Die ÜberlebensfrageNach der Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda

Mitgliederschwund der Kirche: Gibt’s Ideen, was man da machen kann? Die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz antwortet auf eine diesbezügliche Frage, man sei angesichts zurückgehender Einnahmen gezwungen, die Finanzplanung anzupassen. Ist das alles?

Abschluss-Pressekonferenz der Herbst-Vollversammlung in Fulda mit Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und Dr. Beate Gilles, Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz.
© Deutsche Bischofskonferenz/Marko Orlovic

Abschluss-Pressekonferenz zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Fulda. Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, berichtet über eine Vielzahl von Themen, über die die katholischen Oberhirten bei ihrem Treffen gesprochen haben: Eine Erklärung zur Polizeiseelsorge wurde erarbeitet. Im kommenden Jahr will man sich verstärkt der Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen widmen. Das 10-jährige Jubiläum des päpstlichen Umweltschreibens "Laudato si" soll gewürdigt werden. Internationale Konflikte haben die Bischöfe genauso beschäftigt wie die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Die Journalisten stellen Rückfragen zu politischen Themen: Umgang mit der AfD, Positionierung in Sachen Migration und Asyl.

Da meldet sich ein Journalist von Sat.1 und fragt ganz unbefangen, ob man denn angesichts des Mitgliederschwunds darüber gesprochen habe, "wie man den Trend umkehren oder zumindest aufhalten kann". Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, soll die Frage beantworten. Mehr Kirchenaustritte, erklärt Gilles, das bedeutet weniger Geld für die katholischen Bistümer. Sie referiert, wie sich die knapper werdenden finanziellen Mittel auswirken, speziell auf die Aktivitäten der Bischofskonferenz mit ihrem Sekretariat in Bonn und den angeschlossenen Arbeitsstellen. Moment, was war noch mal die Frage?

Säkularität als schicksalhafte Naturgewalt?

Tatsächlich haben die Bischöfe ausführlich über das Thema Kirchenaustritte beraten, und zwar vor einem halben Jahr bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Augsburg. Da stand die KMU auf der Tagesordnung, die mit der evangelischen Kirche gemeinsam in Auftrag gegebene Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Spätestens seitdem haben die Bischöfe die ernüchternden religionssoziologischen Analysen fest verinnerlicht. Davon zeugte Bätzings Predigt beim Eröffnungsgottesdienst der Fuldaer Versammlung. "Die Säkularität in unserer Gesellschaft ist weit fortgeschritten", konstatierte der Limburger Bischof. Und fuhr fort: "Immer noch argumentieren wir, die Menschen hätten in ihrem tiefsten Inneren doch eine Sehnsucht nach Gott, sie seien suchend unterwegs. Tatsache aber ist, dass den meisten nichts fehlt, wenn sie ohne Religion und Glauben ihr Leben gestalten. Sie tun es in aller Regel verantwortungsvoll, mit Respekt für andere und engagiert." Trotzdem dürfe "die Rede von Gott nicht verstummen".

Auch wenn die Säkularität wie eine schicksalhafte Naturgewalt erscheint, auf die man sich eben einstellen muss – Stichwort Finanzplanung – gilt der Auftrag zur Verkündigung also weiterhin.

Bätzing transponierte diesen Auftrag in seiner Predigt ins Soziale: "Konkret durchbuchstabiertes Zeugnis für Gott und seine Herrschaft" sei es, wenn Christen sich "im gesellschaftlichen Diskurs äußern und Positionen einbringen in die Debatten um Krieg und Frieden, Migration und Fluchtursachen, um Schöpfungsverantwortung und Nachhaltigkeit, um das Recht ungeborener Kinder auf Leben".

Beantwortet das die Frage des Redakteurs vom Privatfernsehen? Der hatte wissen wollen, ob man es in der Bischofskonferenz Ideen zur Trendumkehr bei der Entwicklung der Mitgliedschaft gibt. Haben kirchliche Beiträge zum "gesellschaftlichen Diskurs" diesbezüglich einen Effekt? Und kommt man angesichts der umfangreichen Tagesordnung bei Bischofstreffen eigentlich noch dazu, die Überlebensfrage zu stellen?

Derzeit stehen wieder Infozelte der deutschen Gewerkschaften, die ebenfalls mit einem Mitgliederrückgang zu kämpfen haben, in den Fußgängerzonen; Mitarbeiter sprechen Passanten an. Das mag nicht besonders einfallsreich sein, aber immerhin weiß man noch, was eine Gewerkschaft ist, wofür sie gut ist, und will Menschen davon überzeugen, sich anzuschließen.

Mein Kollege Paul-Henri Campbell schrieb gestern von einer "nicht eingestandenen Stimmung" bei kirchlichen Verantwortlichen, "dass der Zenit überschritten ist". Campbell vermisst den "Willen zum frischen Wurf", eine "die religiöse Imagination und Sehnsucht nicht nur ansprechende, sondern beseelende Erzählung dessen, was katholisches Christentum ist und in welche Herrlichkeit sie schaut".

Derzeit stehen wieder Infozelte der deutschen Gewerkschaften, die ebenfalls mit einem Mitgliederrückgang zu kämpfen haben, in den Fußgängerzonen; Mitarbeiter sprechen Passanten an. Das mag nicht besonders einfallsreich sein, aber immerhin weiß man noch, was eine Gewerkschaft ist, wofür sie gut ist, und will Menschen davon überzeugen, sich anzuschließen.

Es gibt Orte, an denen die Kirche mit Gottes Gnade wächst und blüht. Es gibt Ideen, von denen man lernen kann. Überlieferung des Glaubens ist eine "aktive, bewusste Weitergabe", sonst bleiben am Ende nur Ruinen ohne Bedeutung. Papst Franziskus spricht vom "Primat der Evangelisierung". Das muss auf die Tagesordnung – alles, wirklich alles andere kann warten.

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