Alle Eltern kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie das Eine ganz unbedingt ersehnen: einen Kindergartenplatz. In Großstädten ein umkämpfter Markt, unser Sohn brauchte sieben Bewerbungen bis zum Erfolg. Unglaublich. Da war es am Schluss fast egal, welcher Träger oder welches pädagogische Konzept dahintersteht. Als dann der erlösende Anruf kam, dass ein Platz im katholischen Kindergarten frei geworden sei – ja, das fühlte sich wirklich so an, als hätte man jetzt irgendwo etwas gewonnen.
Solch leidgeplagte Eltern sind dann natürlich die idealen Partner. Grundhaltung: extrem dankbar. Erwartungen: bereits abgebaut. Bei der Zusage hatte ich kaum einen Gedanken mehr an das pädagogische Konzept verschwendet. Umso erfreuter bin ich, was unser Sohn inhaltlich alles nach Hause bringt: Tischgebete, das unvermeidliche "Gottes Liebe ist so wunderbar" und immer solider werdendes Bibel-Grundwissen. Der Ortspfarrer ist regelmäßiger Gast in der Einrichtung, auch Gottesdienste finden statt. Sie sprechen über die Schöpfung, Sankt Martin ist dort kein Lichterfest und Jesus Gottes Sohn.
Natürlich finde ich das großartig. Uns als praktizierenden Katholiken spielt das in die Karten. Trotzdem fragte ich mich: wie geht es wohl den anderen Familien damit? Die meisten Familien sind über die Feiertage hinaus längst nicht mehr christlich sozialisiert. Das religiöse Programm katholischer Einrichtungen wird von den Erzieherinnen weiter professionell abgespult, aber passt es noch zur Zielgruppe?
Meine Gedanken finden Resonanz in der jüngsten Nachricht unserer Kita-App: Die Elternbefragung wurde ausgewertet. Eine Stimme: "Katholische Feste sprechen 2/3 oder 3/4 nicht so sehr an." Der Vorschlag: "Vielleicht ein weltlich religiöses Fest oder auch mal das Zuckerfest feiern?" Abgesehen davon, dass ich mich frage, was ein "weltlich religiöses Fest" sein soll, drückt diese Stimme treffend aus, was ich wahrnehme. Eine andere Person fand die Betreuung während der Osterferien "doch recht religionslastig", auch wenn es wichtig sei, das Thema zu behandeln, wäre das zu intensiv.
Was wohl der Pfarrer denkt, wenn er bei den verschiedenen Festlichkeiten, die der Kindergarten anbietet, immer präsent ist und ein Grußwort spricht? Die überwiegende Mehrzahl der Zuhörer hat er im Gemeindeleben noch nie gesehen, sie interessieren sich nicht wirklich für ihn und seine Botschaft.
Nur ein "sozialdiakonischer Beitrag"?
Die Städte und Gemeinden jedenfalls sind froh, dass kirchliche Träger ihnen eine Last abnehmen. Aktuell werden in Deutschland über 600.000 Kinder in katholischen Kindertageseinrichtungen betreut. Auch wenn der Staat einen Großteil der Kosten schultert, fließen doch weiterhin in erheblichem Maße Kirchensteuermittel in die Kindergärten – auch wenn zahlreiche Eltern gar nicht in der Kirche sind.
Clemens Stroppel, lange Jahre Generalvikar und derzeit Diözesanadministrator des Bistums Rottenburg-Stuttgart, sagt: "Wir haben heute in unserer Diözese Kindertagesstätten, in denen es mehr als 90 Prozent nichtchristliche Kinder gibt. Das ist in Ordnung, denn wir sehen den Kindergarten nicht als religiöse Erziehungsanstalt, sondern als sozialdiakonischen Beitrag."
Gilt es also, das religiöse Profil in katholischen Einrichtungen weiter herunterzufahren, um nichtchristlichen und kirchenfernen Familien nicht zu nahe zu treten? Oder können Kitas auch Orte der Pastoral und Verkündigung, ja der Neuevangelisierung sein? Vielleicht liegt hier eine Chance – auch wenn es wahrscheinlich naiv ist, zu glauben, man könnte die Menschen damit wieder zu Kirchengängern machen.
Damit das christliche Programm, das im Kindergarten abläuft, zu Hause nicht ins Leere läuft, braucht es Angebote für die Eltern.
Doch zumindest bei den Kindern ist das Interesse an den religiösen Fragen vorhanden. Viele Eltern tun sich schwer, auf die großen Fragen ihrer Kinder eine Antwort zu finden. Damit das christliche Programm, das im Kindergarten abläuft, zu Hause nicht ins Leere läuft, braucht es Angebote für die Eltern. Der Religionspädagoge Albert Biesinger meint: Familienkatechese ist Erwachsenenkatechese. Ideen könnte man viele spinnen; ohne eine zielgruppengerechte Ansprache der Eltern bleibt das religiöse Programm für viele lästige Pflicht.
Wenn kirchliche Kindergärten in Zeiten der Glaubens- und Kirchenkrise ihr konfessionelles Profil nicht selbstbewusst und mit pädagogischem Fingerspitzengefühl erklären, wird das katholische Setting für den Betreuungsplatz im besten Fall einfach hingenommen – oder es gerät zunehmend unter Druck.