Die Kerzen auf dem Adventskranz und die Türchen am Adventskalender geben es an: Weihnachten naht. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich als Kind in den ersten Tagen des Advents das Gefühl hatte, diese Zeit fände kein Ende. Noch unerträglicher war das Warten, als an Heiligabend das Christkind die Geschenke unter den Baum legte. Und dann war es Weihnachten, ein Höhepunkt, der immer viel zu schnell vorbei war. Leider musste ich an Weihnachten unbequeme Kleider tragen, wegen der Großeltern gab es Fisch zum Abendessen und auch die tollsten Spielsachen wurden schon nach ein paar Tagen ein wenig langweilig. War es Weihnachten wert, jeweils so ungeduldig darauf zu warten?
Der Geruch von Kaffee
Unsere Erwartungen können uns manchmal hinderlich vorkommen und mit Ungeduld erfüllen. Dieser Ungeduld tritt der heilige Benedikt etwa dort entgegen, wo er den Brüdern, die bei Tisch bedienen, mitgibt, sie sollen an einem Festtag das Magenknurren aushalten, bis sie nach dem Mahl der Gemeinschaft zum Essen kommen: "An Festtagen aber müssen sie bis zum Schluss warten" (RB 35,14). Unsere Erwartungen finden allerdings nicht immer direkt ihr Ziel wie bei einem Festmahl, und doch können sie uns dem Glück näher bringen, als wir meinen. Ich möchte dafür das Erwarten von Weihnachten mit einem guten Kaffee vergleichen. Früher hatte ich Kaffee nicht gerne, aber der Geruch des Kaffees, der am Morgen durch unsere Wohnung zog, ließ in mir die Erwartung von Genuss und Gemütlichkeit entstehen. Warum soll mich der Duft in der Nase, die Erwartung des Kaffees weniger glücklich machen als das Getränk im Mund?
Sehnsüchte stecken tief in uns drin – und wir schütten sie oft einfach zu, anstatt sie auszuhalten.
Das Gebot der Stunde wäre darum, die Erwartung selbst zu genießen. Wer eine Sehnsucht hat, wartet allerdings ungern, sondern möchte möglichst schnell zum Ziel gelangen. Einen Kaffee wirklich zu genießen können wir uns oft zeitlich gar nicht leisten – und schon gar nicht den Duft davor. Stopfen wir die Sehnsucht nicht allzu schnell einfach zu? Mit Geschenken, um Kinder ruhigzustellen? Mit Chips und Häppchen, bis wir gar keinen Hunger mehr haben, wenn das Festessen beginnt? Sehnsüchte stecken tief in uns drin – und wir schütten sie oft einfach zu, anstatt sie auszuhalten. Eigentlich wüssten wir: Warten können lohnt sich! Nicht nur beim Essen, auch in einer Beziehung, im Genießen der Natur, beim Vorbereiten auf eine große Reise. Ist nicht die Vorfreude eine schöne Freude – wie bei Kindern vor Weihnachten?
Gut, dass es den Advent gibt
In meiner Erinnerung ist das Erwarten von Weihnachten intensiver als das Fest selbst und ich fände es darum schade, wenn es diese Erwartungszeit, den Advent, nicht gäbe. Weihnachten kann für uns enttäuschend sein, wenn wir nicht gelernt haben, dieses Fest zu erwarten, ja diese Erwartung auszukosten und in ihr selbst Gottes Gegenwart zu entdecken. Für die Mystiker war schon immer klar, wie wichtig die menschliche Sehnsucht in der Beziehung zu Gott ist: Nicht etwa erst das Leben nach dem Tod bringt uns Gott näher, sondern bereits unsere Sehnsucht nach ihm. Gott ist in unserer Sehnsucht gegenwärtig. Darum sollten wir unsere Sehnsüchte ernst nehmen. Noch ist Advent. Ob wir es wagen können, für die nächsten Tage unsere Sehnsüchte nicht zuzustopfen, sondern bewusst wahrzunehmen und gar zu genießen? Wenn Ihnen heute zu Hause plötzlich Kaffeeduft entgegenkommt, dann vergessen Sie nicht, sich bereits diesen Duft zu gönnen. Und gönnen Sie sich auch den Duft von Weihnachten. Warten können lohnt sich!