Trumps und seine Anhänger führen das gescheiterte Attentat vom 13. Juni 2024 bekanntlich auf das Eingreifen höherer Mächte zurück. Nun hat sich Donald Trump einmal mehr an der theologischen Deutung seines Schicksals beteiligt. Die Chancen, die Schüsse zu überleben, seien winzig gewesen, gab er jüngst in einem Fernsehinterview zu bedenken, so winzig, dass von "Glück" gar nicht mehr gesprochen werden könne. Auf die Frage, ob er denn einen Grund dafür sehe, warum er "verschont" worden sei, antwortete der republikanische Präsidentschaftskandidat: "I mean, the only thing I can think is that God loves our country. And he thinks we're going to bring our country back. He wants to bring it back." Gott liebt Amerika und will, dass Trump die Wahl gewinnt, um das Land wieder nach vorn zu bringen. Darum hat er ihn aus Todesgefahr errettet.
Der konservative Rechtsphilosoph Robert P. George kommentierte Trumps Äußerungen auf der Plattform "X":
"Mit seiner Behauptung, Gott sei auf seiner Seite und wolle, dass er gewinnt, stellt Präsident Trump einen neuen Weltrekord für skandalöse Anmaßung auf. Die richtige Haltung eines Politikers – und eigentlich von jedem – gegenüber Gott und seinem Willen ist die von Lincoln: 'Es ist nicht meine Sorge, Sir, ob Gott auf meiner Seite ist; meine große Sorge ist, ob ich auf Gottes Seite bin.' Jemand, der Macht über andere Menschen hat oder darum bittet, sollte in Furcht und Zittern vor der Möglichkeit leben, dass er oder sie, selbst wenn er oder sie sich aufrichtig bemüht, das Richtige zu tun, trotzdem das Falsche tun könnte. Es ist allzu leicht, für uns schwache, fehlbare, gefallene Menschen zu 'Eiferern für schlechte Zwecke' zu werden, wie es in der Kol-Nidre-Liturgie am Jom Kippur heißt."
"Jesus würde heute ..."
Das ist eine gewichtige Warnung davor, den Willen Gottes nicht leichtfertig für sich und die eigenen Positionen in Anspruch zu nehmen. Sie gilt freilich nicht nur für Trump, sondern für alle, – auch Kirchenvertreter –, die in politischen Debatten allzu bedenkenlos ihre Gewissheiten über den vermeintlichen göttlichen Willen ins Feld führen – etwa in Form der berühmt-berüchtigten Behauptung "Jesus würde heute …".