Immer wieder ist in letzter Zeit die Nähe des deutschen Katholizismus zu den Positionen der Grünen aufgefallen, zuletzt insbesondere in der Migrationspolitik. "Viele Überschneidungen mit kirchlichen Positionen" konstatierte im Januar katholisch.de, das "Nachrichtenportal der katholischen Kirche in Deutschland". Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken vertrete eine "wohlfeile rot-grüne Gesinnungsethik" kommentierte im Februar Daniel Deckers kritisch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", nachdem die Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche beim Bund kurz vor der Wahl in aufsehenerregender Form in die migrationspolitische Debatte eingegriffen hatten.
In einer wichtigen Frage gibt es jedoch einen fundamentalen Dissens mit den Grünen, der gerade noch einmal deutlich geworden ist. Die Grünen wollen eine weitere Liberalisierung des Abtreibungsrechts – die deutschen Bischöfe und das Zentralkomitee sind dagegen.
Das Thema ist den Grünen offenbar so wichtig, dass sie erneut versucht haben, es im letzten Augenblick auf die Agenda des deutschen Parlaments in seiner bisherigen Zusammensetzung zu setzen. Dass nun Sondersitzungen des "alten" Bundestags stattfinden, weil Rot und Schwarz hoffen, dort eine Zweidrittelmehrheit für eine Reform der Schuldenbremse zusammenzubekommen, wollten die Grünen nutzen, um doch noch ein "Gesetz zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs" zur Abstimmung im Plenum des Bundestags zu bringen. Das Vorhaben ist heute daran gescheitert, dass die Vertreter von Union, FDP und AfD im Rechtsausschuss des Bundestags dafür gestimmt haben, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen.
Katholische Verantwortliche, denen das Thema am Herzen liegt, sollten den Vorgang nicht vergessen. In dieser grundlegenden bioethischen Frage sind die Grünen keine Alliierten, sondern Gegner.