Fasten als Reinigung
Fasten ist keine Verneinung von Essen. Indem ich für eine begrenzte Zeit auf das Essen verzichte und nur viel trinke, beweise ich mir: Ich bin nicht abhängig vom Essen. Ich bekomme das Gefühl von Freiheit. Zum anderen entschlackt das Fasten. Es reinigt den Leib. Besonders der Februar war in allen Kulturen immer ein Reinigungsmonat, in dem man sich von der Dunkelheit gereinigt hat, aber auch von allem, was sich in unsere Seele und in unseren Leib an Unreinem und Unklarem eingeschlichen hat.
Dankbar genießen
Im Fasten unterbrechen wir unsere Gewohnheit zu essen, um nachher wieder ganz neu und bewusst mit dem Essen zu beginnen. Fasten soll uns einladen, ganz langsam und ganz neu das Geheimnis der Speisen zu kosten und zu genießen. Wenn ich nach dem Fasten eine Scheibe Brot langsam kaue, spüre ich, wie gut das Brot schmeckt. Ich genieße den Geschmack und werde offen für die verschiedenen Geschmäcke, die den Speisen innewohnen. Ich kann mit neuer Freude und Dankbarkeit das Essen genießen. Und weil ich genieße, werde ich das Essen nicht mehr hinunterschlingen. Ich werde dankbar genießen.
Entrümpeln tut Leib und Seele gut
Die Fastenzeit ist eine Zeit des Trainings für die innere Freiheit. Das kann beim Essen und Trinken ansetzen, wenn wir bewusst auf Alkohol oder Fleisch verzichten. Das kann sich auf unseren Umgang mit der Zeit und mit unserem Terminkalender beziehen. Wir könnten bewusst in der Fastenzeit einmal unseren Terminkalender durchgehen und überlegen, wo wir etwas streichen können. Da findet sich sicher manches, was wir uns selber an Terminen aufgeladen haben. Die Fastenzeit ist wie eine Art Frühjahrsputz für Leib und Seele. Der Leib wird durch das Fasten entschlackt, die Seele durch mehr Zeit und Stille. Doch der Frühjahrsputz kann sich auch auf die Wohnung beziehen. In unserer Abtei haben wir einen gemeinsamen Nachmittag, an dem jeder seine Klosterzelle von Überflüssigem zu befreien sucht. Der hl. Benedikt empfiehlt uns Mönchen, dass wir zu Beginn der Fastenzeit einen Trainingsplan aufstellen, was wir in diesen sieben Wochen einüben wollen, wo wir mehr beten, weniger reden, intensiver meditieren und achtsamer auf die Menschen zugehen wollen.
Frei und leicht
Für viele hat Fasten etwas Ernstes und Schweres an sich. Doch wer es sich einmal gönnt, eine Woche lang nur von Getränken zu leben und auf feste Speisen zu verzichten, der wird erfahren, wie ihn das Fasten frei macht. Die ersten zwei Tage sind etwas beschwerlich. Aber wer sich auf das Fasten gut vorbereitet hat, indem er den Darm gereinigt hat, und wer täglich mindestens drei Liter Wasser oder Tee trinkt, der wird erfahren, dass das Fasten ihn sensibler macht für den eigenen Leib. Auf einmal fühlt man sich wohl in seinem Leib. Man nimmt die Luft, die Gerüche, den Wind, die Sonne bewusster wahr. Die Sinne sind schärfer. Die Hände werden feinfühliger. Am Anfang werden wir im Fasten mit unseren unterdrückten Emotionen konfrontiert, die wir oft genug durch Essen zugestopft haben, um sie nicht spüren zu müssen. Aber wer diese ehrliche Selbstbegegnung wagt, der wird die Wohltat des Fastens erleben: innere Klarheit, Weite, Leichtigkeit und Freiheit. Er spürt, dass er nicht abhängig ist, weder vom Kaffee noch vom Alkohol noch von Süßigkeiten. Das stärkt das Selbstbewusstsein. Fasten als Training in die innere Freiheit soll von Lust am Leben geprägt sein. Wer sich innerlich frei fühlt, der ist glücklich, der erlebt sich anders. Und das ist es wert, sich in der Fastenzeit zu trainieren, um zu spüren: Ich lebe selbst, anstatt gelebt zu werden. Ich gestalte mein Leben so, wie es mir gut tut.