DebatteDarf man homosexuelle Paare segnen?

Seit der Vatikan in seinem "responsum ad dubium" die Segnung homosexueller Paare verboten hat, tobt ein Streit in der katholischen Kirche. Oft wird sehr emotional argumentiert. Doch welche theologischen Standpunkte gibt es? Wir haben bei Exegeten nachgefragt.

Ja

Ein Gutes hat das responsum der Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare: Es enthält keine Bibelverweise und täuscht damit keine biblische Begründung vor. Dabei ist klar, dass die Bibel Homosexualität ablehnt. Aber sie tut es eben unter Voraussetzungen, die heute nicht mehr gelten. Das Thema begegnet nur an wenigen Stellen, etwa in Levitikus 20,13: „Und wenn jemand mit einem Mann schläft, wie man mit einer Frau schläft, so haben beide einen Greuel verübt. Sie müssen getötet werden, auf ihnen lastet Blutschuld.“ (vgl. auch Levitikus 18,22) Im Blick sind nur homosexuelle Beziehungen unter Männern, die im Kontext einer Reihe von Inzestverboten untersagt werden. Dabei gelten nicht nur sexuelle Beziehungen mit engen Verwandten, sondern auch mit verschwägerten Frauen als inzestuös.

Im Ganzen geht es um den Schutz der patriarchalen Sozialstruktur der altorientalischen Großfamilie, in der Männer und Frauen ihren festen Platz haben. Von der mehr oder weniger ausgeprägten sexuellen Orientierung eines Menschen weiß die Bibel nichts. Sie muss aber berücksichtigt werden, wenn es auf heutigem Kenntnisstand um die Frage nach theologisch anerkannten Familienmodellen geht. Dazu trägt auch Paulus mit seinen Äußerungen zur Homosexualität nichts bei (vgl. Römer 1,25–27). Für ihn folgen verkehrte Sexualbeziehungen aus einer verkehrten Gottesbeziehung, die den einen wahren Gott nicht anerkennt. Darin kommt eine Verachtung der Frömmigkeit und Lebenspraxis von Nichtjuden und Nichtchristen zum Ausdruck, die heutige Theologie als gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit ablehnen muss. Ein Segen liegt darauf nämlich nicht.

Prof. Dr. Wilfried Eisele lehrt an der Eberhard Karls Universität Tübingen. (Foto: privat)

Wilfried Eisele

Nein

Das Nein zur Segnung homosexueller Partnerschaften besitzt eine solide biblische Grundlage und naturrechtlich geprägte jüdisch-christliche Wirkungsgeschichte von Genesis 1,27-28 kombiniert mit Genesis 2,24. Daraus entwickelt sich bereits im Judentum eine Art naturrechtliche Begründung ehelicher Liebe. Dies wird auch in Markus 10 vorgenommen, wo eine der Qumran-Tradition nahe vormarkinische Tradition verarbeitet wird. Jesus bekräftigt dort die Unauflöslichkeit der Ehe. Die Kombination der Schriftstellen umreißt präzise, wie der von Gott gesegnete Eros aussieht: Genesis 1,27 bezieht sich auf Fruchtbarkeit, 2,24 auf Heterosexualität, Treue und Unauflöslichkeit.

Es gibt ausgehend von diesen Kernaussagen keine biblische Grundlage für die Segnung homosexueller Partnerschaften und es besteht auch keine bundestheologische Grundlage: Gott heiligt die menschliche Liebe, indem er sie als Bund stiftet, mit dem in der Bibel stets ein Zeichen, eine Opferhandlung und ein Gesetz einhergehen. Beim Ehebund besteht das Zeichen im Eheband, das durch die geschlossene und vollzogene Ehe der Gatten entsteht. Das Opfer ist der eheliche Akt, durch den der Bund stets erneuert wird. Das Gesetz besteht in der oben aufgeführten Fruchtbarkeit, Heterosexualität, Treue und Unauflöslichkeit. Wo nicht alle Elemente erfüllt sind, kann kein Bund geschlossen werden. Darüber hinaus gibt es keine biblische Grundlage für andere Formen sexueller Beziehung, die von Gott gesegnet werden. Es geht um die Stärkung des Ehebundes, nicht um Diskriminierung jener, die durch das Raster fallen. Das betrifft nicht nur aktive Homosexuelle, sondern auch unverheiratete Heterosexuelle, wiederverheiratete Geschiedene und andere.

Dr. Margarete Strauss ist Publizistin und bietet theologische Online-Kurse an. (Foto: privat)

Margarete Strauss

 
 
 
 
 
 
 
 

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