Zwei Wochen ist es her, dass Papst Franziskus in die Klinik gekommen ist. Dass es diesmal anders, ernster sein könnte, wurde erst allmählich deutlich. Schließlich gehören Krankheit und zunehmende Hinfälligkeit schon seit längerem zu seinem Pontifikat. Man hat sich schlicht daran gewöhnt, dass Papst-Termine wegen Grippe, Fieber und Bronchitis ausfallen. Immer wieder ließ Franziskus seine Ansprachen durch andere vortragen, weil ihm das Sprechen schwerfiel. Auf den Rollstuhl konnte er nur noch selten verzichten. Und zuletzt war auch von Stürzen zu hören (und deren Folgen zu sehen).
Vor dem Hintergrund dieser Krankengeschichte dauerte es eine Weile, bis die Öffentlichkeit begriff, dass die aktuelle Krise dramatischer ist als alles Bisherige. Polymikrobielle Infektion, beidseitige Lungenentzündung, beginnendes Nierenversagen – das ist kein harmloser Befund, insbesondere nicht für einen 88-Jährigen, der ohnehin gesundheitlich nicht gut beieinander ist und sich zudem kaum schonen will.
Inzwischen scheint der Ernst der Lage aber deutlich geworden. Entsprechend groß ist die Anteilnahme: Weltweit beten Gläubige für Franziskus und warten gespannt, wie das nächste ärztliche Bulletin ausfällt. Einige seiner „Mitbrüder“ tun sich indes unrühmlich hervor, indem sie ganz offen über den Rücktritt oder gar schon über mögliche Nachfolger des Papstes spekulieren. Da scheinen sich manche bereits in Stellung bringen zu wollen. Das gehört sich nicht!
Abwarten, beten, bangen – und hoffen, dass Franziskus in den Vatikan zurückkehren kann. DAS ist jetzt geboten. So hat unser Autor Andreas R. Batlogg in seinem Blog treffend geschrieben. Oder, wie es „Wir sind Kirche“ formuliert hat: Beten wir für den Papst, „damit dieser mit seiner unglaublichen Energie, die er in den letzten zwölf Jahren bewiesen hat, und mit seinem Charisma die römisch-katholische Weltkirche noch möglichst lange erneuern kann“.
Dass genau dies möglich ist, darauf dürfen wir vertrauen. Papst Franziskus ist in den besten Händen. Und er hat ein ums andere Mal gezeigt, dass er noch etwas vorhat. Das Heilige Jahr etwa ist ihm wichtig. Er sieht darin gleichermaßen die Chance zur Evangelisierung wie zur Transformation seiner Kirche hin zu einer synodalen Gestalt (vgl. S. 3). Und nicht zuletzt ist ja bekannt, wie sehr ihm Begegnungen mit Menschen neue Stärke verleihen.
Indem ich all das reflektiere, fällt mir auf, wie viele Menschen mich auf den Zustand von Papst Franziskus angesprochen haben. Darunter waren etliche, die sich normalerweise nicht für Kirche und Christentum interessieren. Spüren sie, dass es hier um einen geht, der außerhalb aller politischen Ränkespiele steht? Die ganze Welt ist ja gerade in Aufruhr, und einzig die Macht des Stärkeren scheint dabei ausschlaggebend. Aber wir blicken auf ein schmuckloses Klinikhochhaus – was für ein Signal!
Giovanni di Lorenzo, der Chefredakteur der ZEIT, hat einmal erzählt, was das Ende des Pontifikats von Johannes Paul II. mit ihm gemacht hat. „Wir zündeten Kerzen an und verharrten in Andacht. In diesem Moment fühlte ich mich ganz und gar eins mit meiner Kirche. Das Gefühl war: Nicht wir waren ihm, dem Papst, im Sterben nahe, sondern der Papst war sterbend bei uns.“
So weit ist es hoffentlich noch lange nicht. Aber es kann schon jetzt tröstlich sein, diesen Gedanken zuzulassen.