Psalm 40 - Mut zum Gebet nach früher erfahrener HilfeDer Psalter als Buch des Messias

Wer einmal erfahren hat, wie wirksam das Gebet sein kann, wird dabei bleiben und es nicht mehr aufgeben. Zugleich wird er erfahrene Hilfe als Auftrag zum Zeugnis für Gott verstehen.

Aufgeklappte Bibel / Psalmen
© Foto von Aaron Burden auf Unsplash

Der Psalm, den wir heute betrachten wollen – Psalm 40 – beginnt mit "Ich hoffte, ja hoffte" in V. 2 und endet auf "du säume nicht!" in V. 18. Er drückt damit die Hoffnung aus, mit der der Beter sich selbst ausspannt auf Gott hin, der ihm entgegenkommt – und nicht zum ersten Mal.

Psalm 40 besteht aus drei Strophen: In der ersten (V. 2-5) beschreibt der Beter, wie er einst von Gott aus schlimmer Lage gerettet wurde. Das begründete damals sein und vieler anderer Leute Vertrauen auf Gott. In der zweiten und dritten Strophe spricht der Beter Gott im Du an. In der zweiten (V. 6-11) bezeugt er vor Gott, dass seine Hilfen bemerkenswert und zahlreich waren und er zum Dank dafür nichts anderes wollte als das Zeugnis des Beters vor den Menschen, welches der Beter auch immer wieder abgelegt hat. In der dritten Strophe knüpft der Beter eine neuerliche Hilfebitte daran an. Zunächst beginnt er mit einer früheren Hilfeerfahrung:

2 Ich hoffte, ja hoffte auf den Herrn,
und er neigte sich mir zu und erhörte mein Schreien.
3 Er zog mich herauf aus der vernichtenden Grube,
aus dem schlammigen Morast
und stellte auf eine Steilklippe meine Füße,
hat so gefestigt meine Schritte
4 und gab in meinen Mund einen neuen Gesang,
ein Loblied für unseren Gott.
Schauen sollen es viele und erschauern und vertrauen auf den Herrn.
5 Selig der Mann, der den Herrn zu seinem Vertrauensgrund gemacht hat
und sich nicht kehrte zu Scheingöttern und denen, die zur Lüge abfallen.

Scheinhilfen verdienen kein Vertrauen

Das hebräische Wort für "hoffen" klingt nach dem Ausspannen einer Schnur. Der Beter hatte sich damals nach Gott ausgespannt, und dieser neigte nicht nur sein Ohr (Ps 17,6; 31,3; 71,2; 86,1), sondern sich selbst ganz zum Beter hin. Der Beter hatte intensiv auf den Herrn gehofft (2x "hoffen") mit dem Ergebnis, dass das nicht enttäuscht wurde, sondern zu bewährtem Vertrauen führte (2x "vertrauen" in V. 4-5). Von ganz unten ("Grube") war er ganz hochgezogen worden ("Steilklippe"), fand statt Schlamm, in dem er versank, wieder festen Tritt. Das brachte nicht nur ihm neue Lebensfreude ("Gesang"), sondern auch vielen anderen, die das mit Staunen sahen. Sie alle begriffen: Scheinhilfen und die, die darauf schwören, verdienen kein Vertrauen.

Welcher Art das Problem des Beters war (gesundheitlich, sozial, finanziell?) erfahren wir nicht. Es spielt auch keine Rolle. Er spannte sich ganz aus, und Gott neigte sich ganz zu. Der Beter beschreibt das Problem bildreich mit Anspielungen auf den Propheten Jeremia (Jer 38,6), weil er die Erfahrung macht, dass erfahrene Hilfe ihn zu einem prophetengleichen Verkünder von Gottes Handeln gemacht hat. Seine neu gewonnene Lebensfreude wurde zum Loblied für Gott. Den "neuen Gesang" kennt er aus Jes 42,10. Auch Jesaja ist neben Jeremia sein Vorbild.

Rühmende Verkündigung der großen Tat Gottes

In der zweiten Strophe wendet sich der Beter Gott zu ("Du") und erinnert ihn, dass er seinem Verkündigungsauftrag nachgekommen war und so seinen Dank abgestattet hat:

6 Viel hast du getan, du Herr, mein Gott, deine Wunder und deine Fügungen für uns! Niemand ist dir gleichzuordnen.
Wollte ich davon berichten und reden, sie wären zu gewaltig geworden zum Herzählen.
7 Ein Schlacht- und Speiseopfer gefiel dir nicht – Ohren hast du mir gegraben.
Ein Brand- und Sündopfer hast du nicht gefordert.
8 Damals sagte ich: "Siehe, hiermit komme ich mit der Rolle des Buchs, das mir vorgeschrieben ist.
9 Deinen Willen zu tun, mein Gott, daran habe ich Gefallen gefunden,
und deine Weisung ist inmitten meines Inneren."
10 Frohbotschaft brachte ich von Gerechtigkeit in vielzähliger Versammlung.
Siehe, meine Lippen will ich nicht jemals zurückhalten, Herr, du weißt es.
11 Deine Gerechtigkeitstat habe ich nicht verborgen inmitten meines Herzens.
Über deine Zuverlässigkeit und deine Rettungstat habe ich ausgesagt.
Ich habe nicht verhehlt deine Loyalität und Treue der vielzähligen Versammlung.

Gottes Wohltaten wären zum Aufzählen zu viele, zum Erzählen zu gewaltig. Wie also Dank abstatten? Die Tora sieht als Dankbarkeitsgeste nach erfahrener Hilfe die Möglichkeit eines Dankopfers vor (Lev 7,11-15; Ps 50,14.23). Auch dabei wurde vor der feiernden Versammlung Gottes Hilfe gerühmt (Ps 22,26). Im konkreten Fall damals hatte Gott dem Beter zu verstehen gegeben, dass er kein Opfer irgendeiner Sorte will, keinen liturgischen Dank, sondern rühmende Verkündigung der großen Tat Gottes. Der Beter fasst das in das Bild von der Buchrolle, die er in sein Inneres aufnahm, so wie einst der Prophet Ezechiel Gottes Wort als Buchrolle aufessen musste (Ez 2,9-3,3). Der Beter bekam statt eines Opferbefehls eine Anweisung, Zeugnis abzulegen für seine Erfahrung mit Gott – wie die alten Propheten Jeremia, Jesaja und Ezechiel. Und das hat er eifrig getan, er hat "ausgesagt und nicht verhehlt". Er hat "evangelisiert" ("Frohbotschaft").

Neuerliche Bitte um Rettung

Auf diese frühere Hilfe-Erfahrung gründet der Beter nun in der dritten Strophe eine neuerliche Bitte um Rettung. Er hatte damals seine dankbare "Evangelisierungstätigkeit" "nicht zurückgehalten", so wolle jetzt Gott sein Erbarmen "nicht zurückhalten":

12 Du, Herr, kannst nicht zurückhalten dein Erbarmen vor mir.
Deine Loyalität und deine Treue müssen mich stets behüten.
13 Denn umfangen haben mich Unglücke bis zur Unzählbarkeit, mich eingeholt meine Verschuldungen, so dass ich nichts zu sehen vermag.
Sie wurden gewaltig viele, mehr als die Haare meines Kopfes, und meine Beherztheit hat mich verlassen.
14 Wolle doch, Herr, mich entreißen, Herr, eile mir zu Hilfe!
15 Zuschanden sollen werden und schamrot miteinander, die mir nach dem Leben trachten, um es hinzuraffen!
Sie sollen nach hinten zurückweichen und beschämt werden, die an meinem Unglück Gefallen haben!
16 Erstarren sollen über ihren "Lohn", die Schande, die zu mir sagen: Ha, ha!
17 Froh sein sollen und sich an dir freuen, alle, die dir nachtrachten.
Stets sollen sagen "groß ist der Herr", die deine Rettungstat lieben.
18 Ich, bin ich auch elend und arm – mein Herr wird es für mich fügen.
Meine Hilfe und mein Retter bist du, mein Gott, säume nicht!

Mit einem betonten "du, Herr, mein Gott" hatte die Du-Rede in V. 6 begonnen. Sie lief auf V. 10 zu: "Herr, du". Daran knüpft V. 12 an: "Du, Herr" und wird in V. 18 schließen mit "du, mein Gott". Der Beter beschwört Gott, wieder zu handeln. Er und viele andere waren durch die frühere Erfahrung zum Vertrauen auf Gott ermutigt worden (V. 4-5). Das sollte Gott motivieren, wieder einzugreifen. Denn der Beter ist erneut in große Not geraten. Wieder erfahren wir nicht, worum es sich genau handelte. Der Psalm soll ja auch für spätere Beter wieder passen, kann also nicht zu konkret werden.

Mit dem ganzen Leib Ohr sein

Was er zugibt, ist, dass er nicht ganz schuldlos ist an seinem neuen Unglück. Einen Ausgang sieht er nicht. Das Schlimmste am Ganzen ist, dass andere seinen Ruin betreiben. So wie mit jener früheren Hilfe Gott sich nicht nur vor dem Beter, sondern vor vielen anderen bezeugt hat (V. 4-5), soll er es jetzt wieder tun: Die an Gottes Hilfe nicht glauben wollen, sollen sich blamieren (V. 15-16), die anderen aber, die ja selbst Gott suchen, sollen sich freuen dürfen (V. 17). Für sich bekennt der Beter seine Bedürftigkeit, aber Gott soll sich als Helfer erweisen und nicht zu lange warten (V. 18).

Nach dem Hebräerbrief macht sich Jesus bei seinem "Eintritt in die Welt", also seiner Menschwerdung die Worte von Ps 40,7-9 zu eigen (Hebr 10,5-10). Wo der Beter – nach Ps 40,1 David – aber gesagt hatte "Ohren hast du mir gegraben" (Ps 40,7), sagt Christus "einen Leib hast du mir bereitet". Christus will also nicht nur Ohren haben, sondern mit seinem ganzen Leib Ohr sein. Er will ganz Ohr sein für Gottes Willen. Und weil er so wie David seinen Verkündigungsauftrag treu wahrgenommen hat (Ps 40,10-11), ist er "erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht" (Hebr 5,7) und wurde schließlich von Gott endgültig aus der Grube emporgezogen (Ps 40,3).

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