Die Welt schaut gerade nach Amerika. Während der US-Wahlkampf beinahe täglich neue Knaller liefert, hat auch die katholische Kirche in den Staaten vor einiger Zeit starke Bilder produziert. In Indianapolis fand vom 17. bis 21. Juli der Nationale Eucharistischer Kongress statt. Ich habe davon über Katie erfahren. Sie ist eine befreundete Autorin und postete ein Bild ihrer kleinen Familie in der Lobby des Lucas Oil Stadium. Dieses Foto, schreibt sie, werde definitiv die diesjährige Weihnachtspost zieren, es sei der Jahreshöhepunkt. Dabei ist es nicht sonderlich ästhetisch – und nach Weihnachten sieht es definitiv nicht aus. Die Begeisterung muss groß gewesen sein.
Über 50.000 Teilnehmer teilten die Aufregung der kleinen Familie. 1.000 Priester und 200 Bischöfe und Kardinäle nahmen während der fünf Tage teil, der Einzug bei der Eröffnungsprozession dauerte 25 Minuten. Das Spotlight fiel dabei auf eine massive 1,20 Meter hohe goldene Monstranz, die vom Papst gesegnet worden und in der das Allerheiligste eingesetzt war. Der katholische Glaube daran, dass in diesem Stück Brot Jesus Christus nach der Konsekration real gegenwärtig wird, er sollte im Zentrum der Veranstaltung stehen. Vor der Monstranz wurde dann auch gekniet, gebetet und gesungen, das Liedgut reichte von lateinischen Hymnen aus dem 13. Jahrhundert bis zu heutigem Lobpreis.
Eucharistische Erneuerung
Eine katholische Selbstverständlichkeit, die in den USA abhandenzukommen droht. 2019 alarmierte eine Studie des Pew Research Center die Bischöfe, dass nur noch ein Drittel der Katholiken in den Vereinigten Staaten daran glauben, dass Brot und Wein während der Eucharistiefeier wahrhaftig zu Leib und Blut Christi werden. Eine weitere Studie des "McGrath Institute for Church life" der Notre Dame University stellte das Problem später zwar als weniger gravierend dar, dennoch hatten die amerikanischen Bischöfe beschlossen, einen Weg der eucharistischen Erneuerung zu gehen. Der Kongress in Indianapolis sollte dessen Höhepunkt werden. 22 Millionen Dollar haben sie sich das kosten lassen. Es war der erste nationale eucharistische Kongress seit 1940 in den USA.
Weltweit kennt man diese Veranstaltung dabei schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Alle vier Jahre findet seit 1881 ein Eucharistischer Weltkongress mit dem Papst statt. Der letzte war 2021 in Budapest, in Deutschland fand er 1909 (Köln) und 1960 (München) statt. Einen nationalen Eucharistischen Kongress gab es zuletzt 2013 in Köln.
Es geht darum, das "Verständnis und die Verehrung der Eucharistie in der Orts- und Weltkirche zu fördern und zu vertiefen". Große Bilder gibt es auch von früher, wie beispielsweise als Mutter Teresa auf einem solchen Kongress zu den Menschen sprach.
Auch in Indianapolis standen Ordensfrauen auf der großen Bühne. In einer sonst heute, was die Ebene der Sichtbarkeit angeht, männerdominierten Kirche ein wohltuendes Bild. Mit Liturgien in vietnamesischer oder spanischer Sprache, im byzantinischen und im syro-malabarischen Ritus sowie auch in der traditionellen Form des römischen Ritus, wurde eine Vielfalt ermöglicht, die laut Beobachtern der gegenwärtigen Diversität des katholischen Lebens in Amerika entspricht. Die friedliche Koexistenz und die Gemeinschaft während der Anbetung der Eucharistie dürften in den derzeitig stürmischen Tagen für einen Moment der heilsamen Ruhe gesorgt haben. Ein Sprecher rief der Menge zu: "Der Name unseres Retters ist nicht Don, er ist nicht Joe. Es ist Jesus!" Der Leiter der Initiative der US-Bischöfe zur eucharistischen Erneuerung, Bischof Andrew Cozzens aus Crookston, Minnesota, sprach von "einem Moment der Einheit" für die Kirche in den Vereinigten Staaten.
Auch Katie, die junge Autorin, die mit ihrer Familie angereist ist, hat einen Auftritt auf der Bühne. Sie gesteht später, dass sie sich zusammenreißen musste, nicht vor 30.000 Menschen in Tränen auszubrechen, weil es sie so berührt hat, diese vielen Menschen im Gebet geeint zu sehen. "Der Herr ist hier. Er ist auch in unseren Tabernakeln zu Hause und in unseren Herzen. Aber gerade ist er hier in Idy", sagte sie. Eine weitere Stimme schwärmt im Netzwerk X, vormals Twitter: "Das ist die großartigste Sache, die die katholische Kirche jemals in diesem Land gemacht hat!"
Doch natürlich gab es auch die, die Gefahren witterten. Manche kritisieren die hohen Kosten des Events. Andere hinterfragen, dass die Betreiber der Gebets-App "Hallow" als Sponsor einiger Veranstaltungen im Rahmen des Kongresses auftraten. Dass ein Investor der App der von Donald Trump als Vize nominierte JD Vance ist, das liefert einen fahlen Beigeschmack. Der Verdacht, dass die Daten der Nutzer auch für politische Zwecke missbraucht werden könnten, steht im Raum.
All das kann aber doch nicht überdecken, dass der Eucharistische Kongress die Herzen von zehntausenden Gläubigen berührt hat und über die Medien noch viel mehr Menschen erreichte.
Nach dem Eucharistischen Kongress 2013 in Köln hieß es, die deutschen Bischöfe hätten sich darauf verständigt, eine solche Veranstaltung in Zukunft alle zehn Jahre abzuhalten. Erinnert sich noch jemand an diesen Beschluss?
Was ich mich nach der Veranstaltung gefragt habe: Wie würde wohl eine Umfrage in Deutschland ausfallen, die untersucht, wie viele Katholiken hierzulande noch an die Realpräsenz glauben? Vor einiger Zeit hat die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung gezeigt, dass nur 32 Prozent der Katholiken der Aussage zustimmen: "Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat". Wie viele werden da noch an seine Gegenwart im Altarsakrament glauben? Haben unsere Bischöfe angesichts dieses Glaubensschwundes auch den Mut zu einer Initiative in vergleichbaren Dimensionen?
Nach dem Eucharistischen Kongress 2013 in Köln hieß es, die deutschen Bischöfe hätten sich darauf verständigt, eine solche Veranstaltung in Zukunft alle zehn Jahre abzuhalten. Erinnert sich noch jemand an diesen Beschluss?
Eine Veranstaltung wie diese könnte jedenfalls ein Moment des Friedens sein, der nach den vielen Streitigkeiten und Enttäuschung durch den Synodalen Weg der katholischen Seele des Landes guttun würde. Wie viel Geld für den misslungenen Reformprozess ausgegeben wurde, davon fangen wir lieber erst gar nicht an.