Hat Gott Humor?

Die Hochzeit von Kana, Vermeyen
Die Hochzeit von Kana, Vermeyen© Wikimedia Commons/gemeinfrei

Abstract / DOI

Hat Gott Humor? Die griechischen Götter können in homerisches Gelächter ausbrechen, ebenso lachen die fetten chinesischen Glücksgötter vor den Restaurants. Gibt es ein vergleichbares Lachen oder ein anderes Zeichen von Humor in der Bibel? Humor wird als Reaktion auf die Diskrepanz zwischen idealistischen Konzepten und dem normalen Unfug im empirischen Leben definiert. In der Tat gibt es im Alten und Neuen Testament Reaktionen auf göttlichen Humor, ebenso wie in einigen Legenden über das Leben Christi auf Erden. Auch in einigen Kreaturen lassen sich Zeichen von Gottes „Humor“ finden. Aber angesichts der Vollendung des menschlichen Lebens in einer ewigen Freundschaft zu Gott wird es keinen Humor mehr geben (auf beiden Seiten), sondern eschatologische Freude.

Does God Have a Sense of Humour? Greek gods can burst in Homeric laughter, as well as the fat Chinese gods in front of the restaurants. Is there a comparable laughter, or any other sign of humor in the Bible? Humor is defined as reaction on the discrepancy of idealistic concepts and normal mischief in empirical life. Indeed there are reactions of divine humor in the Old and New Testament, as well as in some legends concerning Christ’s life on earth. Also in some creatures there can be found signs of God’s «humor». But given the fulfillment of human life in an eternal friendship to God there will be no longer humor (on both sides) but eschatological joy.

DOI: 10.23769/communio-53-2024-597-604

Eindeutig: Die Götter der Griechen können lachen – anhaltend und laut, wie Donner rollt. Ilias (I, 599) und Odyssee (VIII, 326) sind Quellen homerischen Gelächters. Die Odyssee gibt die schlüpfrige Szene, in die drei Götter verstrickt sind: der Gott der Schmiede, häßlich, krummbeinig und hinkend: Hephaistos; seine Gattin, die Zeustochter, blendend schön, liebesbegabt, lässig: Aphrodite; und der Held und Kriegsgott, Urbild des männlichen Mannes: Ares. Die beiden letzteren, herrlich in ihrer Jugend und Schönheit, fanden zueinander – und Hephaistos, der Gehörnte, wirft ein Netz aus Blitzen über sein Ehebett. Dann ruft er die übrigen Götter, und die beiden liegen gefangen und nackt vor aller Augen:

«Wie mich lahmen Mann die Tochter Zeus’ Aphrodite
Jetzo auf immer beschimpft, und Ares den Bösewicht herzet;
Darum, weil jener schön ist und grade von Beinen, ich aber
Solche Krüppelgestalt! [...]
Aber seht doch, wie beid’ in meinem eigenen Bette
Ruhn, und der Wollust pflegen! Das Herz zerspringt mir beim Anblick!
Künftig möchten sie zwar auch nicht ein Weilchen so liegen!
Wie verbuhlt sie auch sind, sie werden nicht wieder verlangen,
So zu ruhn! Allein ich halte sie fest in der Schlinge,
Bis der Vater zuvor mir alle Geschenke zurückgibt,
Die ich als Bräutigam gab für sein schamloses Gezüchte!
Seine Tochter ist schön, allein unbändiges Herzens!»
Auf diese beleidigte Rede bricht es unwiderstehlich los:
«Und ein langes Gelächter erscholl bei den seligen Göttern,
Als sie die Künste sahn des klugen Erfinders Hephaistos.»
(übers. v. Johann-Heinrich Voß)

Die helle Götterfreude am Verfänglichen gilt nicht allein für den Voyeurismus in sexualibus, auch sonst ist es hoch erwünscht, «das himmlische Mahl mit süßem Gelächter zu würzen»,1 Ebenso lachen die fetten chinesischen Glücksgötter vor den Restaurants, daß der Bauch wackelt ...

Kann man sich Ähnliches anderswo, gar in der Bibel denken? Freilich sind die Götter nicht die Mehrzahl von «Gott», sondern gehören einer anderen Kategorie an: der Kategorie der Welt, des Kosmos – sie sind Naturkräfte, selbst voneinander abhängig, Gegenspieler einer dem anderen, Spott einer dem anderen. Hohnlachen gibt es – aber Humor?

Um stimmig auf die Frage nach dem biblischen «Humor Gottes» zu antworten, ist der Unterschied zwischen boshaftem Gelächter und liebenswürdigem Humor zu beachten. Und ist der Ausdruck «Humor Gottes» überhaupt zutreffend ist oder bietet sich ein anderer Ausdruck besser an?

Saft und Kraft des Humors

Was ist Humor? Auf jeden Fall saftig, mit dem Blut auf- und absteigend – so verstand ihn das Spätmittelalter als leiblich-geistige Mitgift, als «Temperament» im Sinne von «Grundstimmung». Freilich gibt es allerlei Säfte und Stimmungen, wohltemperierte und schlechttemperierte. Eingeteilt wird die Säftelehre in vier große Gruppen, wie Dürer sie in den vier großen Nürnberger Aposteltafeln darstellt: Melancholie und Sanguinik, Phlegmatik und Cholerik. Alle vier Gruppen besitzen ihren eigenen Humor, ihre eigene Säftemischung, mit der sie Dinge, Welt, Geschehen und eigenes Dasein auslegen und subjektiv darstellen, ja «brechen», wie das Licht durch einen geschliffenen Stein gebrochen wird. Humor führt zu Beginn der Neuzeit noch in die Nähe des Subjektiven, im englischen humour sogar ins Eigenartige, Extravagante.

Humor und Lachen werden erst um 1800 in der deutschen Romantik zusammengefügt,2 so in Jean Pauls Vorschule der Ästhetik: Wirklichkeit und Idee sind aneinander zu messen. Daß dabei die endliche Wirklichkeit im Blick auf die unendliche Idee lachhaft versagt: Eben das quittiert der Humor. Humor setzt das Kleine, Endliche, Alltägliche zum angestrebten Großen, Unendlichen, Besonderen in Bezug und ergötzt sich an dessen unausweichlichem Mißlingen. Humor könnte also auch bitter sein, oder zynisch, oder beißend, oder sogar traurig, aber in der Regel ist er versöhnlich. Er löst das Mißlingen in Lachen auf, in ein kameradschaftlich-lustiges Verstehen: Auch dem Lacher selbst hätte es so gehen können.

Humor nährt sich also vom Alltag und findet ihn unangemessen, inkommensurabel dem eigentlich großen Entwurf des Lebens gegenüber – einfach komisch, weil er an der Normalität, an der Tücke des Objekts scheitert. Der Satz: «Saul ging aus, seines Vaters Eselinnen zu suchen, und gewann ein Königreich», ist nicht humorvoll, wohl aber wenn es umgekehrt geheißen hätte: «Saul ging aus, ein Königreich zu suchen, und fand die Eselinnen seines Vaters.»

Noch anders: Humor sieht und erwartet das Scheitern, den notwendigen Umschlag ins Danebengehen. Kurz: Humor stimmt den hohen Ton tiefer, dimmert den Kronleuchter ab. Er erfasst – im heutigen Sprachgebrauch – die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit, von Wollen und Können; er kann dem Geschehen, vor allem dem Mißlingen etwas Komisches abgewinnen; sein Ausdruck ist das versöhnende, fröhliche Lachen, nicht das hämische, verächtliche, ausgelassene ...

Wie steht es mit dem «göttlichen Humor»? Kann Gott «lachen» über das menschliche Mißverhältnis zwischen hohem Anspruch und bescheidener bis verpfuschter Ausführung?

Biblischer Humor

Umberto Eco baute seinen Mittelalter-Roman Der Name der Rose auf der Fiktion auf, im Kloster Melk sei das letzte Exemplar einer verschollenen Schrift des Aristoteles Über das Lachen erhalten. Der fanatische Bibliothekar Jorge von Burgos zerstört das Exemplar mit der Begründung: «Das Lachen ist eine Schwäche, die Hinfälligkeit und Verderbtheit unseres Fleisches. Es ist die Kurzweil des Bauern, die Ausschweifung des Betrunkenen [...] so bleibt das Lachen etwas Niedriges und Gemeines, ein Schutz für das einfache Volk, ein entweihtes Mysterium für die Plebs.» Die von der Kirche gestatteten Saturnalien, der Karneval (die «Liturgie des Esels und der Sau») mag von ihm aus als Ventil dieser Plebs bleiben – aber Aristoteles’ Buch würde die Ausnahme rationalisieren und hoffähig, kulturfähig für alle machen:

[...] hier wird die Funktion des Lachens umgestülpt und zur Kunst erhoben, hier werden ihr die Tore zur Welt der Gebildeten aufgetan, hier wird das Lachen zum Thema der Philosophie gemacht, zum Gegenstand einer perfiden Theologie... [...] Und dann würde sich in ein Werk des Verstandes verwandeln, was in der unüberlegten Pose des Bauern einstweilen noch und zum Glück nur ein Werk des Bauches ist. [...] Aus diesem Buch aber könnte das neue und destruktive Trachten nach Überwindung des Todes durch Befreiung von Angst entstehen.3

Das Motiv der Zerstörung des angeblichen aristotelischen Buches unterstellt eine durchgängige Traurigkeit, Humorlosigkeit, Bitterkeit der christlichen Lehre, die den Menschen verängstigt halten will. In der Tat steht im Kern des Christentums eine Passion; allerdings enthält sie genau besehen die Überwindung des Todes und damit der Angst. Dennoch scheint der Grundton zu tief gestimmt, um so etwas wie Humor zuzulassen. Düster jedenfalls ist der klassische Puritanismus, wie ihn Charles Dickens kennzeichnet: «Ihr Männer der Schwermut und Strenge, die ihr unvergängliche Finsternis in das Antlitz der ewigen Güte zeichnet [...]»4

Aber: Wie hätte es zum jüdischen Witz kommen können, wenn er nicht schon alttestamentlich grundgelegt wäre? Wie käme es zu den fröhlichen Heiligen des Christentums, zu dem Gaukler Pamphalon der altchristlichen Legende, den Nikolai Lesskow schildert, zu dem römischen Stadtheiligen Philipp Neri, der die Besucher heiter entließ, zu Gilbert Keith Chesterton mit seinen blitzenden, witzigen Paradoxien – wenn diese Saite nicht auch im Neuen Testament anklingen würde?

Tatsächlich kann man bereits in Gen 3, 22, an exponierter Stelle, Humor aus Gottes Mund lesen, allerdings einen grimmigen Humor; denn nachdem die Ureltern vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, müssten sie nun wissen, was gut und böse sei: «Sieh an, nun ist der Mensch worden wie unsereiner […]»

Oder: Als Jona, der unwillige Prophet, endlich nach Umwegen über den Bauch des Walfischs halbherzig erfüllt hat, was Gott von ihm verlangt, lagert er sich außerhalb der Stadt, um den Untergang Ninives zu erleben – auch eine Form von Rechtbekommen. Dort lässt Gott eine Rizinusstaude wachsen, unter deren Schatten Jona wartet. Doch dann lässt er die Staude durch einen Wurm annagen und verdorren, zudem einen schwülen Ostwind wehen, «und die Sonne stach auf Jonas Haupt, sodaß er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod [...]» (Jona 4, 8) Darauf vergleicht Gott den kleinlichen Jammer Jonas über den Rizinus mit dem eigenen Kummer über Ninive, und am Ende heißt es: «Und Gott verwendete Jona hinfort nicht mehr.»

Oder: Bileam, ein anderer Prophet, mißversteht den Willen Gottes, bis dieser ihn dreimal durch seine Eselin ärgert; sie drückt Bileam sogar an einen Felsen, um dem Engel auszuweichen. Gott benutzt die Eselin als Denkzettel, und das kommt an (Num 22, 25).

Oder: Lukas erzählt vom Aufstand der Silberschmiede in Ephesus (Apg 19, 21), denen Paulus das Geschäft mit den Devotionalien der großen Artemis verdarb. Der Platz wird von der Menge gestürmt, es gibt ein immer größeres Geschrei, doch «die meisten wussten gar nicht, weshalb man überhaupt zusammengekommen war».

Oder: Im Neuen Testament erzählt Jesus die schräge Geschichte vom ungerechten Verwalter, der seinen Herrn zwar betrügt, sich selbst aber dadurch ein Leben nach der Entlassung sichert (immer bleibt es anstrengend für die Prediger, der Geschichte die richtige Kurve zu geben). Im Schlusswort kommentiert Jesus: «So sind die Kinder der Welt klüger als die Kinder des Lichts.» (Lk 16, 8) Ein humorvoller Vorblick auf seine künftige Kirche?

Oder: Als Petrus wegen einer fehlenden Steuermünze klagt, weshalb ihnen die Eintreiber auf den Leib rücken wollen, lässt Jesus ihn einen Fisch fangen. In dessen Maul findet sich genau die Steuermünze; und dazu kommt der schöne Satz: «Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Zins? Von ihren Kindern oder von den Fremden? Da sprach zu ihm Petrus: Von den Fremden. Jesus sprach zu ihm: So sind die Kinder frei. Auf daß wir sie aber nicht ärgern, [...] gib’s ihnen für mich und dich.» (Mt 17, 25ff) Nicht nur im Satz, im Vorgang selbst liegt Humor, eine göttliche Heiterkeit, die sich über das Kleinliche hinwegsetzt, souverän und spielerisch.

Auch die Legende liebt die Heiterkeit Jesu. Goethe notierte 1797 die Geschichte vom Hufeisen, das zerbrochen am Weg lag, als der Herr vorbeiging. Petrus wollte es nicht aufheben, bis es Jesus selbst aufhob und in der Stadt für ein paar Kirschen eintauschte. Auf der heißen Wanderung ließ der Herr dann hin und wieder eine Kirsche fallen.

So läßt der Herr ihn seinen Rücken
Gar vielmal nach den Kirschen bücken.
Das dauert eine ganze Zeit.
Dann sprach der Herr mit Heiterkeit:
«Tätst du zur rechten Zeit dich regen,
Hättst du’s bequemer haben mögen.
Wer geringe Dinge wenig acht’t,
Sich um geringere Mühe macht.»

Freilich: Häufig sind die Stellen nicht, die die Bibel für das Thema bietet. Das aber liegt in der Sache, im Ernst des Heiligen. Thomas Mann läßt Jaakob sagen, theologisch gut beobachtet, wie vieles in dem grandiosem Josephsroman:

Schön ist das Spiel, aber heilig der Geist. [...] was soll ich halten von dem, der über die Flur gewandelt kommt mit Schelmenblicken, umgaukelt von Sommervögeln? Das scheint mir eine Art von bedenklichem Wiesengott zu sein [...] zur Verwirrung der Meinen und zur Betörung der Kinder Abrahams. Denn auch wir sprechen vom Herrn, meinen’s aber ganz anders, und ich kann nicht genug achthaben auf Israels Seele und nicht genug predigen unterm Unterweisungsbaum, daß der «Herr» nicht der Herr ist, weil nämlich immer das Volk im Begriffe steht, sie zu verwechseln und rückfällig zu werden auf den Wiesengott nach seiner Lust. Denn Gott ist eine Anstrengung, aber die Götter sind ein Vergnügen.5

Humor Gottes in der Schöpfung

Eine Nebenbemerkung sei noch erlaubt: Es gibt mancherlei Humor in der Schöpfung. Das Menschenähnliche vieler Tiere gehört dazu – das lautstarke Gähnen eines Löwen, die Dreistigkeit des Affen, das Duschen eines Elefanten ... Aber auch die eigenartige Parallele mancher weit auseinanderliegender Erscheinungen verblüfft. Wer je den werbenden Tanz einer australischen Pfauenspinne gesehen hat, muß noch in der Erinnerung lachen: an das ruckweise Entfalten eines vielfarbigen Rades an der winzigen Spinne, die einen Pfau nachzuahmen scheint ... Welche Laune des Erfinders spiegelt sich darin?

Oder: In einem zauberhaften Gedicht Werner Bergengruens verirrt sich ein Hund in die Kirche und kniet mit seiner kleinen Herrin bei der heiligen Wandlung nieder; schamrot bekreuzt sie ihn und sich.

Da lächelte am Pfeiler fromm der Löwe Hieronymi.
Das Getier der heiligen Geschichten,
dieses schneller, jenes erst mit Zögern,
schwer verstehend, wie es manches Art ist,
tat’s ihm nach auf Bildern und Altären,
überall. Es hoben an zu lächeln
Ochs und Esel und der Fisch des Jonas,
Lucä Stier und Johannes’ Adler,
Hund und Hirsch des heiligen Hubertus,
Martins Pferd und des Georgius Streithengst,
Lamm und Taube, endlich die gekrümmte
Schlange unterm Fuß der Gottesmutter.
Aus der Orgel aber stieg verstohlen
silberhell ein winziges Gelächter,
tropfte, perlte, wenigen vernehmlich.
Doch dann schwoll sie auf und rief mit Jauchzen:
«Lobt ihn, alle Kreatur!»

Und nochmals Charles Dickens: «Die Musik der Schöpfung (solange ihr sie nicht erstickt) ist nicht Seufzen und Stöhnen, sondern heitere Lieder und frohe Klänge. Lauscht den Millionen Stimmen in der Sommerluft! Die einzige Trübsal, die ihr hören werdet, ist eure eigene. Erinnert euch (wenn ihr es noch könnt), wie jedes frohe Wiederkehren eines neuen Tages Freude und Hoffnung in den Herzen derer weckt, die ihrer menschlichen Natur treu geblieben sind. Weisheit können euch selbst die Narren lehren, die nicht einmal wissen, warum ihre Herzen jubeln über die Lust und das Glück, die der Tag bringt.»6

Freudiges Lachen: die endgültige Verheißung

Zurück zur Hauptlinie des Gedankens. Denn die Aufhebung des Humors in etwas Größeres steht noch bevor. Was wäre die Aufhebung des Zwiespalts zwischen Wollen und Können, zwischen «Hoch hinaus» und Bruchlandung?

Seit dem Spätmittelalter herrschte am Ende der Osternacht der risus paschalis als erleichtertes Echo auf die Überwindung des Todes durch die Auferstehung. Da dabei angeblich auch obszöne Worte fielen, stieß das Osterlachen auf scharfe Kritik, so bei dem späteren Reformator Johannes Ökolampad, der 1518 einen berühmten Brief dagegen schrieb. Auch die Benediktregel 53 mahnt deutlich an, «leere oder zum Gelächter reizende Worte zu meiden; häufiges oder ungezügeltes Gelächter nicht zu lieben»7.

Risus paschalis aber ist ein anderes, befreites Lachen. Es ist mehr als Humor, weil die Diskrepanz zwischen göttlich-ebenbildlicher Größe des Menschen und seiner tatsächlichen Kleinheit aufgehoben ist. Kraft der Erlösung lässt sich sagen: «Selig seid ihr, die ihr hier weint; denn ihr werdet lachen.» (Lk 6, 21) Nun kann das Lachen aus der Tiefe emporsteigen, wo der Mensch eins ist mit sich selbst. «Da war unser Mund voll Lachens», so Psalm 126.

Es ist das Lachen Saras, als sie Isaak geboren hatte, den Sohn des Alters. «Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.» (Jes 9, 2) Daher spricht die Regel des hl. Benedikt nicht einfach, wie erwähnt, gegen das rohe Lachen, sondern umgekehrt vielmehr von der serenitas: von der Kraft, «in unendlicher Freudigkeit der Seele und immer rascherem Lauf auf dem Weg zur Höhe emporzueilen»8. Jubel herrscht auch bei den Engeln, sind sie doch «immer vom heitern Antlitz Gottes überfreudet»9.

Im neuen Äon wird es den Humor wohl anders geben: in fröhlicher Erinnerung an das Verpatzte. Aber statt des Humors wird Freude aufkommen. Sie hat einen anderen Grundzug: Gelöstheit, Übereinstimmung von großer Erwartung und großer Ausführung, angemessenes und schönes Gelingen des Angestrebten, keine Blamage mehr, keinen Rückschlag ins Komische. Grundzug ist die «Heiterkeit der Seele, jene hilaritas mentis, durch die das Tun des von Grund auf Richtigen und Seinsgemäßen sich seit je allein und untrüglich legitimiert.»10

Woher wissen wir das? Weil die Offenbarung die Glaubenden in die Bewegung der Freude stellt. Im Johannesevangelium (2, 1–12) beginnt das Wirken Jesu mit dem Fest aller Feste: einer Hochzeit. Aber sie trägt den kleinen Makel alles Irdischen: Der Vorrat reicht nicht; irgendwer hat nicht richtig vorgesorgt. Und auf Bitten der Mutter wandelt der Gast die bäuerliche Feier ins aufblitzend Große: in das endgültige Fest von unfaßlicher Fülle. Die frühe Kirche hat in dem Doppelanfang von Taufe und Weinwunder das herrliche Aufreißen des Himmels über der Erde gesehen.

Wie grämlich nehmen sich daneben die religionskritischen Verdächtigungen aus: Die Lehre Christi sei traurig und weltflüchtig. Ja, es gibt die erschütternden Stellen der Trauer Christi, die sich zum Leiden am Vergeblichen verdichtet. Aber unterfangen, durchstrahlt ist sein Dasein von dem Auftakt: Wasser wird Wein. Diese Ouvertüre ist überdies angekündigt als Finale. Der Alltag stolpert zwar schweren Fußes durch die Zeit, aber das Evangelium hat das Ziel unbeirrbar im Auge: ein Hochzeitsmahl.

So öffnet sich das dörfliche Haus in Kana zum überirdischen Festsaal. Auch der Gast öffnet sich: Plötzlich ist der Unauffällige der wirkliche Bräutigam. Hier wandelt er Wasser, drei Jahre später wird er Wein wandeln: in sein eigenes Blut. Es ist der letzte Trank, den er anzubieten hat, über alles Begreifen hinaus.

Aber in Kana fängt das Unbegreifliche schon an: das Atemholen, die große Freude, der mächtige Flügelschlag, der strömende Reichtum.

Humor ist nur ein Vorläufer, ein menschliches Pendant nicht so sehr zum göttlichen Humor, als vielmehr – im Ziel aufleuchtend – zur göttlichen Freude.

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