Im Zeichen der HoffnungRom vor Ostern

Rom bereitet sich auf die Kar- und Ostertage im Heiligen Jahr vor. Inwiefern der Papst an den Feierlichkeiten teilnehmen wird, ist fraglich. Rom-Pilger folgen den traditionellen Stationen. Andere wollen am Weißen Sonntag bei der Heiligsprechung des "Cyber-Apostels" Carlo Acutis dabei sein.

Kreuz mit entzündeten Lichtern vor dem Kolosseum am Karfreitag in Rom
Kreuz mit entzündeten Lichtern vor dem Kolosseum am Karfreitag in Rom© Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani/KNA

Rom atmet in diesen Wochen vor Ostern die Luft des Heiligen Jahres. Die Stadt, in dieser Zeit seit jeher Ziel von Besuchern aus aller Welt, vibriert im Rhythmus der Pilger und Touristen, die an den Gräbern der Apostel und in den unzähligen Kirchen nach Versöhnung und Erneuerung suchen – oder einfach nach einem Selfie für den Instagram-Account. Das Motto "Pilger der Hoffnung" tut sich überall in der Stadt kund. Doch über der Vorfreude auf die zentralen Feiern des Glaubens liegt bei manchen wohl auch eine gewisse Enttäuschung. Das Ende März veröffentlichte Programm des vatikanischen Liturgiebüros für die Kar- und Ostertage listete zwar die vertrauten Höhepunkte bis zum österlichen Segen "Urbi et Orbi" auf –, doch die Teilnahme von Papst Franziskus ist zuhöchst ungewiss. Zwar ist der aktuelle Pontifex immer wieder für Überraschungen gut, wie kürzliche unangekündigte Besuche im Petersdom, in Santa Maria Maggiore oder am Ende der Palmsonntagsfeier beweisen, doch die noch bis 23. Mai dauernde ärztlich angeordnete Erholungszeit und die nach wie vor bestehenden Atemschwierigkeiten des Nachfolgers Petri lassen nicht allzu viel Raum für Spekulation.

Der Ur-Pilgerweg der Christen

Die Situation wirft ein besonderes Licht auf die Karwoche in Rom. Sie wird nicht nur zum liturgischen Höhepunkt des Kirchenjahres und zum Zielpunkt unzähliger Pilgerreisen, sondern auch zu einer existenziellen Erfahrung der Communio in ihrer manchmal auch schmerzhaften Realität. Denn eigentlich sind ja diese Tage selbst der Ur-Pilgerweg des Christen: der Weg Jesu durch Leiden und Tod zur Auferstehung. Und um dieser Erfahrung nachzugehen, bietet Rom in der Settimana Santa, auch im Falle eines Fehlens des Papstes, ausreichend Möglichkeiten. Neben all der "großen Liturgien" sind es zum Beispiel die Stationsgottesdienste, die schon während der gesamten Fastenzeit über die Gläubigen Roms in Bewegung gehalten haben, die zum Wandern und Mitfeiern einladen. Oder die oft mit der Übertragung des Allerheiligsten am Gründonnerstag verbundene Tradition des Giro delle Sette Chiese: Die von Philipp Neri (1515–1595) popularisierte Wallfahrt zu sieben Hauptkirchen Roms gibt nicht nur Gelegenheit zum Passieren der Heiligen Pforten in den Papstbasiliken, sondern auf der rund 20 bis 25 Kilometer langen Strecke die Möglichkeit, sich die Ewige Stadt in der Spur jahrhundertealter Pilgerpfade im wahrsten Sinne des Wortes zu "ergehen" (so man nicht die Öffis bevorzugt).

Zu den sieben Kirchen gehört unter anderem Santa Croce in Gerusalemme, Stationskirche des Karfreitags, wo die Kaiserinmutter Helena der Überlieferung nach diverse Passionsreliquien – Partikel des Kreuzes, der Dornenkrone, des Titulus Crucis – zusammengetragen hat. Der Wunsch, die Via Crucis auch in Rom greifbar werden zu lassen und materiale Verbindungen zwischen den christlichen Orten zu schaffen, wird hier deutlich. Doch überlagern sich die Orte und Zeiten an diesem Tag noch auf ganz andere Weise, nämlich beim spätabendlichen Kreuzweg am Kolosseum, bei dem das antike Amphitheater, einst Stätte grausamer Spektakel und Martyrien, zum Ort des Gedenkens an das Leiden Christi und zugleich der Leidenden der Vergangenheit und Gegenwart werden. Biblische Heilsgeschichte, die Geschichte Roms und der Blick auf das Jetzt durchdringen sich dabei auf einzigartige Weise.

Für einige Gläubige sind es aber ohnehin gar nicht so sehr die Kar- und Osterfeierlichkeiten (mit oder ohne Papst), die in diesen Tagen des Heiligen Jahres zur Wallfahrt rufen. Für sie stellt vielmehr die Heiligsprechung von Carlo Acutis (1991–2006), die am Weißen Sonntag im Petersdom erfolgt, den Grund dar, sich auf die Reise ins frühlingshafte Rom zu begeben. Der allzu jung an Leukämie verstorbene "Cyber-Apostel der Eucharistie", der in Italien hinsichtlich seiner Beliebtheit bisweilen schon Pater Pio Konkurrenz zu machen scheint, gilt für viele Gläubige als Hoffnungszeichen jugendlicher Heiligkeit im digitalen Zeitalter. Gründe für einen Ausflug nach Rom gibt es in diesen Tagen also genug. Grund und Zeichen der christlichen Hoffnung erreichen die Menschen, Gott sei Dank, aber auch in den Gemeinden daheim.

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