In Polen fordert eine Petition an das Parlament, unterschrieben von 13.000 Bürgern, die Beichte für Personen unter 18 Jahren zu verbieten. Den Erzbischof von Posen, Stanisław Gądecki, erinnert das an kirchenfeindliche Gesetze in der Ära des Stalinismus. Eine Redakteurin des Portals katholisch.de nahm die Debatte zum Anlass, sich der Forderung anzuschließen, die Beichte als Voraussetzung für die Erstkommunion abzuschaffen. Kinder von 8 oder 9 Jahren seien "nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld oder Sünde richtig zu begreifen".
Heißt das also, dass man Kindern in den ersten zehn Jahren ihres Lebens nicht mit moralischer Orientierung behelligen darf?
Als ich vor ein paar Monaten meiner achtjährigen Nichte Süßigkeiten mitbrachte, warf sie einen Blick auf die Verpackung und bemerkte, dass Schokolade "ungesund" und die Ampel diesbezüglich auf "rot" stehe. Offenbar hatten die Kinder in der Schule kurz zuvor die "Ernährungsampel" durchgenommen. Hat die Schule die Kinder mit der Veranschaulichung richtiger und falscher Ernährung in übergriffiger Weise überfordert?
Jede Hinführung zur Kinderbeichte beschäftigt sich mit ebendieser grundlegenden Frage: Was ist gut für mich wie für andere, was ist schädlich? Sie weitet dabei jedoch den Blick auf Gott. Liegt also da das Problem?
Natürlich nicht. Auch Kinder haben ein – ihrer Entwicklung entsprechendes – Bewusstsein von Gut und Böse, Richtig und Falsch. Eltern, Erzieher, Lehrer fördern und bilden dieses ethische Bewusstsein der Kinder jeden Tag.
Jede Hinführung zur Kinderbeichte beschäftigt sich mit ebendieser grundlegenden Frage: Was ist gut für mich wie für andere, was ist schädlich? Sie weitet dabei jedoch den Blick auf Gott. Liegt also da das Problem? Wenn Gott eine Bedeutung für Menschen hat und haben soll, dann haben auch die Hinweise eine Bedeutung, die er für ein gelingendes Leben gibt: in seiner Schöpfung, in seinen Geboten, im Vorbild Jesu.
Kindern mit dem "hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung" zu kommen, könne "leicht überfordern", heißt es auf katholisch.de. Das Argument überzeugt mich nicht: Die Eucharistie als Sakrament des Leibes und Blutes Christi ist nicht weniger "hochtheologisch". Jeder, der haupt- oder ehrenamtlich in der Katechese mitwirkt, wird bestätigen, dass es herausfordernd ist, das Sakrament der Buße zu erschließen. Aber das gilt für alle Sakramente.
Die Frage hinter der Frage
Was könnte also die Frage hinter der Frage sein? Müssten wir nicht ehrlich benennen, dass es in der katholischen Kirche über vieles keinen Konsens mehr gibt: Was gilt überhaupt als Sünde? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Versöhnung mit Gott und dem Empfang der Eucharistie? Was hat meine Schuld mit der Kirche und mit einem geweihten Amtsträger zu tun?
In der Tat erleben viele Kinder, dass die Beichte für die Erwachsenen, die sie kennen, keine Bedeutung hat. Muss man aber daraus ableiten, Erstkommunionkinder mit der Beichte einfach nicht mehr vertraut zu machen?
Ein gewichtiges Argument gegen die verpflichtende Verbindung von Beichte und Erstkommunion ist die Gefahr des Missbrauchs. Das muss ernst genommen werden. Aber gibt es bei der Kinderbeichte tatsächlich ein höheres Risiko als bei anderen Formen der Begleitung von Kindern durch Erwachsene, sei es in Therapien, beim Instrumentalunterricht oder beim Sport? Jeder dieser Anlässe ist hoch sensibel. Wer sich öffnet, ist verletzlich. Das schließt aber diese Formen nicht aus. Es fordert vielmehr eine gute Aus- und Weiterbildung von Seelsorgern und Katecheten. Ohne Zweifel ist von ihnen Sensibilität und Achtung vor den Grenzen verlangt, die der andere – ob Kind oder Erwachsener – setzt.
Aber wer sich entscheidet, sein Kind zur Erstkommunion anzumelden, der braucht Klarheit darüber, dass es einen solchen Weg nicht ohne gewisse Anforderungen gibt.