Die sogenannte Euro-Krise ist mehr als ein Problem überschuldeter Finanzhaushalte einzelner Staaten wie Griechenland, Irland, Spanien oder Portugal. Sie ist eine Krise des Vertrauens in die Stabilität unseres Wirtschafts- und Geldsystems. Es ist absehbar, dass der europäische Rettungsschirm, der bisher 750 Milliarden Euro beträgt, erweitert werden muss. Auch in den Vereinigten Staaten hat Finanzminister Timothy Geithner aktuell die Möglichkeit einer Staatspleite ins Gespräch gebracht. Die Verschuldung beträgt dort 10,7 Billionen Euro, eine kaum noch vorstellbare Summe. Die deutsche Staatsverschuldung ist zum Jahresbeginn 2011 auf fast 1,9 Billionen Euro gestiegen, das sind 23100 Euro pro Kopf. Die Neuverschuldung wächst nach Informationen des Bundes der Steuerzahler derzeit um 3500 Euro pro Sekunde.
Wir leben deutlich über unsere Verhältnisse. Die Aufnahme von Schulden, die nach der Wirtschaftstheorie des bedeutenden Ökonomen John Maynard Keynes (1883-1946) gerechtfertigt ist, um Konjunkturschwächen zu überwinden und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, ist zum Dauerzustand geworden. Dass das nicht endlos so weitergehen kann und es irgendwann zu einem Systembruch kommen muss, scheint offensichtlich. Wir leben auf Pump, verschieben Kosten und Risiken in die Zukunft und ermöglichen mit Hilfe der Politik des billigen Geldes einen Wohlstand, den andere bezahlen müssen.
Auf Pump
Bei aller Sorge um die Haushaltsdefizite sollte man jedoch nicht übersehen, dass in Deutschland durch schnelles und entschlossenes Handeln die schlimmsten Auswirkungen der Finanzkrise sehr gut bewältigt wurden. Ein systemischer Kollaps ist nicht eingetreten. Die Wirtschaft hat sich bemerkenswert schnell erholt. Der Arbeitsmarkt wächst. Manche sprechen schon von einem neuen deutschen Wirtschaftswunder. Auch Griechenland hat einen vergleichsweise strengen Sparkurs durchgesetzt. In der Europäischen Union werden vermehrt Stimmen laut, die eine stärkere Haushaltsdisziplin und eine neue Architektur der Finanzmärkte fordern.
Welche ethischen Schlussfolgerungen aus der Überschuldung zu ziehen sind, ist keineswegs leicht zu beantworten. Es ist wohl kaum möglich, abrupt aus der Art von Geldpolitik, wie wir sie seit Jahrzehnten weltweit betreiben, auszusteigen: Das würde die Konjunktur abwürgen, in der Folge die Schulden möglicherweise nur noch mehr in die Höhe treiben und bessere Chancen auf Rückzahlung keineswegs garantieren. Trotz und teilweise gerade wegen der Krise sind Investitionen nötig - etwa in neue Technologien, Klimaschutz, Bildung, Gesundheit oder soziale Integration. Wir müssen zugleich klug sparen und klug investieren. Gute Finanzpolitik in Zeiten der Krise scheint der Quadratur des Kreises zu gleichen.
Die Finanzkrise hat die alte Diskussion um das Zinsverbot wiederbelebt. Biblisch grundgelegt ist die Skepsis gegenüber dem Zins- und Kreditwesen im alttestamentlichen Buch Deuteronomium (23,20): „Du sollst von deinem Bruder nicht Zinsen nehmen, weder für Geld noch für Speise noch für alles, wofür man Zinsen nehmen kann." Das Zinsverbot war in der katholischen Kirche bis 1830 in Geltung. Es findet sich ähnlich auch im Koran (Sure 2) und wird in muslimischen Gemeinschaften teilweise bis heute praktiziert.
Ein zinsfreies Geldsystem wäre ein Gegenmodell zum Wachstumszwang, der dem gegenwärtigen System innewohnt und von vielen als Widerspruch zu einer langfristig tragfähigen und damit generationengerechten Wirtschaft angesehen wird. So tritt beispielsweise der Theologe Thomas Ruster für einen negativen Zins ein. Demnach müsste man für Geldbesitz eine Gebühr entrichten. Dies motiviere dazu, Geld in Umlauf zu bringen. Einige Regionalwährungen, die die lokale Wirtschaft unterstützen wollen, wie zum Beispiel „der Chiemgauer", setzen dies in die Praxis um.
Warum Zinsen?
Die Ursache der aktuellen Krise ist jedoch nicht das Zinssystem als solches, sondern die Einführung neuer Finanzprodukte, die Gewinnmöglichkeiten in hohem Maße von der unternehmerischen Wertschöpfung loskoppeln. Hier braucht es Regeln, die das Angebot an Geld so kontrollieren, dass sowohl Inflation als auch Deflation vermieden werden und Geld durch realwirtschaftliche Innovationen in Wert gesetzt wird. Die Aufhebung des Zinsverbotes lässt sich sachlich damit begründen, dass Zins in der modernen Wirtschaft eine veränderte Funktion hat. Es handelt sich in der Regel nicht um Konsumdarlehen und Gebühren, die eine Notlage ausnutzen, worauf das biblische Verbot zielt, sondern um Investitionsdarlehen und einen Ausgleich für die elastische Versorgung der Akteure mit Geld, ohne die modernes Wirtschaften nicht möglich wäre. Der Zins hat heute eine dreifache Funktion: Er ist Ausgleich für das Risiko, falls der andere das überlassene Geld nicht zurückzahlt; er ermöglicht Gewinnbeteiligung sowie Entschädigung für den Verzicht auf andere Nutzungsmöglichkeiten des Geldes; und schließlich lenkt ein Mindestzins, den die Zentralbanken festlegen und mit dessen Hilfe sie Konjunkturschwankungen der Wirtschaft ausgleichen können, die Wirtschaft.
Eine generelle Skepsis gegenüber dem Zinssystem und der damit verbundenen Geldpolitik ist vor diesem Hintergrund ethisch nicht angemessen. Geld dient zum Ansparen von künftigen Handlungsmöglichkeiten. Es ist geprägte Freiheit, wie der Philosoph und Soziologe Georg Simmel (1858-1918) betonte. Theologische Kritik ist erst dann angebracht, wenn Geld zum sinnstiftenden Medium und die Logik beliebiger Tauschbarkeit zum Weltbild wird. Dann wird das Geld zum Mammon, dem man nicht zugleich mit Gott dienen kann (Mt 6,24). Es wäre jedoch ein Kategorienfehler, wenn man aus der Kultkritik am „Tanz ums Goldene Kalb" (Ex 32) ein fertiges Urteil über alle Geldangelegenheiten ableiten wollte. Theologie entbindet nicht von den Ansprüchen einer sachlich differenzierten Auseinandersetzung.
Politische Weichenstellungen zur Stärkung der Finanzbranche nahmen Ende der siebziger Jahre in Großbritannien und den Vereinigten Staaten ihren Anfang. Ziel waren Wachstumsimpulse zur Überwindung von Verschuldung und Inflation. Durch mangelnde Koordination sowie durch die mittels neuer Kommunikationstechniken verdichtete Internationalisierung der Märkte gerieten nationale Regelungen immer mehr unter Druck. Seit den neunziger Jahren wurden die Regelungen für den Finanzmarkt Schritt für Schritt gelockert. Das Bankgeschäft wurde zur Finanzindustrie, die Geld mit Blick auf unterschiedliche Gewinnerwartungen wie eine Ware handelt. Die Wirtschaft wurde auf schnelle Gewinnmaximierung getrimmt. Zwischen 1980 und 2007 nahmen die täglichen globalen Finanztransfers von 62 auf knapp 3500 Milliarden US-Dollar zu. Es entstand ein signifikantes Übergewicht der Geldwirtschaft über die sogenannte Realwirtschaft. Problematisch wird dies dann, wenn die Geldmärkte, statt der Dynamik unternehmerischer Wertschöpfung zu dienen, diese umgekehrt in ihre teilweise ganz anders geartete, abstrakte, schnelllebige und „virtuelle" Logik des shareholder values, des Aktionärswerts, zwingen.
Die Finanzmärkte reformieren
Die gewaltigen Geldströme, die täglich den Globus umkreisen, prägen insbesondere seit Mitte der neunziger Jahre die Wirtschaft und damit die Lebenschancen unzähliger Menschen. Das hohe Tempo weltweiter Innovationen wurde durch sie ermöglicht. Zugleich sind die systemischen Risiken gestiegen. Aufgrund dieser positiven Rückkoppelungen zwischen den Akteurserwartungen neigt das System zu einer instabilen Dynamik von boom and bust, also von Aufschwung und Wirtschaftskrise. Die aktuelle Finanzkrise hat sich in mehreren Vorläufern lange angebahnt, so etwa 1992/93 in Skandinavien, 1994/95 in Mexiko, 1997/98 in Asien, aber auch durch die New-Economy-Krise 2000 und die US-Immobilienkrise 2008, die sich zur weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ausweitete. Die Instabilität der Finanzmärkte und damit auch der Wirtschaft ist das Ergebnis von Strukturen, die in den beiden vergangenen Jahrzehnten systematisch geschaffen wurden. Sie ist also nicht einfach Schicksal, sondern ethisch-politisch zu verantworten. Eine grundlegende Reform der finanzwirtschaftlichen Regelsysteme ist notwendig, wenn wir nicht sehr bald wieder in eine ähnliche Krise geraten wollen. Bisher wurde eine Reform nur versprochen, aber nicht umgesetzt.
Vertreter der christlichen Sozialethik haben seit langem auf Risiken des Finanzsektors hingewiesen. Schon die Sozialenzyklika „Quadragesimo anno" (1931), die als Reaktion auf die damalige Weltwirtschaftskrise entstand, legte den Finger in die Wunde. Ein Hauptautor war der Jesuit Oswald von Nell-Breuning (1890-1991), der 1928 seine Dissertation „Grundzüge der Börsenmoral" veröffentlicht hatte. „Am auffallendsten ist heute die geradezu ungeheure Zusammenballung nicht nur an Kapital, sondern an Macht und wirtschaftlicher Herrschgewalt in den Händen Einzelner, die sehr oft gar nicht Eigentümer, sondern Treuhänder oder Verwalter anvertrauten Gutes sind, über das sie mit geradezu unumschränkter Machtvollkommenheit verfügen… Mit dem Kredit beherrschen sie den Blutkreislauf des ganzen Wirtschaftskörpers; das Lebenselement der Wirtschaft ist derart unter ihrer Faust, dass niemand gegen ihr Geheiß auch nur zu atmen wagen kann" („Quadragesimo anno", Nr. 105f). Diese Diagnose einer mangelnden Balance der Macht im politisch-wirtschaftlichen Gefüge ist heute nach wie vor aktuell.
Gleichheit in Geben und Nehmen
Geld ist keine wertneutrale Größe, sondern aufgrund seines prägenden Einflusses auf nahezu alle Lebensbereiche mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden. In Kirche und Gesellschaft besteht erheblicher Bedarf an Bewusstseinsbildung hinsichtlich der ethischen Dimensionen des Geldes, die wegen seines „anonymen Charakters" häufig übersehen werden.
Gerechtigkeitstheoretisch lassen sich die ethischen Probleme der Finanzkrise sowie Kriterien zu ihrer Überwindung anhand der drei Grunddimensionen Legalgerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit sowie Tauschgerechtigkeit analysieren: Für das Verständnis der Finanzkrise hat das Moralversagen einzelner - Gier und Korruption - im Vergleich zu dem übergeordneten institutionellen Regelungsdefizit eine weniger starke Bedeutung. Die Legalgerechtigkeit erfordert einen starken Staat, der Transparenz ermöglicht und Finanztransaktionen wirksam kontrolliert. Finanzprodukte und Finanzmärkte, für die eine solche Kontrolle nicht garantiert werden kann, sind ethisch nicht zulässig. Einen neuen globalen Rechtsrahmen zur Sicherung des Gemeinwohls herzustellen, wird eine vorrangige wirtschaftspolitische Aufgabe der nächsten Jahre sein.
Im Schatten der Finanzkrise fanden und finden in Deutschland sowie in vielen anderen Ländern enorme Umverteilungen statt. Gewinne wurden privatisiert, Risiken kollektiviert. Systemrelevante Banken wurden mit öffentlichen Geldern abgesichert und fahren schon wieder Rekordgewinne ein, während sich der Staat gezwungen sieht, die entstandenen Defizite überproportional im Sozialbereich einzusparen. Entwicklungs- und Schwellenländer, deren Kreditwürdigkeit schwach ist, leiden besonders stark. Verteilungsgerechtigkeit erfordert im Finanzsystem, dass seine Umverteilungswirkungen kritisch analysiert und möglichst begrenzt werden. Dies gilt sowohl national wie international und ist auch auf die Verteilung von Chancen und Risiken zu beziehen.
Systematisch betrachtet ist die Finanzkrise vor allem ein Problem der Tauschgerechtigkeit, weil Zahlungssysteme zusammenbrachen und die Gleichwertigkeit von Geben und Nehmen in wirtschaftlichen Interaktionen nicht mehr gewährleistet ist. Durch den riesigen Wertverlust von Aktien werden Arbeitsplätze vernichtet und große Teile der Wirtschaft gelähmt. Viele Entwicklungsländer haben die faire Teilhabe an globalen Tauschmärkten und Kooperationszusammenhängen verloren. In den entstehenden Zwangslagen werden Immobilien, Unternehmen, Banken, Ackerland und Rohstoffe weit unter Wert verkauft. Tauschgerechtigkeit, also die Gleichheit von Geben und Nehmen, erfordert ein stabiles und transparentes Finanzsystem.
Was ist generationengerecht?
Generationengerechte Finanzpolitik muss sich in allen drei Dimensionen bewähren. Vorrangig braucht sie einen stabilen rechtlichen Rahmen. Sie darf künftige Generationen nicht durch Überschuldung sowie die Schwächung von Sozial- und Naturkapital belasten. Als zentrales Tauschmedium soll sie wirtschaftliche Entfaltung, Kooperation und Teilhabe möglichst vieler ermöglichen und so zu einer dynamischen Größe der Gerechtigkeit werden.
Die Finanzkrise berührt grundsätzliche Fragen nach unserem Leitbild von Wohlstand. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem einseitig auf Gütermengen und Gewinne ausgerichteten Wirtschaftsverständnis, so dass soziale und ökologische Dimensionen von Lebensqualität, die sich häufig nicht unmittelbar in Geldwerten ausdrücken lassen, aus dem Blick geraten. Außerdem werden so die Kosten des Wirtschaftens auf andere, über die Zeit hinweg insbesondere auf nachrückende Generationen, verlagert. Wirtschaftlicher Erfolg ist an einem umfassenden und langfristigen Verständnis von Wohlstand der beteiligten Akteure zu messen. Die herkömmliche Messgröße, der Bruttoinlandsindex, der einseitig in Geld messbare Werte bei der Wahrnehmung bevorzugt, ist durch den sogenannten Index of Sustainable Economic Welfare, der Nachhaltigkeitsfaktoren wie Ressourcenqualität oder Bildung mit einbezieht, zumindest zu ergänzen. Der spezifische Beitrag der Kirchen zur Überwindung der Finanzkrise besteht insbesondere darin, auf solche grundlegenden ethisch-kulturellen Zusammenhänge hinzuweisen. „Ohne einen Kulturwandel haben wir keine Chance auf eine dauerhaft positive Entwicklung", fasst der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Alois Glück zusammen.
Goldene Regeln
Es wäre verfehlt, die Finanzkrise ausschließlich als Beispiel für Knappheit zu deuten und durch drakonische Sparmaßnahmen überwinden zu wollen. Es geht darum, den Investitionen eine neue Richtung und ein kontrollfähiges Maß zu geben, damit die Finanzwirtschaft der Realwirtschaft dient, statt diese in den Bann von Spekulationen zu ziehen. Ein wichtiger Schritt in Richtung generationengerechtes Wirtschaften sind die „goldenen Regeln zur Haushaltskonsolidierung", die 2009 im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (S. 19-21) formuliert wurden. Darüber hinaus muss das Finanzsystem fehlerfreundlicher gestaltet werden, insbesondere die Refinanzierungsmechanismen. Hierzu zählt auch, das Risiko durch Erhöhung des Eigenkapitals zu vermindern, selbst wenn dadurch die Eigenkapitalrendite, welche die Rentabilität des Unternehmens bestimmt, sinkt. Unabhängige Ratingagenturen, die die Kreditwürdigkeit bewerten, sowie eine Art TÜV für neue Finanzprodukte sind naheliegende Maßnahmen.
Über die risikobegrenzenden Maßnahmen hinaus brauchen wir finanz- und wirtschaftspolitische Reformen, die im Dienst von Klimaschutz, Ernährungssicherung sowie Bildung, Arbeit und Gesundheit stehen, damit die Knappheiten von heute zu Innovationsmärkten von morgen werden. Dabei müssen die Einzelmaßnahmen in ein langfristiges Konzept eingebettet, aufeinander abgestimmt und konsequent umgesetzt werden. Als Leitbild hierfür bietet sich die Einführung einer „Ökosozialen Marktwirtschaft" auf Weltebene an. Ohne diese ist eine generationengerechte Finanz- und Wirtschaftspolitik letztlich nicht möglich.
Zukunftsfähiges Wachstum
Die Finanzmärkte sind Teil eines komplexen wirtschaftlichen Geschehens, das als Ganzes Werte und Wohlstand erzeugt oder vernichtet. Deshalb ist das an Kapitalmärkten erwirtschaftete Einkommen keine Privatangelegenheit, nicht allein Wertschöpfung, sondern Gewinnabschöpfung und folglich gemeinwohlpflichtig. So ruft selbst der erfolgreiche Spekulant Waren Buffet nach höherer Besteuerung von Kapital, weil dieses nicht allein durch individuelle Leistung zustande komme, sondern auch durch Zufall und bestimmte Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung. Die nicht nur von vielen Vertretern der Kirchen, sondern auch von Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel zunächst befürwortete und dann doch fallengelassene Forderung nach einer Transaktionssteuer für die Finanzmärkte darf nicht endgültig vom Tisch gewischt werden. Die Faktoren Arbeit, Energie (Rohstoffe) und Kapital sollten möglichst ausgewogen und entsprechend ihrer Wertschöpfungskapazitäten zur Finanzierung von öffentlichen Aufgaben herangezogen werden.
Die Kunst, mit Geld umzugehen, liegt in der Verbindung von Disziplin im Sparen und Mut im Investieren - zugunsten von Menschen und Prozessen, die Zukunft erschließen. Die einseitige Dominanz der Kapitalmarktlogik hat in vielen Bereichen dazu geführt, dass wir seit Jahrzehnten trotz hoher Wachstumsraten auf Kosten der Zukunft wirtschaften. Wenn die Finanzkrise als Anlass für eine Überwindung dieser Schieflage dient, wird sie sich im Nachhinein als heilsame „Ent-Täuschung" erweisen, als Ende der Täuschung, dass eine Wirtschaft, die sich Geld und andere Formen des Kapitals von künftigen Generationen leiht, dauerhaft stabil sein kann. Die Finanzkrise hat eindrücklich gezeigt, dass ein Großteil dessen, was wir scheinbar materiell-handfest „Kapital" nennen, etwas höchst Immaterielles und Zerbrechliches ist. Die wichtigste Form des Kapitals ist Vertrauen.