Der Schuss könnte auch nach hinten losgehen. Die Initiative "Neuer Anfang" hat den Kirchenrechtler Heribert Hallermann beim Wort genommen, und geht in Rom kirchenrechtlich gegen die Deutsche Bischofskonferenz vor.
Es geht um den Synodalen Ausschuss, der die Einrichtung eines Synodalen Rates als neues kirchliches Beratungs- und Leitungsgremium in Deutschland vorbereiten soll. Im Vatikan sieht man die deutschen Pläne kritisch. Trotzdem hieß es nach einem Treffen deutscher Bischöfe mit Kurienvertretern am 22. März, der Weg für den Ausschuss sei nun frei. Hallermann und andere Kirchenrechtler meinen aber: Die juristischen Einwände, die der Vatikan in einem Brief im Februar formuliert hatte, sind nicht ausgeräumt; die Annahme der Satzung des Synodalen Ausschusses durch den Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz vom 22. April 2024 war widerrechtlich und ungültig.
Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat sich schon öfter über anonyme Beschwerden in Rom beklagt. Die Transparenz des "Neuen Anfangs" müsste er darum begrüßen.
Gestern ist nun der Ausschuss in einem Mainzer Hotel zu seiner zweiten Sitzung zusammengetreten. Einen Tag vorher gab die Initiative "Neuer Anfang" – eine 2021 gegründete Gruppe von Kritikern des Synodalen Weges um den Publizisten Bernhard Meuser und den Theologen Martin Brüske – bekannt, sie habe den Heiligen Stuhl offiziell um eine Prüfung gebeten, ob der Beschluss vom April "der kirchlichen Rechtsordnung entspricht". Hallermann hatte im Interview angedeutet, die vatikanische Bischofskongregation werde auf eine entsprechende Prüfbitte hin ein Verwaltungsverfahren durchführen. Und er ergänzte: "Ich vermute, das könnte schnell entschieden werden, weil die Angelegenheit rechtlich ziemlich eindeutig ist."
Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat sich schon öfter über anonyme Beschwerden in Rom beklagt. Die Transparenz des "Neuen Anfangs" müsste er darum begrüßen.
Das "Go" des Kardinalstaatssekretärs
In Mainz gab sich Bätzing selbstbewusst. Kardinal Pietro Parolin, die Nummer 2 im Vatikan, habe das Vorhaben beim Treffen im März abgesegnet, so Bätzing: "Der Synodale Ausschuss hat das 'Go' des Kardinalstaatssekretärs und der beteiligten Kardinäle und wir können mit dem Statut, das wir erarbeitet haben, unterwegs sein. Was wollen Sie mehr?"
Fragt sich, ob Parolin das Ergebnis der Gespräche genauso in Erinnerung hat. Sind für die römischen Behörden ihre rechtlichen Bedenken tatsächlich ausgeräumt? Oder hat man sich eher für eine vorläufige praktische Duldung eines Vorhabens entschieden, von dem sich die Deutschen ohnehin nicht abbringen lassen – juristische Ungereimtheiten hin oder her?
Wenn Rom die Anfrage unbeantwortete lässt, können Bätzing und die Akteure des Synodalen Ausschusses dies als weitere Bestätigung ihres Kurses verbuchen.
Indem die Initiative ihre Prüfbitte nun öffentlich macht, setzt sie den Heiligen Stuhl unter Druck. Wenn Rom die Anfrage unbeantwortete lässt, können Bätzing und die Akteure des Synodalen Ausschusses dies als weitere Bestätigung ihres Kurses verbuchen. Geht die Verantwortlichen im Vatikan aber auf die Anfrage ein und kassiert den Beschluss vom 22. April 2024 offiziell, dann wird der deutsche Katholizismus einmal mehr in den Krisenmodus schalten.