Das frühe Mönchtum entstand als Gegenbewegung zu einer etablierten Kirche – geprägt von radikaler Askese und drängender Erwartung. Die Übungen der Mönche, vom Fasten bis zum Gesang, sind Ausdruck einer Hoffnung: die Wiederkunft Christi zu beschleunigen. Was treibt uns heute noch an, adventlich zu leben?

Das Mönchtum entsteht in einer Zeit, in der das Christentum langsam aus den Katakomben hervorkommt, nach Verfolgungs- oder Diskriminierungssituationen schließlich öffentliche Anerkennung findet und sich etabliert.

Es scheint, als sei die Bewegung der Eremiten und Klostergemeinschaften wie eine unterirdische Gegenbewegung, die etwas erhalten will, was sonst verloren gegangen wäre. Verloren gegangen war in dieser Zeit auch die akute Naherwartung. Das intensive Erwarten der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Christi spielte keine so große Rolle mehr.

Es ist interessant zu sehen, wie zum Beispiel die Regel Benedikts von einer erstaunlichen Eile geprägt ist: "Die Stunde ist gekommen, vom Schlaf aufzustehen … Lauft, solange ihr das Licht des Lebens habt … Wir müssen jetzt, solange unsere Frist läuft, mit raschen Schritten eilen …", heißt es im Prolog der Regel. Es ist nicht die Zeit, sich einzurichten, wir sind im zweiten Advent.

Eigentlich machen alle asketischen Übungen der Mönche nur auf diesem Hintergrund Sinn: Fasten ist keine Sache, die man gerne für immer tut, wenn es nicht sein muss (nur wenn der Bräutigam nicht da ist, wie Jesus sagt); Ehelosigkeit, versprochen für ein ganzes Leben, kann lang werden und macht nur Sinn mit Blick auf den Himmel, wo man nicht mehr heiratet; stabilitas loci – warum sollte ich mich nicht von der Stelle bewegen, wenn ich nicht wüsste, dass der Herr ohnehin sehr bald kommt, eben auch dorthin, wo ich bin? Diese Formen der Askese sind eine Vorwegnahme dessen, was man unmittelbar erwartet.

Wie ernst nehmen wir heute noch die Verheißung, dass Gottes Sohn wiederkommt, in Herrlichkeit? Jesus hat uns gesagt, wie wir als adventliche Menschen leben sollen: Mit erhobenem Haupt, nüchtern, unerschrocken gegenüber allem, was da auf uns negativ einströmt, wachend und betend, in freudiger Erwartung.

Man könnte die Übungen der Mönche als Versuch sehen, die Ankunft Christi zu beschleunigen. Denn es liegt nicht an Gott, dass er nicht kommt, sondern an uns, oder eher: an Gottes Geduld mit uns. An uns ist es, uns zu beeilen!

Der 2. Petrusbrief stellt dazu fest: "Dies sollt ihr vor allem wissen: In den letzten Tagen werden Spötter kommen, die ihren Spott treiben, ihren eigenen Begierden nachgehen und sagen: Wo bleibt seine verheißene Ankunft? (…) Dies eine aber, Geliebte, soll euch nicht verborgen bleiben, dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. Der Herr der Verheißung zögert nicht, wie einige meinen, die von Verzögerung reden, sondern er ist geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle zur Umkehr gelangen. (…) Wie heilig und fromm müsst ihr dann leben, die Ankunft des Tages Gottes erwarten und beschleunigen."

Man könnte die Übungen der Mönche als Versuch sehen, die Ankunft Christi zu beschleunigen. Denn es liegt nicht an Gott, dass er nicht kommt, sondern an uns, oder eher: an Gottes Geduld mit uns. An uns ist es, uns zu beeilen!

Für mich ist das eine der stärksten Motivationen, Christ zu sein und zu bleiben und die frohe Botschaft weiterzugeben. Nachdem der unbedingte Absolutheitsanspruch der Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil entschärft ist, scheint mir dies eine kräftige Motivation zu sein: Wir möchten aktiv dazu beitragen, dass das Reich Gottes schneller Wirklichkeit wird. Es gibt wirklich keinen Grund, die vollständige Erlösung der Menschen und der Welt hinauszuzögern.

"Und jemand muss singen, Herr, wenn Du kommst!"

Die Mönche fügen da noch etwas dazu. Sie singen. Ihre Grundübung ist der Chorgesang. Mehrmals am Tag und für viele Stunden. Das gemeinsame Singen ist heute ähnlich countercultural wie der bewusst gelebte Zölibat, die Stabilität und die Gütergemeinschaft. Die Benediktinerin Silja Walter drückte das in unübertroffener Weise so aus: "Und jemand muss singen, Herr, wenn du kommst! Das ist unser Dienst: Dich kommen sehen und singen. Weil du Gott bist. Weil du die großen Werke tust, die keiner wirkt als du. Und weil du herrlich bist und wunderbar, wie keiner. Komm, Herr! Hinter unsern Mauern unten am Fluss wartet die Stadt auf dich."

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