Die Reise der "Heiligen Drei Könige" nach Betlehem: Der Evangelist Matthäus erzählt eine Geschichte über Natur und Gnade, über Offenbarung, Gottesverehrung und universale Menschlichkeit.

Gold, Weihrauch und Myrrhe – diese drei Gaben bringen die Weisen aus dem Morgenland zum Jesuskind nach Bethlehem. So steht es in der Weihnachtsgeschichte des ersten Evangeliums (Mt 2,1-12). Aus der Dreizahl der Gaben hat die Tradition auf die Dreizahl der Reisenden geschlossen, aus der Kostbarkeit der Gaben auf ihren Rang als Könige und aus dem Geben auf ihre Frömmigkeit. So sind die "Heiligen Drei Könige" populär geworden, weit über Köln hinaus, wo der Dom seit Ende des 12. Jahrhunderts den kostbaren Schrein birgt, der ihrer Verehrung dient.

Es gibt keine Offenbarung ohne Wahrnehmung, kein Aufleuchten des Gottesglanzes ohne Reflexe in der Menschenwelt und kein Geheimnis des Glaubens ohne Gotteskinder, die es wahren.

"Epiphanias" heißt der 6. Januar im liturgischen Kalender, "Dreikönigsfest" im Volksmund. Beides ist richtig. Die Christologie steht im Mittelpunkt. Im Kind Marias kommt Gott zum Vorschein. "Immanuel" ist der prophetische Name Jesu bei Matthäus, "Gott mit uns" (Mt 1,23: Jes 7,14). Aber die "Heiligen Drei Könige" sind keine Randfiguren. Es gibt keine Offenbarung ohne Wahrnehmung, kein Aufleuchten des Gottesglanzes ohne Reflexe in der Menschenwelt und kein Geheimnis des Glaubens ohne Gotteskinder, die es wahren. Der Kölner Dreikönigenschrein baut ein Haus für Gottes Volk. Für die Prophetie und für die beiden idealen Könige Israels, David und Salomo, ist Platz, für die Apostel, ursprünglich auch für Szenen aus dem Leben Jesu und für eschatologische Motive aus der Johannesoffenbarung – eine Gesamtkomposition, die Christus, Israel und Kirche, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Inspiration, Kunst und Materialität verbindet: für die Pilger, denen Gottes Glanz im Gold des Reliquiars zur Anschauung gebracht wird.

Magoi, Magier, sagt der griechische Text des Matthäus (Mt 2,1), sind die Besucher von Bethlehem. Nicht religiöse Zauberer sind gemeint, die durch professionelle Praktiken Einfluss auf Gott oder die Götter nehmen wollen, sondern Wissenschaftler, die erkunden, was die Welt im Innersten bewegt, auch am Firmament. Der Osten, der Orient, das Morgenland ist für seine Sternkunde berühmt. Astronomie und Astrologie vermischen sich. Den Lauf der Gestirne haben die Babylonier deshalb so genau untersucht, weil sie die Himmelskörper als göttliche Kräfte angesehen haben, die Einfluss auf das Schicksal von Menschen und ganzen Völkern nehmen. Deshalb haben seit der Antike, beginnend mit dem radikalen Tertullian (De idololatria 9), nicht wenige Ausleger theologische Bedenken – die sie nur dadurch beruhigt haben, dass sie eine Bekehrung von Heiden zum wahren Glauben erzählt zu finden meinten.

Die Natur weist den Weg zum Erlöser

Aber die Wissenschaft, die in der Bibel hochgeachtet wird, reicht tiefer als die Ängste um Rechtgläubigkeit. Der Stern, den die Magier im Osten, also in ihrer Heimat, aufgehen gesehen haben (Mt 2,2), ist der Stern des Messias. Diese Einsicht gewinnen sie, weil sie den Mythos eines gestirnten Götterhimmels, der die Geburt von Heroen anzeigt, durchschauen und den aufgehenden Stern, den sie sehen, mit dem Volk verbinden, das den einen Gott verehrt. Ihr Vorläufer ist Bileam, der heidnische Propheten wider Willen, der Israel verfluchen soll, aber – Gott sei Dank – den Segen preist, der von Israel ausgeht: "Ein Stern geht auf in Jakob, ein Zepter erhebt sich in Israel" (Num 24,17). Der Stern Bileams ist die Metapher einer Zukunft des Gottesvolkes, die in Gottes Hand segensreich ist (Num 23,11). Der Stern am Himmel des Orients ist in der Welt der matthäischen Geschichte ein himmlisches Zeichen der Natur, die Gott geschaffen hat, um den Menschen den Weg zum Erlöser zu zeigen.

Der Weg der Magier ist eine Forschungsexpedition, die zur Pilgerreise wird. Sie suchen den "neugeborenen König der Juden" (Mt 2,2) in Jerusalem, der Königsresidenz, die allerdings von Herodes, "dem Großen", okkupiert worden war. Sie müssen weiter, nach Bethlehem. Das erfahren sie von den Schriftgelehrten am Herrscherhof, die den Propheten Micha und seine Vision kennen, dass aus der kleinen Davidsstadt in Judäa der "Fürst", der "Hirte" des Gottesvolkes Israel hervorgehen wird (Mt 2,6: Mi 5,1-3).

Natur und Gnade, Schöpfung und Erlösung

Nach der exegetischen Expertise der jüdischen Schriftgelehrten stimmt in der Erzählung wieder alles zusammen: Stern und Kind, Natur und Gnade, Schöpfung und Erlösung. Die "Weisen" wissen in Bethlehem, was zu tun ist. Es ist eine einzige Bewegung, die Matthäus schildert: "Sie kamen zum Haus und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten an und öffneten ihre Schätze und brachten ihm Gaben dar: Gold und Weihrauch und Myrrhe" (Mt 2,11). Die Magier finden weit früher als alle anderen zum Glauben. Bei Matthäus sind sie Vorboten der Jünger aus den Völkern, die durch die österliche Mission erst noch gewonnen werden sollen (Mt 28,18-20). Sie folgen dem Stern, weil sie ihrem Wissen trauen – und finden zum Glauben, weil sie weder die kosmischen Zeichen übersehen noch das, was geschrieben steht.

Die Geschenke passen ins Bild. Gold, Weihrauch und Myrrhe haben schon früh die allegorischen Interpretationen inspiriert, die bis heute beliebt sind. Irenäus von Lyon hat in der Kritik an Gnostikern, die den Zusammenhalt der beiden Testamente leugneten, eine Deutung vorgetragen, die von der Bibel Israels inspiriert ist: "Und von dem Stern in das Haus Jakobs zum Emmanuel geführt, haben sie durch die Darbringung ihrer Geschenke angezeigt, wer der war, den sie anbeteten: durch die Myrrhe, dass er es war, der für das sterbliche Geschlecht der Menschen sterben und begraben werden wollte; durch das Gold, dass er der König war, ‚dessen Reich kein Ende hat‘ (Lk 1,33); durch den Weihrauch, dass er ‚der in Judäa bekannt gewordene Gott‘ (Ps 76,2) ist, der sich denen offenbarte, die ihn suchten" (Adversus haereses III 9,2).

Alle drei Gaben sind kostbar; sie sprechen die menschlichen Sinne an: der Goldglanz die Augen, der Weihrauch die Nase, die Myrrhe die Haut. Der Symbolwert des Goldes spricht für sich, Weihrauch gehört zum Kult (Ex 30,34; Offb 8,4), aus Myrrhe wird eine Duftsalbe hergestellt (Ps 45,9), die zum Christus passt, dem Gesalbten. Nach dem Hohelied werden beim Kommen des Bräutigams, den die Braut sehnlichst erwartet, Myrrhe und Weihrauch verbrannt, damit sich Wohlgeruch verbreitet; schon die jüdische Allegorie sieht Gott ins Bild gesetzt, der sich zu seinem Volk Israel aufmacht, weil er es liebt (Hld 3,6). Dennoch geht Irenäus mit seinem Verweis auf den Tod Jesu nicht fehl. Nach dem Markusevangelium wird Jesus am Kreuz Wein gereicht, der mit Myrrhe versetzt ist (Mk 15,23), weil die Pflanze eine sedierende Wirkung hat (Pedanius Dioskerudis, De materia medica I 64,3). Nach dem Johannesevangelium wird Jesus bei der Grablegung von Nikodemus mit Myrrhe und Aloë einbalsamiert (Joh 19,39) – ein stummes Bekenntnis zur Messianität des Gekreuzigten.

Die kostbaren Gaben stehen für das Lob Gottes, das Gotteslob ist die kostbarste Gabe.

Die Spur in die Bibel Israels, die Irenäus gegen die Gnostiker verfolgt, um die christologische Zeichensprache des Evangeliums zu entziffern, führt zum Ziel. Die alttestamentlichen Schrifttexte der Festliturgie zeichnen sie nach. Das Jesajabuch blickt auf die eschatologische Wallfahrt der Völker voraus (Jes 60,1-6): "Sie alle kommen von Saba, sie bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn." Die kostbaren Gaben stehen für das Lob Gottes, das Gotteslob ist die kostbarste Gabe. Die Erinnerung an die Königin von Saba lebt auf, die nicht nur mit Fragen, sondern auch mit Balsam, Gold und Edelsteinen zu Salomo zog (1 Kön 10,1-13). Jesus selbst hat die "Königin des Südens" in Erinnerung gerufen, die nach Salomos Weisheit suchte (Mt 12,52; Lk 11,31), und dadurch angedeutet, bei wem er, der "mehr ist als Salomo", in Zukunft vor allem Zustimmung finden wird.

Als Zwischengesang wird Ps 72 gebetet: "Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben" (Ps 72,10). Wer den Psalm etwas weiter betet, erkennt: Gold ist gerade gut genug (Ps 72,15); der "Libanon" bringt Frucht – und "Libanon" ist der biblisch-griechische Name für "Weihrauch" (Mt 2,11). Tarschisch steht für den Nordwesten (Jon 1,3), Saba und Seba für den Südosten der Welt (Gen 10,7), so wie die Landkarte der Bibel sie erfasst. Myrrhe wird dort angebaut. Wer die Gaben empfängt, ist der – messianische – König von Israel in der Tradition Davids: Der Kontrast zum Kind von Bethlehem könnte nicht größer sein, die Entsprechung auch nicht.

Die Gaben sind ein Opfer – nicht eines, mit dem man Gott gnädig stimmen wollte und sich selbst demütigen würde, sondern eines, das zum Ausdruck bringt, was Gott immer schon gehört und was mit Dank genossen werden darf.

Wichtiger als die Gaben ist das Geben. In der Lutherbibel ist vom "Schenken" die Rede – ein schöner Brauch, der Großherzigkeit zum Ausdruck bringt, die Bereitschaft, anderen eine Freude zu machen. Aber das griechische Verb prosphérein ist ein kultischer Terminus. "Darbringen" ist die bessere Übersetzung; "hin zu" ist die Richtung (prós), "tragen" (phérein) die Handlung: eine Bewegung, eine Änderung im Raum, die einen Wandel des Herzens anzeigt, der Transport eines Objektes, der die Transformation eines Subjektes zum Ausdruck bringt.

Die Gaben sind ein Opfer – nicht eines, mit dem man Gott gnädig stimmen wollte und sich selbst demütigen würde, sondern eines, das zum Ausdruck bringt, was Gott immer schon gehört und was mit Dank genossen werden darf. Das Opfer der Magier ist keine Tributleistung, die sie erbringen müssten, um ihre Unterwerfung zu besiegeln, sondern eine freiwillige Anerkennung Gottes in der Person Jesu. Das Geben bringt ihr Wissen und ihr Können, ihr Haben und ihr Sein zum Ausdruck. Als Darbringung verstanden, ist die Opferung eine Rückgabe: ein symbolischer Ausdruck dessen, dass alles von Gott kommt und ihm gehört, so dass er nimmt, was er gibt, und empfängt, was er besitzt, damit diejenigen, die geben, sich selbst gewinnen und werden, was sie schenken: ein Schatz von höchstem Wert.

Nicht zu klein von Gott denken

Die theologische Deutung weitet den Blick. Denn was die Magier dem Kind von Bethlehem, in dem sie Gott verehren, darbringen, sind ihre eigenen Schätze: Gold, Weihrauch und Myrrhe sind Naturprodukte, die durch harte Arbeit kostbar werden. Sie werden auf der ganzen Welt gehandelt, sie haben einen hohen Wert: materiell und ideell. Die Magier haben sie erworben – und geben sie weiter: in die richtigen Hände, in die Gottes, der ihnen in Jesus begegnet.

Die ganze Welt ist Gottes Gabe; wenn Menschen mit ihrer Hände Arbeit den Schöpfungsauftrag annehmen, geben sie Gott die Ehre. Die Idee, alles Leben außerhalb von Gottes Volk sei verseucht, ist vermessen: Sie denkt zu klein von Gott, dem Herren aller Mächte und Gewalten, aller Zeiten und Räume. Die besten Gaben der Schöpfung und der menschlichen Kultur zu Gott zu bringen, weitet das Herz: Gott weist sie nicht zurück; er braucht sie nicht, doch er nimmt sie an, weil er ihren Wert erkennt – und diejenigen liebt, die sie zu ihm bringen: besonders, wenn es ein Mensch ist, der von der Gabe an Gott profitiert.

Die Magier bringen bei Matthäus den vollen Christusglauben mit nach Hause, weil sie in Jesus Gott erkennen, in der Niedrigkeit die Herrlichkeit, im Stern das Zeichen der Rettung und in Bethlehem den Nabel der Welt.

Die Magier, so beschließt Matthäus diesen Teil der Geschichte, kehren zurück in ihr Land (Mt 2,12). Sie wählen einen anderen Weg, um sich und Jesus nicht zu gefährden. Wie Gold, Weihrauch und Myrrhe, die sie aus der großen weiten Welt nach Bethlehem bringen, Gaben sind, die Gott wohlgefallen, so ist auch das Land, in dem sie leben, für Gott keine Fremde, sondern die Welt, die er erschaffen hat, bewohnt von Menschen, die er liebt. Die Magier bringen bei Matthäus den vollen Christusglauben mit nach Hause, weil sie in Jesus Gott erkennen, in der Niedrigkeit die Herrlichkeit, im Stern das Zeichen der Rettung und in Bethlehem den Nabel der Welt.

Geschichten, die Frieden stiften

Der Kontrast zur kriegerischen Gegenwart in Afghanistan, im Iran, im Irak, in Syrien, im Sudan, in Äthiopien, im Libanon, in Israel, in Palästina – überall dort, wo das Evangelium spielt – könnte größer kaum sein. Desto wichtiger sind Gottesgeschichten und Deutungen, die nicht Hass schüren, sondern Frieden stiften. Die Weisen aus dem Morgenland sind Friedensboten. Sie zeigen, wie Grenzen zu Brücken werden, Unterschiede zu Reziprozitäten und Reisen zu diplomatischen Missionen: durch zivilisierte Gottesliebe, durch kostbare Begegnungen, durch Wissenschaft, die Weisheit ist.

Der Schatten antijüdischer Exegese liegt allerdings auch über der Auslegungsgeschichte des Matthäusevangeliums: Angeblich werde die Partikularität durch Universalität, die Kasuistik durch Großherzigkeit, das Gesetz durchs Evangelium überwunden. Alles Unsinn. Desto wichtiger sind Exegesen, die den Dialog zwischen den beiden Testamenten der Heiligen Schrift fördern. Die universale Weite des Weihnachtsfestes ist in der Bibel Israels selbst angelegt. Ohne die alttestamentlichen Wurzeln gäbe es kein neutestamentliches Evangelium. Ohne den Zug der Völker zu Gott gibt es keine Vollendung Israels, ohne den Messias keine Erlösung, ohne das Reich Gottes kein Bethlehem der Verheißung.

Wissenschaft führt zu Gott

Hat das alles genau so stattgefunden? Die Historizität der Geschichte ist prekär, allen Spekulationen über den Weihnachtsstern zum Trotz. Aber der Symbolwert ist hoch. Er beruht nicht auf einer Idee, sondern auf einer tiefen Einsicht des Glaubens, der Gottes Geschichte mit Jesus deutet. Wissenschaft führt zu Gott – wenn sie die Frage nach ihm nicht für unwissenschaftlich erklärt. Wissenschaft braucht allerdings die Heilige Schrift, das offenbarte Gotteswort im Menschenwort, um das Gottespostulat menschlich werden zu lassen: in Jesus von Nazareth, dem messianischen Davids- und Gottessohn aus Bethlehem. Die Verehrung Jesu als epiphaner "Gott mit uns" ist die Konsequenz einer Wissenschaft, die im Glauben von der Schöpfung auf den Schöpfer, von der Prophetie auf den Messias und vom geschriebenen auf das menschgewordene Wort Gottes schließt.

Die Frontpartie des Kölner Dreikönigenschreins ist aus reinem Gold. Sie war den Pilgern zugewandt. Ihr Bildprogramm gehört zu einer ganzen Serie von Jesusszenen auf den Dachflächen der Längsseiten, die verlorengegangen sind. Drei Szenen sind an der Vorderwand noch zu sehen: oben der Weltenrichter, unten rechts die Taufe Jesu und links daneben der Zug der "Heiligen Drei Könige" zu Maria mit dem Kind. Die beiden Bildteile der Epiphanie werden durch eine Doppelsäule gegliedert, die wie eine Pforte ist: Der Weg aus der großen weiten Welt führt ins Zentrum, zur Gottesmutter mit dem Gottessohn. Der erste König beugt schon das Knie, die beiden anderen Könige werden es ihm nachtun.

Dieses Relief ist der einzige direkte Bezug zu den Reliquien, die im Schrein geborgen werden. Es ist genau dort angebracht, wo ihre Berührung möglich war, wenn die Trapezplatte, die über der Szene angebracht ist, fortgenommen wurde. Die Magier bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe. Ihre Gaben sind ihr größter Schatz. Sie selbst sind die besten Geschenke.

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