Die Debatte um die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele zeigte bei Katholiken sowohl aus konservativen als auch in progressiven Kreisen eine groteske Abwesenheit von Sympathie.

Bär, wie in: Problembär. War es nicht ein entzückender Wettkampf, dieser frivole Meinungsstreit um die Eröffnungsfeier bei den Olympischen Spielen, ein Rohschachtest für das christliche Wohlbefinden? Die christliche Meinungsolympiade: Auf der einen Seite eine aggressive Reaktion wider den Zeitgeist, eine Provokation ohne Inhalt, die schlicht die Aufmerksamkeit binden will, weil sportlich war man eh noch nie; auf der anderen Seite die zuverlässig bräsigen Oberlehrer, eher passiv-aggressiv, also jene ausdruckslosen Kunst-Aficionados mit dem Erklärbär, weil wer hintergründig was weiß, begeht eh keinen Irrtum.

Die christliche Diskursblase ist in hohem Maße eine reaktive Kultur. Es gelingt nicht, Setzungen zu machen, das heißt, Akte von genuin schöpferischer Energie.

Dieses Meinungsrodeo zeigte, gewiss, nicht jede Wahrnehmung ist eine Erkenntnis, aber auch – und noch deutlicher – nicht jede Wahrnehmung lässt sich versachlicht hinwegerklären. Und hier wird eine Problemlage in der Art und Weise, wie gegenwärtig Glaubenszeugnisse stattfinden, deutlich: Die katholischen Problembären brauchen einander in ihrer destruktiven, letztlich depressiven Diskursivität zur jeweiligen Selbstaffirmation in ihren jeweiligen speckig und warm ausgepolsterten Überwinterungshöhlen. Es zeigt zudem, die christliche Diskursblase ist in hohem Maße eine reaktive Kultur. Es gelingt nicht, Setzungen zu machen, das heißt, Akte von genuin schöpferischer Energie. War nicht immer so. Es gibt insgesamt viel zu viel Eindeutigkeit bei den Positionen, als dass sie produktiv sein könnten. Ich will – auch als Katholik – daher mehr diskursives raw-dogging.

Kirchliche Positionen schwanken ja gar nicht mehr zwischen Konservatismus und Linkskatholizismus, sondern zwischen Wut-Emoji und Erklärbär. Die Kommentarspalte hat bei einigen katholischen Intellektuellen offenbar den streitvergnügten Dialog ersetzt. Warum wirkt es, als gäbe es nur vier Typen an Katholik:innen: die Schwerfälligen, die Allfälligen, die Ausfälligen und die Straffälligen?

Wo bleibt für die religiös Suchenden die Wertschöpfung aus dem Nichts? Das heißt: ein Gewinn und eine Bereicherung.

Wohin ist die spannungsvolle Kraft der ehrlichen Auseinandersetzung mit der Welt, die Differenzen zu markieren, Distinktionen einzubringen vermag, auf eine Weise, dass sie einerseits gehört und andererseits anklingt? Wo bleiben die sympathischen, die aufwühlenden, die transformativen Glaubenszeugnisse, die nicht wie hilflose Anbiederungen wirken, die nicht wie gekaperte, adaptierte, abgekupferte NGO-Assistenzen daherkommen, die schließlich nicht in ihrer Harmlosigkeit verpuffen, sondern getragen sind von der spirituellen Wucht des Glaubens, der absoluten Zuversicht um Zukunft. Nochmal: Wo bleibt für die religiös Suchenden die Wertschöpfung aus dem Nichts? Das heißt: ein Gewinn und eine Bereicherung.

Die Problembär-Theologie jeglicher Couleur, die sich als Trittbrettfahrerin und Lückenbüßerin verzweifelt "einmischt" oder "mithilft", demonstriert einer spirituell hochproduktiven Gegenwart, dass sie aus einer Religiosität ohne Antrieb kommt, dass ihr die spirituelle Wucht abgängig ist. Warum? Weil christliches Leben im Kern ein kreatives Leben ist – mehr Tanzbär als Problembär: Religion bindet nicht nur zurück an das, woher sie die Dynamik und Spannkraft menschlicher Existenz gewinnt, sondern setzt und prägt – besser gesagt, sie formt die Zeit. Wenn Dich also jemand fragt, was ist dein spirit animal: Sei ein Koala: feinfühlig, mit Krallen, eukalyptusbeschwipst – adorable. Sonst wird das nix.

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