Kompass des Herzens
Glaube richtet sich auch an Orten aus. „BaSchanah haBa‘ah biJiruschalajim! Nächstes Jahr in Jerusalem“, so verabschieden sich fromme Juden in aller Welt. Mit diesem frommen Wunsch endet alle Jahre wieder auch der erste Abend des jüdischen Pessachfestes. Der Grund: Juden zogen nach der Zerstörung des zweiten Tempels in alle Teile der Welt. Aber der Kompass des Herzens zeigte weiter in die Richtung der Heiligen Stadt, sie gaben nie die Hoffnung auf, dass sie einmal in das Land Israel zurückkehren können. Deswegen dieser wechselseitige Wunsch. Und deswegen sind der Tempelberg und die Klagemauer heute noch Ziel von Pilgern aus der jüdischen Diaspora in aller Welt.
Heiliger Boden
Auch für die Christen war das Heiliger Boden: die Orte, an denen Jesus geboren wurde, gewirkt hatte und wo er starb. Schon im 4. Jh. setzte im Heiligen Land eine christliche Pilgerbewegung ein. Kaiser Konstantin hatte im Jahr 313 das Mailänder Toleranzedikt erlassen und damit im Heiligen Land auch eine rege Bautätigkeit ausgelöst. Zahlreiche Christen zogen damals mit der Bibel in der Hand durch das Land und folgten den Spuren Jesu. Mit der Auffindung des „wahren Kreuzes Christi“ um 325 durch die Kaiserinmutter war das Interesse v. a. an Jerusalem gewachsen. Man wollte dem Geheimnis des Glaubens sozusagen „vor Ort“ nachspüren – und, wie der Pilgerbericht der frommen Spanierin Egeria, die zwischen 381 und 384 das Heilige Land bereiste, sagt: „zur rechten Zeit am richtigen Ort sein“.
Alle Jahre wieder
Historiker vermuten, dass diese frühe Pilgerbewegung der Grund dafür ist, dass wir heute das Weihnachtsfest feiern. Wie das? Erst seit dem 4. Jahrhundert wird dieses Fest gefeiert. In Bethlehem war damals unter Kaiserin Helena die Geburtskirche über dem Ort der Geburtsgrotte errichtet wurden. Möglicherweise gab das Fest der Kirchweihe an dieser Stätte den Ausschlag dafür, das Weihnachtsfest einzuführen. Es entsprach, so der Wiener Forscher Hans Förster, dem Bedürfnis der Gläubigen. Und durch die Pilger aus der ganzen christlichen Welt könnte es sich tatsächlich so schnell verbreitet haben. Der Heilig-Land-Tourismus boomt bis heute. Und es gibt Jerusalempilger, die auch heute zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Motorrädern auf den Spuren der früher so beschwerlichen Pilgerrouten sind. Aber Weihnachten ist in aller Welt angekommen. Alle Jahre wieder.