Semantisches DynamitTrump bezeichnet demokratische Politikerin als Ungeziefer

Donald Trump hat aus seiner wunderbaren Errettung nichts, aber auch gar nichts gelernt.

Donald Trump
© Pixabay

Gerade ist er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania einem tödlichen Attentat entkommen. Der Schuss hat sein Ohr, nicht seinen Kopf getroffen. Die wunderbare Errettung haben er und seine Anhänger der göttlichen Vorsehung zugeschrieben. Gerade noch hat er für eine Mäßigung der politischen Sprache und eine Versachlichung der Debatte votiert. Nun ist Donald Trump zurück im Wahlkampf-Modus. Als "running mate" hat er den gebildeten, zum Katholizismus konvertierten 39jährigen J.D.Vance ernannt. Beide waren sich auf der Parteiveranstaltung der Republikaner in Milwaukee des Sieges schon gewiss.

Das hat sich nun schlagartig geändert. Der betagte Präsident Joe Biden hat seine Kandidatur zurückgezogen. Ob Gott wirklich zu ihm gesprochen hat – oder ob es der wachsende Druck der Partei und die Einsicht in seine schwindenden Kräfte war, sei dahingestellt. Die Sache der Demokraten hat durch den Rückzug Bidens kurzfristig enormen Rückenwind erhalten. Kamala Harris, bislang eher im Schatten des Präsidenten, hat nicht alle, aber viele prominente Unterstützer hinter sich versammelt. Sie kann einen Spenden-Rekord für sich verbuchen und zeichnet sich als neue Kandidatin der Demokraten ab. Schon hat sie Trump in Umfragen überholt.

Das setzt bei den Republikanern abermals den sprachlichen Wildwuchs frei. Vance hat in einer Rede Joe Biden als "den schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten" bezeichnet. Und er hat hinzugesetzt: Klar sei, dass "Kamala Harris hunderttausendmal schlechter" sei. Eine Begründung für diese erstaunliche Einschätzung blieb er schuldig.

Die gezielte Dehumanisierung des politischen Gegners erinnert an düstere Kapitel der Geschichte.

Noch deutlicher wurde Trump selbst, der zur Rhetorik des Grobianismus zurückfand. Harris sei "verrückt" und "durchgeknallt". Mit hämischem Grinsen verglich er die einflussreiche Demokratin Nancy Pelosi mit einer "Bettwanze". Das ist nicht nur misogyn und abschätzig. Die gezielte Dehumanisierung des politischen Gegners erinnert an düstere Kapitel der Geschichte. Schon Wendungen wie "dumme Gans" oder "blöde Ziege" unterschreiten die Standards der politischen Auseinandersetzung. Der infame Vergleich mit einer "Bettwanze" geht darüber weit hinaus. Eine Wanze ist ein Schädling, der neutralisiert und zertreten werden muss.

Die Vernichtungsphantasie Trumps ist semantisches Dynamit – denn auf die Sprache des Hasses können Akte politischer Gewalt folgen. Das hat das Attentat in Pennsylvania gerade erst gezeigt. Donald Trump sieht in seiner wundersamen Errettung offenkundig keinen Anlass, von der ihm eigenen martialischen Rhetorik abzulassen. Wer "das Werkzeug der göttlichen Vorsehung" schützen möchte, muss es auch vor sich selbst schützen.

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