Die katholische Kirche ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht immer ganz geschickt in den Bereichen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Rund um das seit etwa zwei Monaten laufende Heilige Jahr macht sie aber bisher eine gute Figur. Schon das Maskottchen Luce hatte es – ob man den Manga-Stil mag oder nicht – geschafft, das sperrige Ereignis "Heiliges Jahr" in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Und auch das Motto "Pilger der Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht ein Gewinn.
Beide Aspekte, Pilgern und Hoffnung, sind sowohl anschlussfähig an eine säkularisierte Gesellschaft als auch an die gegenwärtige Situation. Und gleichzeitig führen sie in den Kern des Evangeliums.
Hoffnung ist der Gegenbegriff zur Angst, deren Auslöser aktuell ausschließlich zuzunehmen scheinen, allen voran aufgrund der politischen Entwicklungen Deutschlands und der Welt. In nicht-religiösen Kontexten finden sich Hoffnungsspuren zum Beispiel in dem populären Zitat, das vom Deko-Schild bis zum Instagram-Post häufig begegnet: "Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist das nicht das Ende". Theologisch gelesen zeugt es von einer tiefen eschatologischen Hoffnung.
Pilgern ist ein nicht abreißender Trend. 18 Jahre nach Hape Kerkelings inzwischen verfilmtem Buch "Ich bin dann mal weg" erschien im vergangenen Jahr der Erfahrungsbericht des islamischen Theologen Mouhanad Khorchide auf dem Jakobsweg. Mittlerweile hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass man nicht besonders gläubig, fromm oder spirituell sein muss, um zu pilgern. Für den Anfang reicht die Sehnsucht. Spannend ist, wie Pilgerinnen und Pilger im Nachhinein ihre vielfältigen und oft überraschenden Gotteserfahrungen schildern.
Mit dem Fokus auf Hoffnung besinnt sich die katholische Kirche auf ihr Kerngeschäft.
Aber nicht nur einer sich mehr oder weniger explizit nach Hoffnung sehnenden Gesellschaft tut das Motto gut, sondern auch der Kirche selbst. Mit dem Fokus auf Hoffnung besinnt sich die katholische Kirche auf ihr Kerngeschäft und verkündet von Konsum- und Leistungslogik geprägten Menschen eine Botschaft, die sie nicht kaufen oder selbst herstellen können. Christliche Hoffnung ist kein Kalenderspruch. Mit Jesus Christus hat sie einen Grund und ein Ziel. Von seinem heilenden Wirken in aussichtslosen Situationen bis hin zu seinem Sterben und Besiegen des Todes zeigt er, dass die Hoffnung auf Gott trägt.
Sprachfähig werden
Sieht man sich die Aktionen zum Heiligen Jahr in den deutschen Bistümern an, scheinen die Früchte vielversprechend. Zum einen inspiriert das Motto dazu, dass an unterschiedlichen Orten Glaubenskurse angeboten werden. Menschen werden herausgefordert, "jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt" (1 Petr 3,15). Sprachfähig über den eigenen Glauben zu werden, die eigene Gottesvorstellung beschreiben zu können, sind noch immer Desiderate in einer Kirche, die von der Asymmetrie von – geweihten wie nicht geweihten – Verkündigern/Spendern und Empfängern geprägt ist. Glaubenskurse und -gespräche bieten einen Raum, eigene Worte zu finden und sich überhaupt ermächtigt zu fühlen, selbst etwas beitragen zu können. Zum anderen ist das Stichwort für viele Bistümer eine Anregung zum sozialen Handeln. So werden etwa in den sozialen Medien Orte bekannt gemacht, an denen Menschen wieder neue Hoffnung schöpfen können, oder es werden Ideen gegeben, wie man sich selbst engagieren und Hoffnungsbringer werden kann. Das Leitwort des Heiligen Jahres nähert Spiritualität und soziales Tun einander an, die in kirchenpolitischen Diskussionen gerne gegeneinander ausgespielt werden.
Schließlich sperrt sich das Motto selbst gegen eine platte Oberflächlichkeit. In der Kombination schwingt die Komplexität von Hoffnung mit. Hoffnung "hat" man nicht einfach wie einen Gegenstand. Vielmehr drückt das Bild des Pilgerns aus, mit ihr unterwegs zu sein, auf der Suche nach ihr zu sein, sich vielleicht auch einmal zu verlaufen und sie zu verlieren. Eine sich daran orientierende Verkündigung wird Menschen nicht dazu aufrufen, doch einfach Hoffnung zu haben, sondern vorsichtige Zeugnisse davon geben, wie es trotz aller Schwierigkeiten möglich sein kann, Schritt für Schritt weiterzugehen, in dem festen Vertrauen darauf, dass christliche Hoffnung nicht enttäuscht, "denn sie gründet sich auf die Gewissheit, dass nichts und niemand uns jemals von der göttlichen Liebe trennen kann" (Spes non confundit, Verkündigungsbulle zum Heiligen Jahr 2025).