Du sollst keine anderen Götter neben mir haben …Trumps Gaza-Traum

Donald Trump teilt in den sozialen Medien einen KI-Clip voller Kitsch und Größenwahn, der Gaza als glitzernde Wohlstandsmetropole inszeniert – ohne Palästinenser. Die irritierenden Details des karnevalesken Filmchens lassen die Frage aufkommen: Hat Trump wirklich begriffen, was er da verbreitet?

Screenshots aus dem Gaza-Video, das Donald Trump geteilt hat
© KI/realdonaldtrump/thruthsocial - Screenshots: Communio

Man kann es kaum glauben, aber es war the real Donald Trump, der ein Video gepostet hat, das die Zukunftsvision des US-Präsidenten für ein goldenes Zeitalter Gazas in Szene setzt. Von einem Gilded Age sprach Mark Twain schon vor 150 Jahren, um die wirtschaftliche und technologische Aufbruchsperiode seiner Zeit ironisch auf den Begriff zu bringen. Denn unter goldenem Überzug brachen gesellschaftliche Risse durch: Armut und Verelendung, soziale Ausgrenzung und Rassismus.

Für Trump ist das keine Erinnerung wert, geschweige denn ein Problem. Nicht in den USA, erst recht nicht globalpolitisch. Und so entspricht die goldene Trump-Statue des KI-animierten Clips den Visionen eines Politikers, der die Welt nach den Maßstäben und mit dem Orientierungssinn eines Immobilienmaklers betrachtet. America first, das bedeutet immer auch: Business first. Und: The winner takes it all.


Von der Kritik, die der – aus seiner Sicht friedensnobelpreisverdächtige – Vorschlag für eine komplette Restrukturierung des Gazastreifens ohne Palästinenser international und vor allem bei den Betroffenen ausgelöst hat, lässt sich Trump nicht beirren. Zweifel an der Umsetzbarkeit des Fantastischen kennt der US-Präsident nicht, solange es seine Idee ist. Großgönnerisch vertraut er auf die Macht der Bilder, die vorwegnehmen, was als Bauplan ewigen Friedens und entgrenzter Prosperität bereits jetzt wirkt.

In dem von Trump geteilten Video stellt imposanter Kitsch insofern die konsequente Übersetzung seines Weltbilds dar. Das ist freilich nur die eine Seite eines Wahnsinns, der schon deshalb Methode hat, weil in ihm Elon Musk gazastrandgebräunt auftritt. Die Koalition aus perfider Politik und utopischer Technologie erinnert an den faschistischen Futurismus des vergangenen Jahrhunderts, nur totaler noch.

Die Stilisierung eines Präsidenten mit Erlöser-Ambitionen spielt ungeniert ins Religiöse hinein. Der Messias eines ewigen Friedens führt die Menschen ans Licht – aus den Tunneln der Hamas in ein Gaza-Paradies, in dem Trump mit einer erotischen Schönheit flirtet und ein Musk-Avatar unter Dollarscheinen tanzt, die als Manna vom Himmel regnen – the brave new world Gaza als Selbstbedienungsladen.

Das zeigt der Subtext des Videos, das im Schnelldurchlauf aus den Trümmern des zerbombten Gazastreifens an das Eingangstor eines neuen Lebens führt. Das goldene Trump Gaza Nr. 1 am Ende ist nichts als der Anfang, den es nun zu machen gilt, um dem Versprechen dieses Plans Raum zu geben. Donald Trump is who sets you free, rappt sich das Video voran. Bringing the light for all to see. Und natürlich: No more fear. Die Stilisierung eines Präsidenten mit Erlöser-Ambitionen spielt ungeniert ins Religiöse hinein. Der Messias eines ewigen Friedens führt die Menschen ans Licht – aus den Tunneln der Hamas in ein Gaza-Paradies, in dem Trump mit einer erotischen Schönheit flirtet und ein Musk-Avatar unter Dollarscheinen tanzt, die als Manna vom Himmel regnen – the brave new world Gaza als Selbstbedienungsladen.

Am Ende ist die komplexe Wahrheit des Videos wohl biografisch schlicht: The real Donald Trump hat den Wahnsinn dessen offenbart, wovon er träumt, indem er das Video seiner Übergröße teilte – das, man kann es nicht anders glauben, ein karnevalsker Coup ist, und also wahr bis in die Form hinein.

Doch vorher schon bricht das Bildprogramm. Orientalische Tänzer mit Bärten treten auf, Dragqueens mit grüner Hamasbinde, selbstverständlich entwaffnet. Was kurios wirkt, legt die Überzeichnung als Aussageabsicht nahe – und hinterlässt ganz andere Fragen. Hat der amerikanische Präsident nicht verstanden, was seinem Narzissmus hier untergeschoben wurde? Oder hat er einen Sinn für Humor, der den eigenen Zynismus aufs Korn nimmt? Das setzt einen Abstand des überdimensionalen Ich zu seiner Karikatur voraus, die ein Trump doch nur als narzisstische Verletzung registrieren kann. Oder sollte der Clip ernst gemeint sein? Vermutlich ja – nur ganz anders. (Dabei ist es schon kennzeichnend, dass man unsicher sein muss, ob, was Persiflage sein muss, bei Trump ernst gemeint sein könnte.) Am Ende ist die komplexe Wahrheit des Videos wohl biografisch schlicht: The real Donald Trump hat den Wahnsinn dessen offenbart, wovon er träumt, indem er das Video seiner Übergröße teilte – das, man kann es nicht anders glauben, ein karnevalsker Coup ist, und also wahr bis in die Form hinein.

Der Traum hinter dem Traum wirkt so nur umso realer – und beängstigender. Denn man darf nicht vergessen, dass es wirkliche Menschen sind, die den Preis für einen Wahnsinn zahlen, aus dem the real Donald Trump Realpolitik macht. Dass der US-Präsident keinen anderen Gott kennt als sich selbst, deutete sich nicht erst an, als er die Bibel bei seiner Amtsführung außer Acht ließ. Zur Erklärung braucht es kaum mehr Freud’sches Analyse-Instrumentarium als für die Einsicht, dass sich Trump im Mammon-Ensemble des Videos wiederfindet. Das berührt nicht nur peinlich. Denn die Trump-Karikatur schließt ein Glaubensbekenntnis des Karikierten ein, der das Bild von sich als Wahrheit übernimmt. Ohne es zu wollen, setzt sich Trump damit einer Götzenkritik aus, die für ihn politisch brisant werden könnte – wenn seine rechtsreligiösen Wähler bei Gelegenheit die Bibel aufschlagen und ihr Blick vom ersten zum zweiten Gebot des Dekalogs schweift.

 

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