Es ist ein buntes Bild, das sich in der zweiten und dritten Septemberwoche 2024 in Rom zeigt: Die Leiter von den weltweit 280 Benediktinerklöstern kamen zum Äbtekongress zusammen, der aufgrund der Pandemie das letzte Mal vor acht Jahren stattgefunden hatte; ansonsten treffen sich die Oberen alle vier Jahre. Sie vertreten diesmal circa 6000 Mönche.
Während in der südlichen Hemisphäre sich die Herausforderung der adäquaten Ausbildung aufgrund großer Eintrittszahlen stellt, ist die nördliche mit der Auflösung von Klöstern konfrontiert.
Fast 50 Prozent der Benediktiner leben in Europa; davon ist der Anteil im deutschen Sprachraum mit fast 15 Prozent ungefähr gleich hoch wie in ganz Asien. 20 Prozent der Benediktiner leben in Nordamerika, 12 Prozent in Afrika und 6 Prozent in Lateinamerika. Das Schwergewicht verlagert sich zunehmend nach Afrika und Asien. In diesen beiden Kontinenten beträgt das Durchschnittsalter 47 bzw. 50 Jahre, während es in Europa bei 65 Jahren liegt. Einen großen Unterschied zwischen den Kontinenten sieht man auch bei der Anzahl der Novizen pro 100 Mönche: in Afrika durchschnittlich 15, in Europa weniger als drei, fast doppelt so viele in Nordamerika. Insgesamt ist eine Tendenz zu kleineren Gemeinschaften festzustellen; heute gibt es mehr Benediktinerklöster als vor acht Jahren.
Unterschiedliche Herausforderungen
Während in der südlichen Hemisphäre sich die Herausforderung der adäquaten Ausbildung aufgrund großer Eintrittszahlen stellt, ist die nördliche mit der Auflösung von Klöstern konfrontiert. Der Abtpräses einer internationalen Kongregation überraschte mit dieser Aussage: "Für mich ist es spannend und bereichernd, Gemeinschaften zu begleiten, die ihrem Ende zugehen." Er beobachte Prozesse, die von der Resignation zu einer großen Dankbarkeit für das Geschenk der eigenen Berufung und all dessen, was das Kloster bewirkt hat, führen. Er habe gelernt, nicht zu fragen, ob und wie ein Kloster überlebt, sondern vielmehr, wie das benediktinische Charisma an einem bestimmten Ort weiterleben kann. Das gibt den alten Brüdern eine neue Aufgabe: dafür einzutreten, dass das Lob Gottes und die benediktinischen Lebenshaltungen weiterwirken können, auch wenn kein Mönch mehr vor Ort ist.
Einer der externen Referenten war der Generalabt des Zisterzienserordens, Oberer von circa 1600 Mönche in 150 Gemeinschaften. Mauro-Giuseppe Lepori rief die Benediktiner auf, sich nicht zu sehr um die Anzahl der Mitglieder zu sorgen, sondern um die Berufung des Einzelnen in einer fragilen Welt. Provokant fragte er: "Haben wir den Sinn Christi verloren, der uns am meisten am Herzen liegen müsste?" Gemeinschaften seien dann gut unterwegs, wenn sie sich "an den Interessen Jesu Christi orientieren". Er sehe mitunter von Klöstern eine problematische "Propaganda" ausgehen, die "nichts anderes verspricht als narzisstische Selbstverwirklichung." Lepori fand große Zustimmung unter den Äbten aus unterschiedlichen Ländern und Kontexten, als er schlicht festhielt: "Christus bittet uns darum, auf unseren eigenen, letztlich aber illusorischen Plan für unser Leben zu verzichten, damit wir frei sind, in das wirkliche Leben einzutreten, das er für uns ist." Deshalb sei das benediktinische Leben vor allem eine Schule, "in der die Liturgie und der Abt immer auf Christus als Zentrum des Lebens hinweisen und dazu aufrufen und erziehen, sich an Ihn zu erinnern, zu Ihm zurückzukehren und alles für Ihn, mit Ihm und in Ihm zu leben."
Wieder wird ein Deutscher Abtprimas
Genau genommen ist der "Benediktinerorden" kein Orden, sondern eine Konföderation, eine lockere Vereinigung von weltweit 19 Klosterverbänden (Kongregationen), die alle von einem eigenen Abtpräses oder Generalabt geleitet werden. Im deutschen Sprachraum gibt es je eigene Kongregationen für die Schweiz, Österreich und Bayern. Vor allem in Deutschland gehören viele Klöster internationalen Kongregationen an, wie der von St. Ottilien oder Beuron.
Zwar repräsentiert der Abtprimas alle Benediktiner, aber rechtlich gesehen hat er nur wenige Befugnisse.
Papst Leo XIII. hat im Jahr 1893 eigens das Amt des Abtprimas geschaffen, um die Einheit unter den vielen Klöstern und Kongregationen zu fördern. Zwar repräsentiert der Abtprimas alle Benediktiner, aber rechtlich gesehen hat er nur wenige Befugnisse. Für die weltweit etwa 10.000 Benediktinerinnen hat der Abtprimas eine mehr symbolische Relevanz. Viele ihrer Klöster sind Mitglieder in "gemischten" Kongregationen, die aus Frauen- und Männergemeinschaften bestehen. Darüber hinaus organisieren sich die Schwestern und Nonnen auch in der Communio Internationalis Benedictinarum (CIB), der "Internationalen Gemeinschaft der Benediktinerinnen".
Seinen Amtssitz hat der Abtprimas in Sant’Anselmo auf dem Aventin, einem der sieben Hügel Roms. Dort befindet sich auch das internationale Kolleg für über 100 Studenten und Professoren aus verschiedenen Klöstern sowie das Päpstliche Athenäum, die ordenseigene Hochschule, an der 850 Studierende eingeschrieben sind (davon etwa 10 Prozent Benediktinerinnen und Benediktiner).
Beim diesjährigen Äbtekongress wurde COMMUNIO-Autor Jeremias Schröder, der bisherige Abtpräses der Kongregation der Missionsbenediktiner von St. Ottilien, zum 11. Abtprimas der Benediktinischen Konföderation gewählt. Sein direkter Vorgänger ist der Amerikaner Gregory Polan, dessen Vorgänger wiederum Notker Wolf war, der ebenfalls aus St. Ottilien kam und 16 Jahre lang der Konföderation vorstand.
Nach der Annahme seiner Wahl und dem von 250 Kongressteilnehmern feierlich gesungenen Te Deum sagte der neue Abtprimas in seinen Dankesworten, dass ausgerechnet am 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung, auch sein Professtag sei. Er lud alle ein, mit ihm das "Suscipe me, Domine" anzustimmen, das jeder Mönch bei der Ablegung seiner Profess singt: "Nimm mich auf, o Herr, nach deinem Wort, und ich werde leben; lass mich in meiner Hoffnung niemals scheitern."