Den „Star“-Kult hat nicht erst das Christentum erfunden. Bereits in den antiken heidnischen Welten wurden Heroen und Herrscher in den Glanz des „Sternen“-Himmels erhoben, vergöttlicht und verehrt. Manche hatten nur eine kurze Halbwertszeit, bis neue Helden sie und ihre Statuen stürzten. Die frühe Christentumsgeschichte ging in gewisser Weise „sparsam“ mit Heiligen um, weil hyperinflationär. Gemäß der neutestamentlichen Literatur sind alle, die als Getaufte Christus nachfolgen, Heilige Gottes. Besondere Heilige waren später die, die ihr Leben für Christus als den alleinigen Herrn der Welt hingaben. Diese Blutzeugen sind nicht bloß Geschichte. Es gibt sie wieder, zum Beispiel wo radikale Muslime Terror gegen „Ungläubige“ verbreiten. Aber diese heiligen Christen bleiben als Opfer für uns meistens namenlos. Von ihnen spricht man hierzulande politisch und diplomatisch korrekt lieber nicht, um nur ja nicht das harmonische „multikulturelle“ Zusammenleben zu trüben.
Hingegen wurde - wie vieles aus der Religion - auch die Heiligsprechung säkularisiert. Die milliardenschwere Star-Unterhaltungsindustrie lebt davon, Tag für Tag neue Heilige auf die Bühne zu zaubern und dem Volk zur Huldigung anzupreisen. Das reißt sich um kaufkräftige Verehrung, gibt sich begeistert dem Reliquien- und Devotionalienkult um Produkte der Showgrößen hin. Fanshops bieten allerlei an.
Im Gegenzug scheint das auf die christliche Heiligenverehrung rückzuwirken, mit einer entsprechenden Bandbreite an Service. Wenn Millionen Pilger nun zur Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. nach Rom reisen, kann man beobachten, wie ein und dasselbe emotionale Grundbedürfnis nach „Anbetung“ sakral wie säkular nahezu identisch befriedigt wird. Eigentlich werden Heilige nicht wegen moralischer Überlegenheit, sondern wegen religiöser Lauterkeit und Überzeugungkraft „zur Ehre der Altäre“ erhoben und somit für verehrungswürdig, „anrufbar“ erklärt - als Fürsprecher bei Gott. Nur ist das einstige magische Modell der Gottesanrufung über Vermittler für ein modernes Glaubensbewusstsein in entmythologisierten Zeiten nicht mehr tragfähig. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf äußerte sich skeptisch über zu viele neue Heilige. Bereits jeder zweite Papst werde heiliggesprochen. Wenn die Kirche das „wandernde Gottesvolk“ sei, müsste dies bedeuten - so Wolf -, „auch jeden zweiten katholischen Arbeiter heiligzusprechen“. Vermutlich sind die aufklärerischen Zweifler an der Zeitgemäßheit solcher kanonischer Akte dem biblischen Glauben am nächsten. Denn dieser unterscheidet nicht zwischen Griechen oder Juden, Beschnittenen oder Unbeschnittenen, Fremden, Skythen, Sklaven oder Freien, weil Christus alles ist und in allen: „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen.“ Nicht mehr, nicht weniger.