestaltet und mitbegleitet. Er war als Sekretär der Katechismuskommission direkt an der Neufassung des Weltkatechismus unter Joseph Kardinal Ratzinger beteiligt. Seine Nähe zu Rom und den Päpsten seit Johannes Paul II. zeigte sich nicht nur in den wiederholten Papstbesuchen zwischen 1983 und 2007. Prägend wirkte er während der Familiensynode, wo er das Prinzip der Gradualität zur Bewertung von moralischen Fragestellungen bekräftigte. Österreich wurde durch ihn auf weltkirchlicher Ebene gut vertreten und wird es in seinen kommenden Aufgaben auch bleiben.

Mit dem Mitteleuropäischen Katholikentag, den er initiierte, gelang ihm an der Schwelle zur EU-Erweiterung ein starkes Zeichen für die Verbundenheit der Nachfolgestaaten der Habsburger-Monarchie. Besonderes Anliegen war dem Kardinal die Mission, die Neuevangelisierung im Hier und Heute, die er auf vielfache Weise gefördert hat. Sein Herz schlägt als Dominikaner freilich für das Verkündigen; sein franziskanischer Anteil – so erlaube ich mir zu sagen – ist aber besonders auch den Armen zugetan. Das menschenfreundliche Antlitz Gottes, auf das auch sein Wahlspruch Bezug nimmt, bleibt in seinem Wirken sichtbar.

Das Ruder der Erzdiözese Wien hat Kardinal Schönborn in Zeiten einer großen Krise übernommen. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz Österreichs gelang es ihm, den Kurs durch alle Wirren hindurch zu halten. Der Kardinal hat dabei nichts verschwiegen, er stand und steht auch zu den Versäumnissen, besonders in Bezug auf den Missbrauch durch Vertreter der Kirche, den er entschieden aufarbeiten ließ. Er hat die kritische Selbstbetrachtung als Mensch wie als Bischof nicht gescheut, und hat so wesentlich dazu beigetragen, dass auch die Kirche als Ganzes sich dem eigenen Versagen zu stellen vermag.

Ich darf mich nun schon lange seinen Mitbruder im Bischofsamt nennen. Auch die Nachfolge an der Spitze der Bischofskonferenz durfte ich antreten. Obgleich wir uns aber nun schon lange kennen, spreche ich ihn immer wieder gerne mit jenem Titel an, den Amt und Tradition ihm zugestehen – es ist etwas an ihm, das ich „Eminenz“ nennen will. Er kann auf ein langes und erfülltes – und gewiss für ihn auch erfüllendes – Wirken zurückblicken, nun da er seinen Abschied als Erzbischof von Wien nimmt.

Mir bleibt, ihm namens der Kirche Österreichs und meiner selbst den tiefsten und herzlichsten Dank auszusprechen und ihm den reichen Segen des Allmächtigen zu wünschen für alle kommenden Jahre und Dienste.

Vergelt’s Gott, Eminenz!

 

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