Am 2. November war Gräberbesuch auf dem Campo Verano. Auf diesem römischen Stadtfriedhof liegen in der Gruft von Sant'Anselmo Studenten und Laienbrüder, ein Abtprimas, zwei Äbte sowie etliche Professoren. Einer ist P. Guy Ferrari OSB, ein amerikanischer Historiker, der sich mit dem frühen Mönchtum in der Stadt Rom beschäftigt hat. Seine Erkenntnis war, dass die Benediktiner dort lange Zeit keine Rolle gespielt haben.
Die frühmittelalterlichen Klöster der Ewigen Stadt gehörten zum Basilika-Mönchtum: Die Mönche oder Nonnen waren verantwortlich für die Liturgie an den großen und kleineren Kirchen der Stadt. An den großen Basiliken – St. Peter, Lateran – gab es mehrere Gemeinschaften, die diese Aufgaben übernahmen. Dieses Basilika-Mönchtum fand ein Echo in der Regel Benedikts: die Profess auf die Heiligen, deren Reliquien im Kloster aufbewahrt werden, und der Vorrang des liturgischen Gottesdienstes, dem nichts vorgezogen werden soll, entsprang wohl dieser Lebensform.
Während der Siegeszug der Benediktusregel in Europa mit dem Prestige der Stadt Rom eng verbunden war – durch die Benediktusbiographie Papst Gregors und durch die Deutung Benedikts als eines "abbas romensis" –, finden sich vor dem 10. Jahrhundert kaum benediktinische Spuren in Rom. Wie auch in anderen Dingen, so bewahrte die römische Kirche ganz eigene Traditionen. Die älteste benediktinische Gründung war wohl das Cluniazenser-Priorat auf dem Aventin, an dem Ort, wo sich heute die Malteservilla befindet. Hildebrand, der spätere Reformpapst Gregor VII., lebte dort als Mönch, bevor er begann, die Kirche umzukrempeln.
Drei Nonnenklöster haben überlebt
Im zweiten christlichen Jahrtausend sollte sich das ändern. Eine Vielzahl von Klöstern entstand – Mönche und Nonnen, gewöhnliche schwarze Benediktiner genauso wie Reformzweige. Drei Nonnenklöster, dazu Kamaldulenser, Vallombrosaner, Olivetaner, Silvestriner und Missionsbenediktinerinnen gibt es bis heute; die Cölestiner sind untergegangen, genauso wie die Nonnen vom Campo Marzio und manch anderes Haus.
Benediktiner in Rom, das ist ein monastisches Kaleidoskop. Über dem Ganzen thront auf dem Aventin Sant’Anselmo: Hochschule, Kolleg und Sitz des Abtprimas. Hier versuchen Mönche aus fünf Kontinenten, Gott und seine Welt zu begreifen oder doch wenigstens im Blick zu behalten, "mit weitem Herzen", wie es in der Regel heißt.
Das "Flaggschiff" der Benediktinerpräsenz in Rom war lange Zeit St. Paul vor den Mauern. Die dortige Papstbasilika wird bis heute von einer Mönchskommunität liturgisch und pastoral belebt. Bis vor ein paar Jahren war der Abt der höchste Repräsentant dieses Gotteshauses, inzwischen gibt es einen Kardinalpriester. Die Anfänge von Solesmes und Beuron sind mit diesem Kloster verknüpft, und das Zweite Vatikanum wurde im dortigen Kapitelsaal angekündigt. Die Kamaldulenserinnen auf dem Aventin sind für Ihre Armenfürsorge bekannt, was ihnen einen Überraschungsbesuch von Papst Franziskus eingetragen hat.
Wo die Römerinnen und Römer Schlange stehen
Richtig ins Herz geschlossen aber haben die Römer einen anderen benediktinischen Ort: das Kloster der heiligen Francesca Romana in Tor de 'Specchi, unterhalb vom Kapitol. Francesca Ponziani war eine wohlhabende Römerin, mystisch begabt, wundertätig und aufopferungsvoll im Dienst an den Armen. Nach dem Tod ihres Mannes gründete sie 1425 eine Oblatengemeinschaft: Römerinnen, oft aus besseren Kreisen, die nach der Regel Benedikts leben, aber ohne strenge Klausur. An ihrem Gedenktag bilden sich vor dem Kloster Schlangen "wie vor den vatikanischen Museen". Die Gemeinschaft ist sehr zusammengeschmolzen. Seit kurzem gibt es dort ein Studentenwohnheim für Benediktinerinnen, und mehrere Nonnen bereiten sich darauf vor, diesen römischen Ort wieder zu stärken.
Benediktiner in Rom, das ist ein monastisches Kaleidoskop. Über dem Ganzen thront auf dem Aventin Sant'Anselmo: Hochschule, Kolleg und Sitz des Abtprimas. Hier versuchen Mönche aus fünf Kontinenten, Gott und seine Welt zu begreifen oder doch wenigstens im Blick zu behalten, "mit weitem Herzen", wie es in der Regel heißt.